Viola Beach – Viola Beach

von am 10. August 2016 in Album

Viola Beach – Viola Beach

Die posthume Songsammlung der (gemeinsam mit ihrem Manager Craig Terry) im Februar 2016 in Schweden verunglückten Viola Beach ist eine so grundsolide wie unvollendete Talentprobe in Sachen optimistisch-aufgeweckten Indierocks.

Die Gitarren gackern und gängeln ihre Melodiefolgen mal mit dezent tropikaler, mal mit orientalischem Einschlag, schlendern in Go Outside lässig durch die 90er oder verneigen sich in Really Wanna Call vor Johnny Marr; das zappelig antreibende Schlagzeug und der grundierende Bass bauen darunter eine Brücke zwischen Mathrock-Tendenzen und formatradiotauglicher Indie-Disco, stampfen in den Refrains wenig subtil und ausgelassen, während Sänger Kris Leonard mit breitem Akzent seine juvenil-simplen Texte über die Umständlichkeiten von der Liebe und jugendlichen Leben schmettert: „And she told me she loves a boy who knows how to sing! So I learnt to sing„. Das ist herrlich naiv, (zweck)optimistisch und unschuldig. Vor allem ist es diese lockere  Unbeschwertheit, die Viola Beach ausmacht – als hätten die frühen Foals jedwede Verkopftheit über Bord geworfen (v.a. nachzuhören in Drunk), um die Herzigkeit der frühen Kooks mit einer minimalistisch-entschlackten Zappeligkeit des Two Door Cinema Club zu artikulieren, in Cherry Vimto meint man gar den jungen Jamie T zu hören.

Nüchtern betrachtet muss man anhand der dabei stets nach dem selben Songwriting-Muster agierenden 8 Songs allerdings schon eingestehen: Zu den erwähnten Referenzen besteht Luft nach oben, weswegen die erst unlängst von Coldplay mit herzerwärmender Glastonbury-Geste geehrten Viola Beach anhand dieser posthum veröffentlichten 34 Minuten schon auch als eine von vielen Inselbands verewigt werden, die das Genre mit unspektakulärer, erfirschender Zuverlässigkeit in der zweiten Reihe bedienen (und damit auch ohne übermäßige Anteilnahme oder Verklärung problemlos auf Platz 1 der britischen Charts stürmen kann).
Man meint erahnen zu können, warum die erst 2015 gegründete Band sich vor dem tödlichen Unfall vorerst auf die Veröffentlichung zweier Singles beschränkt hat und das hier aufgefahrene Material nur für eine EP hätte reichen sollen (weswegen Viola Beach so auch von vornherein keinen runden, variablen Spannungsbogen aufbauen können kann): Kris Leonard, River Reeves, Tomas Lowe und Jack Dakin scheinen sich sehr wohl bewusst gewesen zu sein, dass sie noch nach einer wirklich eigenständigen Identität und einem unverkennbaren Sound suchen, ihren Songs abseits der garantierten Single-Tauglichkeit der nötige Feinschliff fehlt, um am Stück zu überzeugen: Mit welch plump grölenden Refrain etwa das an sich wunderbar harmonische Like a Fool aufgelöst wird, ist schlichtweg enttäuschend.

Was allerdings bleibt, ist ein (produktionstechnisch phasenweise zu schaumgebremst in Szene gesetztes) Anreißen von zweifellos vorhandenem, aber eben frustrierend ungenützt bleibendem Können. Denn ein Händchen für eingängige Melodien und unmittelbar in die Gehörgänge tänzelnde Hooks hatten Viola Beach definitiv. Zumindest das eröffnende (seine simplen Strukturen am penetrantesten repetierende) Swings and Waterslides oder das schöne, abschließende Boys that Sing sind insofern die offenkundigsten kleinen Hits für den Augenblick, charmant und schmissig. Der Rest hält da beinahe mit, und dass die Songsammlung Viola Beach seinem Euvre zwischen diesen beiden Punkten kaum weitere Facetten hinzufügen kann und nur wenig Abwechslung bietet (gerade das sehnsüchtig das Tempo rausnehmende Call You Up steht der Band hervorragend), dass das Quartett hinter der Musik ohne gravierende Varianz und tendientiellem Hang zum eindimensionalen, generischen Genre-Durchschnitts-Songwriting leicht ausrechnenbar wird, darf man der jungen Band insofern nachsehen – ohne latenten Mitsing-Affinität und immanentes Chart-Potential (Songs jener Güteklasse, die es nicht in die Top Ten schaffen, aber zumindest auf der Insel zwischen den Plätzen 50 bis 20 reüssieren) kommt schließlich kaum eine der versammelten Nummern aus. Go Outside und Co., sie alle werden sich auf zahlreichen Sommer-Playlisten wiederfinden – zu Recht.  Nur führt das nicht an der Erkenntnis vorbei, dass diese Band ihr Potential nicht restlos entfalten konnte: Viola Beach hätten schlichtweg noch mehr Zeit benötigt.

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