The Notwist – The Messier Objects

von am 31. Januar 2015 in Sonstiges, Soundtrack

The Notwist – The Messier Objects

Dass The Notwist grandiose Songwriter sind führten sie ja unlängst erst mit ‚Close to The Glass‚ wieder auf eindrucksvolle Weise vor. Dass sie allerdings auch formvollendete Atmosphäre-Architekten sind, das übersieht manch einer unter der Eisbergspitze ihrer Veröffentlichungen allerdings nur zu leicht. Ein Glück also, dass der Klangkörper ‚The Messier Objects‚ nun auch für die Allgemeinheit erhältlich ist.

Ursprünglich als limitierte Doppel-Vinyl-Platte veröffentlicht (und als solche via Alien Transistor nach wi vor erhältlich), ist die über die letzten Jahre angewachsene Sammlung von „unreleased instrumental soundtracks for theatre plays, radio plays and movies“ nun also sich regulär erhältlich. Dabei wird ‚The Messier Object‚ wohl in erster Linie Material für die Spurensucher unter den The Notwist-Fans sein, denn tatsächlich lässt die sorgsam durchnummerierten Tracklist (Charles Messier wäre stolz) eher die im Heavy Pop Adventskalender kundgetanen musikalischen Vorlieben von Markus Acher und Co. rekonstruieren bzw. die Grundbausteine der regulären Alben erahnen, als sich nahtlos neben ‚Close to The Glass‚ und die restlichen Studiowerke einsortieren.

Wo die ewigen Tüftler The Notwist ansonsten klare Strukturen an den Grenzen zwischen Elektronik, Indie und Pop inmitten wunderbarer Melodien bevorzugen, verschwimmen die strukturellen und formalen Grenzen auf ‚The Messier Object‚ vor dem inneren Auge. Die Loops rotieren friedlich,  Knöpfe drehen sich ohne Hektik, Beats laufen über entspannte Sequencerwelten: hier malt eine Band ambiente Soundlandschaften, umreißt vage bleibende Score-Umrisse mit einem Amalgam aus digitalen und analogen Bausteinen. Eine einsame Gitarre perlt da etwa in ‚Object 1‚ vor leise fiependen Monitoren (man darf an Akira Yamaoka in seinen Nicht-Industrial-Momenten denken), das sich selbst modulierende ‚Object 2‚ bietet einem leichten Synthienebel und zaghaft angeschlagenen Pianoklängen Raum, bevor ‚Object 3‚ in einer anderen Welt als die aufgekratzteste Bohren & der Club of Gore-Skizze durchgehen würde.
Die insgesamt 17 Tracks könnten dabei genausogut ein einziger, collagenhafter 55 minütiger sein, ‚The Messier Objects‚ verschmilzt zu einem großen Ganzen mit beachtlicher atmosphärischer Sogwirkung, beeindruckender Dichte und einem das Kopfkino an der Hand nehmenden Albumfluss.

Dennoch stechen einzelne Momente aus dem im homogenen Treiben hervor: ‚Object 4‚ hat mit seiner gen orientalischem Zirkus torkelnden Führung beinahe etwas schelmenhaftes; die traurigen Pianoakkorde in der Uhrwerkmechanik von ‚Object 5‚ und ‚Object 6‚ werden Jon Brion ein seliges Lächeln ins Gesicht zaubern; ‚Object 8‚ spult eine Akustikgitarre und verhuschte Vocalspuren durch den Äther, womit man kurzzeitig nah dran ist an den regulären The Notwist; in ‚Object 11‚ nähert sich die Band kecken Tango-Ansätzen, während ‚Object 15‚ in sphärischen Postrock-Zonen schwelgt; und natürlich ist da vor allem ‚Das Spiel ist aus‚, in dem The Notwist die Grenzen von Krautrock über knapp 13 Minuten Spielzeit in ihrem eigenen Soundkosmos ausloten und dabei sogar bis an die Hohheitsgebiete von Mogwai stoßen: eine hypnotisierende Sternstunde der Banddiscographie. Für ihre Unsterblichkeit sorgen The Notwist in erster Linie freilich immer noch mit den regulären Studioalben, aber wäre auch nur eine Sekunde von diesem wunderbaren Soundtrackrausch unveröffentlicht geblieben: es wäre auf ewig schade gewesen.

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