Therapy? – A Brief Crack of Light

von am 19. Februar 2012 in Album

Therapy? – A Brief Crack of Light

Im dreiundzwanzigsten Bandjahr darf man die Sache ruhiger angehen, das Album ein paar Monate länger reifen lassen und friedliche Akkustik in den Vordergrund schieben. Therapy? hat diesbezüglich niemand Bescheid gesagt. Die Iren grooven auf ihrem 13 Studioalbum bestialisch, randalieren mit tödlichen Rockbastarden.

Therapy? gehören zu jenen Bands, die nie das selbe Album zweimal aufgenommen haben und trotzdem auf jedem Werk unverwechselbar nach sich selbst klingen. Dass sie mit ‚Troublegum‚ und ‚Suicide Packt, You First‚ sowas wie unumstößliche Referenzwerke abgeliefert haben, hat die Sicht auf die Discography der Iren zwar gelegentlich verklärt, so dass man manches Album schlechter zu machen neigte, als es tatsächlich war – und doch ließ sich eine kleine Formschwankung nach der Jahrtausendwende nicht vollends abstreiten. Nicht zuletzt Dank ‚Crooked Timber‚ zeigt die Kurve wieder nach oben und findet in ‚A Brief Crack of Light‚ einige der stärksten Bandmomente seit Ewigkeiten. Oder auch nicht. Weil eigentlich sind Therapy? ja doch wieder immer geil gewesen.

Erwartungshaltungen werden genüsslich umschifft: ‚A Brief Crack of Light‚ ist ebenso versessen auf ausladende Rhythmik wie sein Vorgänger, hat mit ‚Crooked Timber‚ dann aber doch recht wenig gemein und pickt sich lieber kleine Erinnerungsstücke aus nahezu der gesamten Vergangenheit der Band raus. Ein bisschen ‚High Anxiety‚ hier, ein wenig ‚Semi-Detached‚ da, irgendwann passt gar ‚Suicide Pact, You First‚ ins Gesamtbild. Und doch haben sie sich wieder ein Stückchen weit neu erfunden. Punkrock ala ‚Troublegum‚ wirds von Therapy? ohnedies nicht mehr geben und so darf der Bass massiv und schleppend grooven, das Schlagzeug wird mit einem derben Blech-Sound ausgestattet, der selbst Metallica’s ‚St. Anger‚ zu Ehre gereicht – exemplarisch im zerfahren umherrandalierenden ‚The Buzzing‚ nachzuhören, das sich aus einer rollenden Riffwelle speist und kakophonisch noch nicht einmal vor einer kurzen Rapeinlage halt macht. Im an Helmet erinnernden Stop-and-Go Riffer ‚Living in the Shadow of a Terrible Thing‚ ist der Sound noch gewöhnungsbedürftig, dananch  in Fleisch und Blut übergegangen.

‚Plague Bell‚ wehrt sich mit verzwickter Gitarrenarbeit im Pre-Chorus konsequent dagegen ein straighter Rocksong zu sein, mit dem (die beschwingten „Aaahaha-Chöre“ mal außen vor) instrumentalen ‚Marlow‚ lichten die drei Iren den Sound und sprinten munter gar fröhlichen Gefilden entgegen. Dass da in weiterer Folge noch motivierte Doomwalzen, angepisster Metal und immer wieder aggressiver Noise Rock aus den Boxen kicken, vervollständigt abermals das Bild von der Band, die sich nicht um Konventionen schert und ausschließlich das macht, worauf sie Lust hat. Und deswegen ein fieses Brett von einem Album auch mit ‚Ecclesiastes‚ beenden darf, in dem Cairnes mit dem Vocoder aus ‚Before You, With You, After You‚ von der Absurdität der Dinge zu erzählen weiß, während da musikalisch zwischen an  Air gemahnenden Pop und düsterem Ambientrock aus dem Weltall alles möglich ist.
A Brief Crack of Light‚ lebt von seiner kompakten, dicht gewobenen Rifflastigkeit ebenso wie vom unkonventionellen Um-die-Ecke-denken im unmittelbaren Songwriting und einer geradezu kauzigen Klaustrophobie im Soundbild. Aber auch von der unkategorisierbaren Launigkeit in der Musik an sich, die bewirkt, dass ‚A Brief Crack of Light‚ abgesehen vom deutschen Sprachraum nahezu überall  kollektive Jubelorgasmen auslöst und in hiesigen Breitengraden nahezu verschmäht wird.
Den Iren wirds wohl herzlich egal sein. Denn dass die irgendwelche Kritiken lesen, kann man sich beim besten Willen nicht vorstellen.

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