Anderson .Paak, Tayla Parx [27.03.2019: Gasometer, Wien]

von am 30. März 2019 in Featured, Reviews

Anderson .Paak, Tayla Parx [27.03.2019: Gasometer, Wien]

Ausverkauftes Haus zum Abschluss von Andy‘s Beach Club Summer Tour 2019: Anderson. Paak zelebriert das pure Spektakel und macht den Wiener Gasometer zum unbändigen Partyzelt.

Knapp zwei Jahre nach seinem einträglichen Support-Gastspiel für Bruno Mars und selbst wenige Monate nach seinem bisher schwächsten Studioalbum Oxnard ist es durchaus beachtlich, was für eine Zugkraft Brandon Paak Anderson mittlerweile entwickelt hat: Mit welcher Textsicherheit und Einsatzfreude das Publikum in Wien dem Kalifornier aus der Hand frisst, ist dann schon eine der euphorisierenden Überraschungen des Abends, der mehr Feuerwerk und Entertainment kaum zulässt.

Anderson Paak Live 10

So weit ist Taylor Parx dann noch nicht. Die 25 Jährige eröffnet den Abend mit Songs ihres anstehenden Debütalbums We Need To Talk, kommt aber irgendwann nicht umher, mit viel Namedropping-Applaus zu erwähnen, dass sie sich in den vergangenen Jahren ihre Sporen als Songwriterin für Ariana Grande, Mariah Carey oder Rihanna verdient hat.
Das Problem ist, dass man diese generische Austauschbar- oder Vielseitigkeit im besten wie schlechtesten Fall hört: Die starken Singles und potentiellen Hits der Texanerin klingen nie weniger als hochprofessionell und souverän, aber eben selten wirklich unvergleichbar originär; spielen mit klickernden und klackernden Beats als ideales Formatradiofutter, machen aber im Grunde nichts aufregender, als etwa Janelle Monaé, Kelela oder FKA Twigs das zustande bringen.
Wobei man zugestehen muss, dass die Umstände Parx hier keinesfalls in die Karten spielen. Außer sechs aufblasbaren Kakteen gibt es keinerlei Showprogramm, während sich die Musikerin alle Mühe gibt und vor dem seelenlosen Backdrop umherspringt, unermüdlich von einer Seite der Bühne zur anderen läuft, die Interaktion mit dem Publikum sucht, während sie zum ausnahmslos vom Band kommenden Soundmatsch performt: Das hat etwas von einem hingebungsvollen Karaokeaufritt.
Weswegen der Funke trotz einer stetig wachsenden Aufmerksamkeitstendenz der Masse einfach nicht und nicht überspringen will, kaum Stimmung aufkommt. „Why are you so lit?!“ strahlt die um Enthusiasmus eifernde Parx irgendwann in ein artig applaudierende Publikum, dass sich dann aber eben weitestgehend auch nicht von der Musik bei ihren Gesprächen stören lassen will.

Tayla Parx Live 1

Mit derartigen Respektlosigkeiten hatte auch Anderson .Paak einst zu kämpfen, doch diese Zeiten sind längst vorbei. Seit sich Breezy Lovejoy über das Compton-Comeback seines Mäzen Dr. Dre in der medialen Gunst positionierte, erst rückwirkend Aufmerksamkeit für den Reboot Venice erfuhr und mit dem brillanten Malibu (2016) triumphierte, in weiterer Folge NxWorries installierte und sich als allgemein unverzichtbaren Gaststar an allen Fronten positionierte, ist eben viel passiert – und Anderson .Paak über eine atemlose Arbeitsmoral offenbar zentrumsnahe hinter Kendrick Lamar in der Konsens-Wahrnehmung angekommen. Entsprechend inhomogen ist übrigens auch die an diesem Abend versammelte Zuschauermasse.

Sie alle eint, dass (entgegen anders lautender Konzertberichte aus den USA wenige Wochen zuvor) das Material der ersten beiden Alben gar nicht unbedingt um so vieles intensiver angenommen wird, als jenes von Oxnard, das natürlich den Großteil der Setlist stemmt – komplettiert durch den [amazon_link id=“B07PPQ7WQL“ target=“_blank“ ]Ventura[/amazon_link]-Ausblick King James (trotz Lyrics-Video im Hintergrund kein idealer Closer) und einigen weniger offensichtlichen Vertretern: Für Beauty & Essex lässt Anderson .Paak seiner Band das Spotlight (und verschwindet von der Bühne, um seinen VISA Pullover gegen ein Freddie Mercury-Shirt zu tauschen) spielt dazu eine kaum zu bändigende Version seines Kaytranada-Auftritts bei Glowed Up oder wirft Suede von NxWorries nach. Als emotionalen Schlusspunkt gibt es am Ende der per kompakten Drone herbeigeführten Zugabe eine exaltierte Version von Dang!, jazzig schweifend, inklusive andächtigem Mac Miller-Memorial.

Anderson Paak Live 1

Knapp eineinhalb Stunden zuvor, mit annähernd 30 Minuten Verspätung, beginnt Anderson .Paak den Abend auf seinem Signature-Schlagzeug als Bandleader thronend noch hinter einem luftigen Vorhand, lässt die digitale Sonne mit viel Brimborium aufgehen und verausgabt sich dann vor dem Backdrop als fantastischer Entertainer, Sänger, Tänzer, Animateur, Rapper, Allrounder – inklusive rudimentärer Deutschkenntnisse.
Als der Vorgang fällt, fängt die Show erst richtig an, ihre Muskel spielen zu lassen: Stroboskopgewitter diktieren ein irres Lichtspektakel, Feuerfontänen und Nebelwerfer sprühen, der Videokrawall duelliert sich mit dem subotimalen Sound um scheppernd wummernde Subwoofer und unausgegorene Nuancen, später regnet es auch Konfetti in den Endorphinschmelztiegel.
Und sicher ist das alles perfekt einstudiert, vom crowdsurfenden Publikumsbad während Saviers Road bis zum eskalierenden Solo am Schlagzeug oder der zusätzlichen Trompete – nur wirkt das (bis auf die betont überwältigten Dankessagungen des Zapanos im hemmungslosen Overacting) immer authentisch, macht Publikum wie Musikern mutmaßlich gleichermaßen Spaß.

Anderson Paak Live 11

Anderson .Paak on seine Free Nationals sind ein makellos eingespieltes Team, pumpen wie eine organische Maschine die ausgelassene Stimmung in den Gasometer. Das groovt wie Sau ohne überladen zu wirken, lässt nicht nur einem 6 Summers weitaus mehr Raum, um instrumental in den Jam abzuschweifen, behält aber immer den auf den Punkt findenden Punch bei.
Insofern sahnt das Kollektiv und ihr Leitwolf nicht nur bei den Hits ab. Aber wie wieviele es da mittlerweile rund um The Chase, Who R U?, Bubblin‘, Heart Don’t Stand a Chance, The Waters, Come Down oder Tints mittlerweile doch gibt – Anderson spielt sie alle, weitestgehend nahtlos ineinander verschwimmend wie im Rausch, und lässt damit praktisch keine Wünsche offen: Der Abend wird gleichermaßen zum subjektiven Heimspiel, wie süchtig entlassenden Triumphzug.
Als sich die gesamte Entourage letztendlich mit einer Sektsause verabschiedet, ist das für die Band freilich nur eine kurze Verschnaufpause: Der Promozirkus zu Album Nummer 4 ist immerhin längst in vollem Gange.

Anderson Paak Live 9

Setlist:

The Chase
Who R U?
Bubblin‘
Milk n‘ Honey
Glowed Up
6 Summers
Saviers Road
Smile
Heart Don’t Stand a Chance
Beauty & Essex
Anywhere
Might Be
The Waters
Trippy
Put Me Thru
Suede
Come Down
Tints Play
King James

Encore:

Am I Wrong
Lite Weight
Dang!

Anderson Paak Live 7

Anderson Paak Live 3

Anderson Paak Live 4

Anderson Paak Live 5

 

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