Biffy Clyro – MTV Unplugged (Live at Roundhouse London)

von am 28. Mai 2018 in Livealbum

Biffy Clyro – MTV Unplugged (Live at Roundhouse London)

Stadionrock mit Samthandschuhen: Biffy Clyro spülen einige ihrer Hits und Hymnen für MTV Unplugged (Live at Roundhouse London) mit dem patentierten Acoustic-Schongang weich.

Dass die Schotten als atemberaubende Livemacht ihr Handwerk auch in diesem zurückgenommenen, Bombast-befreiten Modus rundum beherrschen, haben bereits in der Vergangenheit zahlreiche reduzierte Auftritte des Trios bewiesen. Insofern ist  MTV Unplugged (Live at Roundhouse London) nun auch trotz gewöhnungsbedürftiger Optik – immerhin spielen Biffy Clyro vor der Märchenwald-Kulisse vollständig bekleidet – von sich aus eine sichere Bank: Songs wie das beschwörende Machines oder das anmutige Medicine werden die Herzen zahlreicher Fans ohne Vorlaufzeit aufgehen lassen.
Nichtsdestotrotz erweist sich der Mitschnitt des Konzertes vom 8. November 2017 doch auch als verpasste Chance und in weiterer Folge als dezent ernüchternde Angelegenheit.

Das hat primär mit der grundlegenden Songauswahl zu tun. Keinen Vertreter der ersten drei Alben auf diesem Konzertdokument vorzufinden ist natürlich ganz generell schade, aber womöglich rechtlich bedingt. (Dass neben God & Satan sowie der Similarities-Nummer The Rain ausgerechnet Breatheher und Diary of Always als zwei von vier weiteren ursprünglich gespielten Songs an diesem Abend nicht den Weg in die Trackliste des Tonträgers gefunden haben, enttäuscht da natürlich zusätzlich – soll aber angeblich nur mit der Unzufriedenheit von Simon Neil hinsichtlich seiner gesanglichen Performance zu tun haben). Dass sich Biffy Clyro abseits davon allerdings vornehmlich ohnedies auf (jüngeres, schwerpunktmäßig auf Only Revolutions bezogenes) Material konzentrieren, das bereits in den Studioversionen eher ruhig und balladesk ausfiel, erweist sich hinsichtlich der allgemeinen Spannung subjektiv als Fehler.
Songs wie Biblical oder Re-Arrange sind schließlich an sich bereits eher auf Sicherheit bedachte Verdaulichkeiten. Im routinierten Unplugged-Gewand drohen sie ohne die Wucht der poliert-elektrifizierten High End-Verstärkung jedoch endgültig an Biss zu verlieren und plätschern in den schwächsten Momenten als harmlose Gefälligkeiten vor sich her.

Immerhin geht die Band auch hinsichtlich der Interpretation keinerlei Risiken ein und forciert zuerst die wohlige Atmosphäre. Man hat Biffy Clyro in ähnlich sparsamen Rahmen – etwa den Daytrotter Sessions – schon gelöster und befreiter gehört. Dazu erweisen sich die Arrangements rund um vereinzelte Streicherbegleitungen als rundum souverän, sind jedoch an sich auch relativ generisch und mutlos geraten, im Falle von Bagatellen wie Opposites sogar deutlich zu schmalzig.
Überraschungen bleiben so weitestgehend aus. Dass der Puzzle-Bonustrack Drop It relativ wertkonservativ mit Mundharmonika dargeboten wird („It’s not an unplugged without one of these!„) darf da beinahe schon als solche gezählt werden. Ebenso, dass der flapsige Saloonbesuch Smal Wishes in seiner beschwingten Luftigkeit hier sogar besser funktioniert, als im Kontext von Ellipsis. Aber eben: Interessanter per se wären natürlich Umdeutungen weniger einfach aufgelegter Songs gewesen, das erstmals in einem solchen Acoustic-Kontext gespielte Bubbles (mit Klavierteppich) bleibt – ohne mit dem restlichen Kontext zu brechen – alleine auf weiter Flur.

So schön stimmungsvoll dargebotene Discografievertreter wie Folding Stars dann auch nichtsdestotrotz geraten sein mögen, bleiben unzerstörbare Hymnen ala Many of Horror letztendlich doch nur nett aufbereiteter Konsens – doch ohne die gänsehauterzeugende Magie und Intensität, für die Biffy Clyro an sich bürgen.
Der Mehrwert von MTV Unplugged (Live at Roundhouse London) hält sich zudem selbst für Hardcore-Fans in Grenzen. Ist das Beach Boys-Cover God Only Knows als Simon Neil-Solonummer doch schon nicht mehr als ein nettes Geplänkel, will auch die noch ziemlich unausgegoren wirkende neue Komposition Different Kind of Love nicht wirklich packen.
Noch nicht abzusehen, ob man deswegen bereits Prognosen für die 2018 noch kommen sollenden Releases der Band ziehen sollte. Für den Moment findet die Entwicklung der Band hin zu immer radiofreundlicher Austauschbarkeit mit MTV Unplugged (Live at Roundhouse London) jedenfalls vorerst ihre so logische wie konsequente Fortsetzung. Schade natürlich, dass wegen Projekten wie diesem die ansonsten zuverlässig kommende B-Seiten-Compilation nach jedem regulären Studioalben offenbar diesmal zu den Akten gelegt wurde.

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