Natalie Imbrulia – Male

von am 8. August 2015 in Album

Natalie Imbrulia – Male

18 Jahre nach der zum Welthit avancierten Interpretation von ‚Torn‘ kehrt Natalie Imbruglia zurück zum Coverbusiness. Ihr Versuch, die feministische Ader in von Männerhand geprägten (Love-)Songs freizulegen scheitert zwar, mündet aber wie so oft bei der Australierin zumindest in so versiert-netten, wie herzlich belanglosen Ergebnissen.

Für vereinzelte eigene Songwriting-Glanztaten war die Ex-Frau von Daniel Johns seit ihrem Debüt ‚Left of the Middle‘ ja sporadisch durchaus gut (vgl. etwa das von Maximo Park veredelte ‚Shiver‚), im Langzeitgedächtnis verankert bleiben wird bis auf weiteres aber wohl alleine ihre (One Hit Wonder-)Version der Ednaswap-Nummer, die sich 1997 hartnäckig an der Spitze der Charts hielt. An dieser allgemeinen Wahrnehmung wird sich wohl auch durch ‚Male‘ wenig ändern, obgleich Imbruglia hier nach 6 Jahren Studiopause gewissermaßen zu ihrer Paradediziplin zurückkehrt und sich 43 Minuten lang alleine auf Fremdkompositionen konzentrierend den weiblichen Standpunkt in ausnahmslos von männlichen Kollegen geschriebenen Songs hervorzuheben versucht – und, soviel sei bereits verraten, an dieser ambitionierten Prämisse scheitern wird.
Im Opener ‚Instant Crush‘, der auch als erste Single herhält, gerät das Unterfangen allerdings noch durchaus interessant: Imbruglia entelektronisiert das Daft Punk-Original mit getragenen Pianoakkorden, abgedämpfter Akustikgitarre, vereinzelten Streichern und spanische Gitarre zu einem rundum gut gemachten Poprocksong, der durchaus neue Facetten der Julian Casablancas-Co-Komposition freilegt und bissfertige Emotionen anstelle von maschinellen Stimmefffekten liefert – was ‚Male‘ danach allerdings nur noch selten gelingt, weil sich Imbruglia und Produzent darauf verständigt zu haben scheinen, die meisten Songs durch die gute, aber zu oft auch übermotiviert agierende, charakterlos bleibende Stimme der 40 Jährigen bloß nachsingen zu lassen, während das Soundgewand drumherum stets schnurstracks in den nächstbesten Breitwand-RomCom-Hollywood-Schinken geschnitten werden will.

‚Cannonball‘ erinnert da zwar noch entfernt an Madonna zu ‚Ray of Light‘-Zeiten, aber eben als schnulzige Klavierballade ohne Damien Rice-Magie, Josh Pyke’s ‚The Summer‘ verströmt ein beschwingtes Jens Lekman-Flair, ist ein schön luftiger Song mit eklatanter Nervgefahr während des Refrains. ‚I Will Follow You Into the Dark‘ ersetzt die ursprüngliche Gitarre durch ein Loungeklavier, Imbruglias Organ klingt aber phasenweise so zuckersüß belanglos, weswegen die todtraurige Gänsehautnummer von Death Cab for Cutie auch nicht mehr intim klingt, sondern bemüht – die ausladenden, ganz gewollt eindruckslosen Arrangements fallen der guten Ausgangslage eben nicht nur hier in den Rücken.
‚Goodbye in His Eyes‘ (Zac Brown Band) transportiert dann ein unangenehm neumodisches Countryfeeling mit Fiedel, ist so aufregend wie eine Toastscheibe, aber doppelt so langatmig – wahrscheinlich dennoch besser als die wohl mutig gemeinte, aber regelrecht absurde Honky Tonk-Barnparty-Stimmung mit Handclaps, die ‚Friday I’m in Love‘ (The Cure) ausmachen. Inmitten eines aufgesetztem Feierlaunechors und dem eingemotteten Banjo aus dem Nachlass von Mumford & Sons  dennoch die vielleicht einzige Interpretation der Platte, die per se inspiriert wirkt.
Das fluffige ‚Let My Love Open the Door‘ gleitet dagegen mit besengestreicheltem Marschschlagzeug enorm herzig inmitten von Oboe und Glockenspiel als kindliche Militärparade in die Schmusezone von Pete Townshend, das moderne Folkgewand von ‚I Melt With You‘ (Modern English) biedert sich dagegen letztendlich trotz aller Leichtigkeit viel zu unangenehm bei Of Monsters and Men und Konsorten an. Beim schunkelnden Mundharmonikatrab ‚The Waiting‘ (Tom Petty) und der zurückgenommenen Cat Stevens-Miniatur ‚The Wind‘ ist die Aufmerksamkeitsspanne deswegen auch schon dezent am wegdösen.

‚Naked as We Came‘ als nette Reproduktion des Iron & Wine-Originals oder das mit jazziger Atmosphäre bezaubernde ‚Only Love Can Break Your Heart‘ führen insofern auch ziemlich deutlich die Crux von ‚Male‘ vor: Imbruglia nähert sich allen Songs mit einer fast schon ärgerlichen konfrontationsscheuen Unverbindlichkeit und handzahmen Freundlichkeit, die absolut angenehm ausgeführt und zu hören ist, dabei auch niemandem wehtut, weil sie in ihrer Belanglosigkeit eben unmittelbar wieder vergessen ist. Wie sowas deutlich nachhaltiger geht, kann man immer noch bei Tori Amos nachhören.
Böse sein kann man der Australiern für ihre im Grunde bocklangweiligen,  radioperfektionierten Konsensohrwürmer letztendlich beinahe zwangsläufig nicht, ‚Male‘ im Gesamten festnagelnd schlecht zu finden erscheint kaum angebracht. Nicht einmal der Vorwurf, dass sich Imbruglia an den Originalen verhebt, will wirklich greifen, weil die 12 Songs dafür schlicht viel zu handzahm, duckmäuserisch und wohlwollend durch den Hintergrund plätschern – eben so bedingungslos nett, dass kaum Kanten bleiben. Wo ‚Male‘ an seiner vorsätzlich grundlegenden, feministischen Ambition damit ohnedies scheitert, funktioniert Imbruglias Comeback entlang einiger Hochphasen zumindest als sauber aneinandergereihter Adult Pop von der Stange – wo dieser gehörgangbalsamierende Weichspüler abseits seiner geschmackvollen Songauswahl und bedingungslosen Gefälligkeit allerdings seine künstlerische Existenzberechtigung versteckt hält, ist wieder eine andere Frage.

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