Omar Rodríguez-López – Umbrella Mistress

von am 16. September 2016 in Album

Omar Rodríguez-López – Umbrella Mistress

Umbrella Mistress positioniert sich als spätnächtliches Crooner-Album der aktuellen Veröffentlichungsserie irgendwo zwischen dem poppigen Corazones und dem knackiger zu Werke gehenden Rock von Blind Worms, Pious Swine, zieht aber letztendlich wie alle seine Vorgängerwerke sein eigenes Ding durch.

Was im Vergleich zum direkten Vorgänger Arañas en La Sombra bei dem stilistisch also abermals andere Wegen beschreitenden Umbrella Mistress auffällt, ist der Soundmix: Man darf auf diesem 31. Soloalbum auch mit Kopfhörern ohne akute Ohrenkrebs-Angst (und einer teilweise sogar angenehm ausgewogenen Produktion) verfolgen, wie Omar Rodríguez-López etwa das luftige Saloenliaze im flirrenden Duet mit Teri Gender Bender durch psychedelische Landschaften dirigiert, die sich zu gleichen Teilen aus dem Beatles-, Pink Floyd, MGMT und Tame ImpalaŒuvre speisen (aber das Ergebnis spätestens sobald der 70er-Vintage-Orgelteppiche von der stetig umherhuschenden Gitarre überknödelt wird alle Referenzen in den Weltraum schießt); wie das sehnsüchtige Houses Full of Hurt als angenehm entspannt treibendende Urlaubsromanze mit Beach Boys-Rhythmen daherkommt und das Klavier nostalgisch klimpern lässt, während gebrochene Herzen über der verschlafen-majestätischen Atmosphäre liegen; oder wie das retroschick marschierende Tell Me What I Did Wrong sich nicht zwischen Eleganz, Zurückgelehntheit und Trippigkeit entscheiden will und letztendlich in der Schnittstelle aus heimeligen Indierock und entfernten The Mars Volta-Jamansätzen landet.

Allerdings gehen im Laufe der 34 Minuten dann natürlich doch hin und wieder die Pferde mit Rodríguez-López durch – irgendwie Ehrensache, oder?
Die geradezu absurd leichtfüßig flapsig aus dem Nichts daherkommende Heimorgel im verspielten Titelsong, einem ansonsten androgyn galoppierenden Popsong, hinterlässt beispielsweise vollkommen ratlos. Witzig ist das ja als Gimmick, aber sonst? Die betont nonchalant einherstolpernde Piano-Ausgelassenheit Blood Count hat dafür beinahe etwas vom Soundtrack einer antiquierten Feierabend-Sitcom: So lässig und unkompliziert aufs Gaspedal schunkelnd das auch sein mag – es fällt in seinem überdrehten Bubblegum-Optimismus atmosphärisch einfach zu sehr aus dem restlichen Rahmen. Ähnlich ergeht es Blue Pale Queen: grundsätzlich ein unheimlich nettes Flowerpower-Country-Kleinod in bester Magic Numbers-Manier, irritiert soviel flotte Lieblichkeit im Spielfluss des flippig-unterhaltsam seine Haltung wahrenden Umbrella Mistress  jedoch beinahe bagatellisierend. Das vage Gefühl, dass etwas mehr Geschick beim Selektieren jede einzelne 2016er-Platte noch weiter aufgewertet hätte, bleibt bis auf weiteres also bestehen.

Dennoch erweist sich Umbrella Mistress nach anfänglicher Enttäuschung (oder sind es trotz aller Frische und Wandelbarkeit der einzelnen Platten eher erste Ermüdungserscheinungen im gefühltermaßen etwas zu rasanten Veröffentlichungsrausch?) als nonchalanter Grower, der einige herausragende Nummern abwirft: Das unwirklich vom ambienten Gitarrengeplänkel zur trauernden Ballade gniedelnde Through Wires etwa. Oder das beschwingt durch nostalgische Lounge-Träume schwebende Eastern Promises, das seinen Synthieschwaden und Rasseln irgendwann eine Akustikgitarre beistellt. Die kunterbunt zum catchy Singalong tänzelnde Band-Überarbeitung des bereits bekannten Winters Gone geht dann guten Gewissens sogar als kleiner Hit mit vielen Endorphinen durch.
Allesamt unkomplizierte, schmissige Nummern, zu denen man – wie zum knackigen Sammelsurium Umbrella Mistress im Gesamten – dann wohl auch auf Lange Sicht zurückkehren wird. Was sich vielleicht ohnedies als eine der größten Stärken der 2016er Alben von Rodríguez-López herausstellen könnte: Diese unverbindliche Kurzweiligkeit, die dennoch genug Substanz im tollen Songwriting bietet, um sich nicht wie frühere Solo-Veröffentlichungen relativ rasch in vordergründig verkopfte, interessante Ego-Experimental-Niemandslande zu verabschieden.
Was zum einen eben noch lange nicht bedeutet, dass einen die Arbeiten des Puerto Ricaners bis zu einem gewissen Grad nicht trotzdem weiterhin ein wenig ratlos hinterlassen können. Zum anderen aber bereits in dieser Phase des aktuellen Release-Rausches die Tatsache am Horizont abzeichnet, dass Rodríguez-López im Solomodus spätestens in diesem Jahr endgültig aus dem Schatten seiner Bandprojekte treten sollte, indem er ausfallfrei an seinem ganz eigenen Denkmal werkelt.

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