Bastards of Soul – Spinnin‘

von am 23. Februar 2020 in Album

Bastards of Soul – Spinnin‘

Mit dem Titel des Closers von Spinnin‘There Will Be No Show – haben Bastards of Soul in Zeiten eines globalen Konzert-Lockdowns prophetisches Potential bewiesen, ansonsten bewegt sich die Band auf Dallas auf ihrem Debütalbum allerdings authentisch in der Vergangenheit.

Vier Jahre nach der Gründung und einige Monate nach dem ersten Single-Vorboten trifft die Chuzpe-Namenswahl der Kombo um Sänger Chadwick Murray immer noch zur Hälfte ins Schwarze – ja, man spielt natürlich den prolongierten Soul und R&B, geschult an den Legenden des Genres – weckt zur anderen aber falsche Erwartungen: Für deklarierte Bastarde klingt die Gruppe einfach zu brav und ungefährlich.
Genauer: Gemessen an den Größen der Stilrichtung fehlen die Reibungsflächen, das Genie und die süchtig machenden Geistesblitze im Songwriting, auch das letzte Quäntchen wärmende Intimität im guten Sound, der vom Team hinter Leon Bridges geformt wurde – mit dem man sich auch einen gravierenden Kritikpunkt teilt, wenn das Gesamtpaket ein rundes Ganzes ist, handwerklich makellos und kompetent aufgewogen, aber eben doch ein bisschen zu konsumfreundlich, als dass man immer wieder darin eintauchen will, als dass es aufregendes zu entdecken gäbe.

Legt man die Betrachtung unfair an, zeigt Spinnin‘ insofern auf, dass etwa Durand Jones und seine Indications ihren Anachronismus m direkten Vergleich inszenieren – vielleicht auch keine restlos originären Zutaten an den Tisch bringen, altbekanntes aber noch frischer und belebter über stärkeres Originalmaterial aufwärmen; richtiger ist aber wohl, dass Bastards of Soul trotz dieser Kinderkrankheiten (sofern bei einer Gang aus Szene-Veteranen eine derart milde Perspektive angebracht ist) verdammt viel richtig machen.
Spinning Out of Control eignet sich etwa auch für das Roadhouse, das den Bluesrock ebenso auf die Bühne lässt wie Tiger Tom Jones. Murray croont jedenfalls leidenschaftlich zum munter-geschmeidigen Groove, die Bläser verführen mit tänzelndem Drive, auch wenn man sich selbst zu ausgiebig gefügig zeigt (und damit die generell phasenweise zu repetitive Natur der Platte dekliniert). Hier lassen sich übrigens auch die Ursprünge der Bastards of Soul als kantige Barband nachvollziehen – aber auch, wie Ecken und Kanten bekömmlicher seit diesen Anfangstagen abgeschliffen wurden.
Dass die Band ihren Sound aber keineswegs vollständig domestiziert hat, verdeutlichen dann zur Sicherheit Hard Up & Lonely (mit seinem beschwingten Zug, der muntere Backing Vocals und eine zackige Performance addiert) oder Funky Ham & Eggs (ein mit Funk und Fusion -schattiertes Stück, das auch anzeigt, wie versiert die variable Dynamik im Gesamtfluss hochgehalten wird, ohne das homogene Gesamtpaket aufbrechen zu müssen).

Feiner sind trotzdem die sanfteren, betont gefühlvolleren Stücke wie dem grandiosen If These Walls Could Talk (das sich weich und mit sanften Inbrunst in seine sehnsüchtige Melodie und Baukasten-Texte legt, aber die emotionale Hingabe einfach nicht bedingungslos einkesselt), das auf einen weichen Orgelteppich gebettete The Waiting Time (welches sich besonders smooth mit einem beseelten Abgang samt Saxofonsolo krönt – schade nur, dass den Song langsam im Fade ausklingen lässt, anstatt die Zügel etwas strukturoffener wandern zu lassen) oder Your Love Has Turned My Heart to Bitterness, das sich romantisch ans Piano setzt, sich entschleunigt begleiten lässt, sich aber stets für eine flapsige Leichtigkeit anstelle des Schwermütigkeit entscheidet: Selektiv ist dieser Einstand nicht nur gut, sondern deutlich mehr als das. In Summe genügt es aber „nur“ zum starken Standard.
Als symbiotischer Klimax seiner Gangarten schunkelt besagtes There Will Be No Show dann noch versöhnlich am Klavier und klimpert mit Einsatz, findet hinten raus zur Katharsis und setzt einen schönen Höhepunkt im Spannungsbogen, der dann aber eben auch kein Geheimnis daraus macht, dass hier noch spürbar Luft nach oben ist. Was so, diese Vermutung liegt auch nahe, die Live-Erfahrung von Spinnin‘ wohl keineswegs bestätigen würde.

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