Nada Surf – You Know Who You Are

von am 3. März 2016 in Album

Nada Surf – You Know Who You Are

Alleine die so liebgewonnene Vertrautheit im unverkennbaren Sound lässt zu ‚You Know Who You Are‚ ohne jede Kennenlernphase eine zeitlose Verbundenheit entstehen. Dennoch ist das siebente Studioalbum wohl auch der endgültige Knackpunkt im Schaffen der offiziell zum Quartett aufgestockten Nada Surf, an dem man sich am so wunderbar fürsorglichen wie routinierten Indierock der Band schlichtweg ein klein bisschen satt gehört haben kann.

Das liegt nun weniger daran, dass Nada Surf ihre Spielweise seit annähernd 20 Jahren ohne nennenswerte stilistische Wagnisse gepflegt kultivieren (was angesichts einer ausfallfreien Veröffentlichungsliste inklusive solcher Meisterwerke wie ‚[amazon_link id=“B0046V11GQ“ target=“_blank“ ]Let Go[/amazon_link]‘ natürlich per se eine feine Sache ist), als dass der anstandslosen Discographie-Fortsezung ‚You Know Who You Are‚ nach seinem absolut furiosen Start (‚Cold To See Clear‚ eröffnet als starker Powerpopper mit einem sympathischen Maß an Energie, Schmissigkeit und Nostalgie; ‚Believe You’re Mine‚ nimmt dagegen das Tempo raus und schmiegt sich mit wunderbarer Melancholie an sanfte Leidenschaft und erschafft eine wehmütige Atmosphäre, in die man sich anstandslos verliebt) einfach die Luft ausgeht. Matthew Caws und seine Mannen rufen auf weiten Teilen ihres achten Studioalbums altbekannte Trademarks bestenfalls solide und mit einem allgegenwärtigen Gefühl der latent langweilenden Beliebigkeit ab, köcheln ihr altbekanntes Süppchen in der eigenen Wohlfühlzone mittlerweile einfach zu sicher und schütteln die lieblichen Melodien vier Jahre nach dem hungrigen ‚The Stars Are Indifferent To Astronomy‚ endgültig zu gefällig und bequem aus den Ärmeln.

Da blickt ‚Friend Hospital‚ gar gemütlich plätschernd auf die Stimmung von 2002 zurück, auch ‚New Bird‚ strafft die Zügel als Rocksong ohne Biss danach nur bedingt. Das krautig dahinlaufende ‚Gold Sounds‚ dümpelt ideenlos vor sich her und verlässt sich zu sehr auf die neu entdeckte Texturenvielfalt von Seiten des Neo-Vollzeitmitgliedes (und Guided by Voices-Gitarrist) Doug Gillard. Nada Surf ist offenbar also durchaus bewusst, dass sie abseits einiger weniger aus der Masse hervorstechenden Einzelsongs seit einiger Zeit auch qualitätstechnisch auf der Stelle treten, wirken dann aber doch zu bequem, um die Impulse zur Sounderweiterung tatsächlich nachhaltig umzumünden.
Noch eklatanter fällt dies im Mittelteil der Platte auf, wenn das nunmehrige Quartett ein Plus an feinem Pop sowie eine akustische Leichtigkeit in ihr Indie-Patentrezept mixt, dabei aber vor allem die Füße hochlegt: die Bläserarrangements im friedfertig-flotten, harmlos schunkelnden ‚Out of the Dark‚ klingen eher nach „Warum nicht?“ als nach wahrhaftiger Inspiration, daran ändern nicht einmal die Beach Boys-artige Backgroundmehrstimmigkeit und die handzahm abgemischten Gitarren etwa. Auch das harmonisch zwischen Tom Petty und Bob Dylan schwebende ‚Animal‚ übt sich vor allem in einer bedächtig milden Unaufdringlichkeit und bleibt damit halbgar glänzend.

Gerade bei Nada Surf ist es natürlich schwer zu prognostizieren, inwiefern das weitestgehend unspektakuläre und schlimmstenfalls nette Songmaterial von ‚You Know Who You Are‚ mit der Zeit nicht noch weiter in Herznähe auswachsen wird und damit den uneuphorischen Eindruck der routinierten Werks-Ergänzung hinter sich lassen kann. Aber so ernüchternd das auch festzuhalten sein mag: Nada Surf funktionieren 2015 über weite Strecken primär auf einer rein nostalgischen Ebene, drücken die richtigen Knöpfe, um dem Langzeitfan in wohlwollende Solidaritätsstellung zu bringen und ein inniges Gefühl der Heimeligkeit hervorzurufen. Man tut sich schwer damit, von ‚You Know Who You Are‚ tatsächlich enttäuscht zu sein und freut sich lieber über die Zuverlässigkeit einer weiteren schönen Bandplatte.
Als symptomatisch erweist sich insofern der kompakt nach vorne gehen wollende Titelsong. Dieser kickt über 150 Sekunden entgegen seiner Ausrichtung absolut nicht zwingend, hat keine herausragende Hookline an Bord und zaubert einem trotzdem in Sekundenbruchteilen ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht. Man weiß einfach, was man an dieser Band hat, man schätzt ihre Treue in jeder Hinsicht – auch, wenn es nicht mehr sonderlich spannend ist. Vielleicht ist dies auch der größte Trick der Platte: Subjektiv ist man anhand der kurzweiligen 41 Minuten schlicht und ergreifend nicht gewillt auch nur ein schlechtes Wort über das Quartett zu verlieren – es erschiene einfach unfair.
Nada Surf bleiben eben so etwas wie der beste Freund im Indierock, dem man auch eine Runde abliefernden Müßiggang zu keinem Augenblick krumm nimmt. Wem es also genügt, dass ein Album sich mit einer beruhigenden Überraschungsarmut vor allem in den Tugenden der Vergangenheit sonnt, ohne diese als reines Pflichtbewusstsein zu inszenieren, sondern viel mehr die unsterbliche Sympathie für eine lange liebgewordene Band neuerlich aufwärmt und die Gründe für eine bedingungslose Zuneigung in Erinnerung ruft, der darf sich bei der folgenden Bewertung mindestens einen Punkt dazu denken.

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