Altar Of Plagues – Teethed Glory And Injury

von am 16. August 2013 in Album

Altar Of Plagues – Teethed Glory And Injury

Der erste Platz im Rennen um das beste untruen Black Metal Album im Jahr 2013 dürfte in fester Hand von Deafheaven bleiben. Altar of Plague reklamieren mit ihrem dritten Studioalbum auf verstörende Art und Weise jedoch ebenfalls einen Platz am Treppchen.

Wo die seit Anbeginn nicht unbedingt nach den Regeln des Genres spielenden Deafheaven ihre generell über den Tellerrand blickenden eigenständigen Ambitionen auf ‚Sunbather‚ perfektionierten, kappen Altar of Plagues kurzerhand die Reißleinen und setzen auf den aufsehenerregenden und unerwarteten Stilumbruch ohne Netz und doppelten Boden. ‚Teethed Glory And Injury‚ bewegt sich deutlich weg vom durchwegs gelungenen, aber auch weitestgehend nach Genrekonventionen handelnden Vorgänger ‚Mammal‚ von 2011, operiert in den Grenzbereichen des Post-Black Metal, geht als Puristen-Gift in die Extreme. Das beginnt beim Umzug der Iren nach London, setzt sich beim unkonventionellen Artwork fort und endet bei Songs, die sich alleine hinsichtlich der Spieldauer von früher durchaus möglichen 20 Minuten auf durchschnittlich 5 Minuten hinuntergeschraubt haben mögen, in der verhältnismäßigen Kürze jedoch Schmerzgrenzen umso heftiger austesten und Hörgewohnheiten attackieren.

Ideologisch oftmals nicht weit von den Öko-Kollegen von Wolves in the Throne Room operierend (gequälte hinausgegreinte Leiden wie das malträtierende „I watched my son die, buried!“ wären dort allerdings wohl nicht möglich), erinnern Altar of Plagues wegen der ungebremsten Herangehensweise an die eigenen progressiven Absichten auf ‚Teethed Glory And Injury‚ jedoch vor allem an den Forschergeist von getriebenen Nahverwandten wie Blut aus Nord oder die Nonkonformisten hinter Shining. Allerdings ist das eröffnende ‚Mills‚ mit verhuscht pulsierenden Beats und einem ätherisch hämmernden, apokalyptischen Industrial-Szenario noch näher an der aktuellen Cult of Luna und Blade Runner, die Swans haben im surrenden Radiatorensound ihren Abdruck hinterlasssen. ‚Twelve Was Ruin‚ wird wenig später Bassspuren, die in der Hölle durch den allgegenwärtigen Laptop geblasen wurden die Frage stellen, ob Michael Gira am Ende der Menschheit wohl derartige Soundflächen kreieren würde. Das geloopte Rockriff nimmt freilich vorweg: zu beklemmed und angsteinflössend wird hier bald auch wieder brutal hinzukommen. Über kurze, majestätischst-ausladende Momente landen Altar of Plagues in der dissonanten Kakophonie, bei Terminator und hypnotischen Klangschleifen und dem trügerischen Irrglauben, sich auf ‚Teethed Glory And Injury‚ auch wohlfühlen zu dürfen.

Dabei ist schon ‚God Alone‚ ein reiner Bombenalarm auf Speed, der als rasender Black Metal-Fetzen mit bestialischem Gekreische beginnt, bevor sich der Song ausbremst und in beschleunigte Stoner-Riffs umkippt, plötzlich alle Zutaten in einen Topf wirft und in dem wütenden Irrsinn gar noch sakrale Chöre hinter flächig wummernden Subbässen unterbringt. ‚Teethed Glory And Injury‚ wird auf dieses einleitende Inferno noch eine Mischung aus atmosphärischem Ambientrock mit verschachtelten Rhythmen und Drone-Ausflügen sowie postrockigen Grindgitarren mit Math-Anleihen folgen lassen (alles auf einmal sogar, in ‚A Body Shrouded‚), dann gar mit schmutzig entschleunigt hämmernden Techno-Pumpen experimentieren um über den daraus resultierenden Blast-Beats einen psychotischen Alptraum zu formen (‚Burnt Year‚), Post-Metal-Elemente in den Vordergrund drängen (‚A Remedy and a Fever‘) oder Heuschrecken-Gitarren in den Versuch klettern lassen, ‚Teethed Glory And Injury‚ weniger progressiv ausklingen zu lassen, als es die Iren begonnen haben.

Altar of Plagues machen es sich mit ihrem stockdunklen Grenzgang zu keinem Zeitpunkt zu einfach, stoßen bisweilen selbst hartgesottene Fanschichten genüsslich und herausfordernd vor den Kopf: ‚Teethed Glory And Injury‚ ist ein brutal konsequentes Umbruchsalbum geworden. Eines, dem nicht alles derart makellos und vor allem nahtlos gelingt, wie es sich die Iren vorgestellt haben mögen – der rote Faden verliert sich phasenweise in allzu fordernder weil auch zerfahrener Experimentierwut. Ein Punkt, den  der Mut und die schiere Kompromisslosigkeit, die hinter ‚Teethed Glory And Injury‚ stehen jedoch mehr als aufwiegt.
Theoretisch sollte an dieser Stelle das Conclusio also lauten: nicht mehr als Kinderkrankheiten und Wachstumsschmerzen. Altar of Plagues haben hiermit endgültig ihren eigenen Stil gefunden und schwingen sich aus dieser Lage zu großen Hoffnungsträgern des Genres auf. Wie man aus dieser Lage heraus Meisterwerke kreiert, haben Deafheaven unlängst vorgemacht.
Praktisch aber war ‚Teethed Glory And Injury‚ ein letztes Aufbäumen von Altar of Plagues vor deren finaler Implosion, das Ende der Band für Oktober 2013 längst beschlossene Sache. Und ihr Vermächtnis ein imposanntes Mahnmal gegen musikalischen Stillstand.

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