2011 – Die 50 Alben des Jahres

von am 5. Februar 2012 in Jahrescharts 2011

Im Rückspiegel hinterlässt 2011 ein ereignisreiches Musikjahr: zahlreiche große Bands haben sich  getrennt, nicht wenige ehemals wichtige Gruppierungen entern wieder die Bühnen. Am längsten währen werden jedoch vermutlich die Eindrücke jener Alben, die in den vergangenen zwölf Monaten auf Tonträger gebannt wurden.
heavypop.at präsentiert seine 50 liebsten Albumveröffentlichungen 2011:

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  20. Wugazi

  13 Chambers

 Der Wu-Tang Clan ist nicht irgendeine Kombo und die Post-Hardcore Erfinder Fugazi schon gar nicht. Trotzdem überrascht es, dass Doomtree, ein Kollektiv aus Minnesota aus diesen beiden Inkredenzien das mitunter spannendste Hip-Hop Album 2011 gebastelt haben. Generell muß man natürlich feststellen: 2011 ist in diesem Genre nicht wie das so unfassbar formidable 2010 gewesen – unter Wert sollte man ‘13 Chambers‘ deswegen auf keinen Fall verkaufen: Das hier ist große Kunst, nicht bloßes recyceln.

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  19. Graveyard

 Hisingen Blues

 Bassist und Bandsprachrohr Rikard Edlund scheint beim Telefoninterview leicht neben der Spur zu liegen, ist aber freundlich und zuvorkommend. Keine Spur von Abgehobenheit, die man Angesicht des Erfolgs ihres Nuclear Blast Blues-Rock Triumphzugs ‘Hisingen Blues‘ erwarten hätte können. Die vier Schweden hinter Graveyard sind in den Erfolg einfach hinein geschlittert, weil sie machen, worauf sie Lust haben – und das besser können, als beinahe alle anderen. Der Schweiß strömt hier aus jeder Pore, ‘Hisingen Blues‘ groovt wie Hölle. Und das beste: Zwischen dem endlosen Touren finden Graveyard irgendwie die Zeit, sich schon Gedanken zum Nachfolger zu machen.

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  18. Thursday

 No Devolución

 Aufhören, wenn es am schönsten ist – Thursday sind die vermeintlich konsequentere Band der beiden Szenekönige, die 2011 einen Schlußstrich gezogen haben. Nach ‘No Devolución‘ fällt es freilich noch schwerer, den ehemaligen Emo-Göttern ihren Split zu verzeihen, biegen Thursday doch zu einem Zeitpunkt als kaum mehr jemand mit einem weiteren Album gerechnet hat – am allerwenigsten wohl Thursday selbst -, mit einem feinen Geniestreich um die Ecke. Nach internen Quälereien, dem soliden ‘Common Existence‘ und dem United Nations Start stellen Geoff Rickley und seine Kumpels die Zeiger zurück auf Null, erfinden sich als aggressive Synthieband neu – nur, um den Schlußstrich zu ziehen. ‘No Devolutión‘ gehört vordergründig Keyboarder Andrew Everding – mehr noch ist der Schwanengesang jedoch ein erhabenes Abschiedsgeschenk an alle Thursday Fans.

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  17. Colin Stetson

  New History Warfare, Vol. 2: Judges

 Der 25. Jänner 2011: Colin Stetson eröffnet für die Post-Rock Götter Godspeed You! Black Emperor. Ein Posaunist, den man von aus der zweiten Reihe von Arcade Fire kennen könnte und der in weiterer Folge 2011 auf gefühltermaßen jeder zweiten Indie-Platte wiederzuhören sein wird. Und obwohl nach Stetsons Auftritt eines der magischsten Konzerterlebnisse stattfinden würde, dem man bisher beigewohnt hat – diesen verstörenden Blasmusikwahnsinn bekommt man nicht mehr aus dem Kopf. Klar, live ist das schon immens beeindruckend. Und auf Platte – nur marginal weniger. Eben, weil Stetson verdammt grandiose Songs geschrieben hat. Die sich nicht damit begnügen, bloß ausgefallen zu sein. Sondern den Hörer in bisher ungehörtes Neuland stoßen.

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  16. YOB

 Atma

 Nach dem beeindruckenden Pseudo-Comeback der Doom-Institution, das vor bald drei Jahren mit einem Urschrei eingeleitet wurde, brauchen YOB erst recht niemandem mehr etwas zu beweisen. Sie gehören zu den ganz Großen des Genres und spielen auf ‘Atma‘ knackiger aus der Hüfte als zuvor, wobei man sich unüberhörbar der Unterstützung von Bruder im Geiste Scott Kelly bedient. Das äußert sich dann in vermehrtem Stakkato-Riffing, weniger Drones als anno dazumal und einem anerkennenden Kopfnicken in Richtung Sludge-Bands wie die sich momentan ebenfalls wiederbelebenden Eyehategod. Nur halt besser.

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  15. Kate Bush

 50 Words for Snow

 50 Wörter für Schnee, die die Inuit haben sollen sucht und findet Kate Bush also (leidlich) mit Hilfe eines, äh, Schneewissenschaftlers. Sie gesteht dem Yeti ihre Liebe (der Stoff für eine Dreiecksbeziehung mit einem dahinschmelzenden Schneemann ist gegeben), ihr Sängerknabe nimmt die Perspektive einer Schneeflocke an, und sie versteckte ’42 Elton John unter ihrem Bett. Und der ganze Blödsinn wird wunderbar verdaulich gemacht von Bush’s unwiderstehlichem Jazz-Piano und behutsamer wie effektiver Percussion. Die überlangen Songs verfliegen im Nu, und kehren ‘Aerial”s Disney-Kitsch den Rücken zu Gunsten eines melancholischen Lounge-Pop Juwels nicht nur für den Winter. Aber schon hauptsächlich.

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  14. Tom Waits

 Bad As Me

 Ja, ja – nix neues im Waits Land. Trunkenboldblues mit schiefen Piano und Mülltonnenschlagzeug. Aber was sind das für knackige Songs geworden! Waits entwirft mit über 60 Jahren seine eigene kleine Hitsammlung, ein Jungbrunnen an Kompositionen in unbändiger Partylaune. Ein weiteres Meisterwerk? Eher eine durch und durch grandiose Jukebox, die punktgenau das bedient, was man am knarzigen Onkel Tom lieben muß. Die einzige Frage, die sich in Zusammenhang mit ‘Bad as Me‘ deswegen auf Dauer stellt: hat Waits- hören jemals mehr ungezwungenen Spaß gemacht?

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  13. Esoteric

 Paragon of Dissonance

 Esoteric – das ist ein brodelnder Vulkan von der Insel; Katastrophenalarm bei jedem Ausbruch. Wenn man wollte, könnte man in den regelmäßigen auf CD gepressten zähflüssigen Apokalypsen der Funeral Doomer mittlerweile so etwas wie Verspieltheit suchen, vor allem wenn mit dem Gaspedal geliebäugelt wird, schlauer ist es jedoch sich der Trancewirkung der aus den Boxen walzenden Gitarren-, Drum- und Gurgelwände Untertan zu machen. Esoteric beherrschen alle glücklichen Seelen, die Zeit und Geduld für ihre monumentalen Meisterwerke mitbringen.

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  12. Liturgy

  Aesthetica

 Liturgy Frontmann Hunter Hunt-Hendrix macht es einem wirklich schwer, seine Band zu mögen. Der New Yorker geht mit selbstverfassten Deklarationen hausieren, die die Musik seiner Band als “transzentalen Black Metal” klassifizieren sollen und Liturgy neben anderen Spinnereien beinahe zu einer Szenelachnummer und peinlichen Hipstern degradiert – nicht selten hat man Hunt-Hendrix Mitstreiter beschämt zu Boden blicken sehen. Warum bis auf Schlagzeuger Greg Fox trotzdem noch keiner das Handtuch geworfen hat erklärt sich von selbst, wenn man ‘Aesthethica‘ hört: Spannender, intensiver und frischer klang in diesem Genre seit Ewigkeiten nichts. Wenn Hipster Black Metal bedeutet, diese Musik derart scheuklappenlos zu zelebrieren, kann man über alles andere wahrlich hinweg sehen.

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  11. The Kilimanjaro Darkjazz Ensemble

 From the Stairwell

In Eigenregie und dank zahlungswilliger Freunde der Band entstand dieses Liebeskind des vielbeschäftigten Ensembles aus den Niederlanden, das sich gewohnt hochwertig einen weiteren Soundtrack zum Noir-Kopfkino zusammengesponnen hat. Improvisationselemente und Elektronikspielereien wurden eingeschränkt, überdacht und großteils auf die schwesterliche Doomjazz Corporation ausgelagert, wodurch ein wunderbar fokussiertes Ambient-Kleinod entstehen konnte, dass seine Jazz und Industrial-Einflüsse nicht verleugnet, sich aber dank kompositorischer Großtaten auch nicht in bemühtem Atmosphäre-Erhaschen verschwurbelt.
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