The Tallest Man On Earth – Dark Bird is Home

von am 19. Mai 2015 in Album

The Tallest Man On Earth – Dark Bird is Home

Auf seinem vierten Studioalbum hat Kristian Matsson nicht nur kompositorisch mehr Sonnenschein denn je im Rücken, sondern auch eine vollständige Bandunterstützung. Wo das reichhaltigere Instrumentarium seinen Songs durchaus neue Facetten abschmeichelt, hat The Tallest Man on Earth diesmal aber allerdings leider weitestgehend auf Ecken und Kanten verzichtet.

There’s No Leaving‚ ließ eigentlich keinen Zweifel daran, dass die spartanische Soundwelt des 32 Jährigen Schweden Matsson unaufhaltsam einem deutlichen Expansionsprozess entgegensteuern musste – denn zuerst alleine mit seiner Akustikgitarre und schlauen Texten ausgestattet, war die Luft nach oben bereits auf den ersten beiden Platten des Tallest Man on Earth verdammt dünn. Dass auf das sanfte Erweitern der Klangpalette am Vorgängers von 2012 nun beinahe jeder der zehn Songs auf ‚Dark Bird is Home‚ in vollständiger Bandbesetzung eingespielt wurde ist insofern also nur die absolut logische Weiterentwicklung der weitgereisten Folk-Schöngeistigkeit – und sie steht Matsson im Grunde vom ersten Moment an absolut formidabel, erweitert das Spektrum um zahlreiche neue Perspektiven.

Fields of Our Home‚ breitet sich in aller Gemächlichkeit immer weiter bis zum Panorameszenario mit Bläsern und gedoppelten Gesangsspuren aus, das beschwingte ‚Darkness of the Dream‚ gibt sich mit Piano und rumpelndem Schlagzeug luftig und transportiert wie ‚Dark Bird is Home‚ im Ganzen eine sommerliche Leichtigkeit, die dem Albumtitel lächelnd trotzend im milden Sonnenschein entgegenläuft. ‚Little Nowhere Towns‚ lüftet die Platte deswegen gleich als bescheiden bleibende, aber Größe austrahlende Pianoballadenfingerübung durch, bevor ‚Sagres‚ seinen Folk zwischen Irland und Spanien zelebriert und sogar Platz für die Apalachenchöre der Fleet Foxes Platz findet. ‚Timothy‚ feiert seine stampfende Party dagegen mit Klarinetten und ‚Seventeen‚ vebrüdert sich am Lagerfeuer mit Tom Petty. Alleine als Produzent hat Matsson seinen Job dabei stets absolut makellos und stimmig erledigt, sein musikalisches Repertoire erweitert ohne sich verbiegen oder seine angestammte Atmosphäre aufblähen zu müssen.

Dennoch offenbart sich dabei eine unerwartete Problematik: Die Faszination der geänderten Annäherung an die Kompositionen verfliegt relativ bald, weil die (an sich angenehm dezent inszenierten) Ausschmückungen gelegentlich doch die Sicht auf das Wesentliche verdecken, dabei aber paradoxerweise nicht verschleiern können, dass man trotz der reichhaltigeren Kleidung zahlreiche der aufgefahrenen Harmonien, Melodien, Hooks und Schmeichelein bereits auf den Vorgängern gehört hat. Zu viele Ideen und Motive erscheinen abseits der Arrangements insofern altbekannt und aus dem immer gleichen Ideenpool gefischt worden zu sein, was bei den zurückgenommeneren Nummern wie dem charakteristisch minimalistischen Gitarrenstück ‚Singers‚ (trotz der schönen Studiospielereien im Refrain) oder der flapsigen Countryübung ‚Beginners‚ noch gravierender auffällt.
Dazu kommt, dass sich die neuen Songs in dieser Gangart generell deutlich reibungsloser offenbaren, kaum herausfordernd eine weiche Gefälligkeit ausstrahlen, die der Tallest Man on Earth bisher eigentlich zu umgehen wusste. Ecken und Kanten sucht man auf ‚Dark Bird is Home‚ weitestgehend vergeblich, das mehr an Vielfältigkeit kann die abgeflachte Tiefe und minimierte Eindringlichkeit nicht ersetzen.
Viel eher bekommt man nun eine leichter zu konsumierende, gefälligere und umgänglichere Auslegung von typischen Matsson-Kompositionen, die zwar immer noch melancholisch, liebenswürdig und sensibel über dem Gros der Konkurrenz direkt ins Herz schwelgen – aber dennoch ist das vierte Studioalbum des Tallest Man eher eine schnell erforschte, seine Reize feilbietende Platte geworden, mögen die Texte in ihren besten Szenen auch noch so sehr unter die Haut zu gehen versuchen. Zugänglicher und verspielter als auf diesem erfrischenden Konsenwerk, seinem bisher klarsten Popalbum, war Matsson bisher folgerichtig auch noch nicht – emotional ergreifender allerdings sehr wohl.

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