Blaqk Audio – Only Things We Love

von am 4. April 2019 in Album

Blaqk Audio – Only Things We Love

Was bei Dreamcar zuletzt erstaunlich gut funktioniert hatte, will auf dem vierten Blaqk Audio-Album einfach nicht zusammengehen: Die AFI-Spitze Davey Havok und Jade Puget forciert auf Only Things We Love den zwanghaften Pop in der retrofuturistischen Zeitmaschine.

Auch wenn Blaqk Audio im Vergleich zum direkten Vorgänger Material die Gesten deutlich moderner inszenieren und die Gangart deswegen auch explit leichtfüßiger inszenieren, als auf Bright Black Heaven, bleibt das Elektronik-Duo seinem hemmungslos in den 80er wildernden Sound mit all den New- und Darkwave- Ansätzen, der Industrial-Kante und dem EBM-Verve treu – nur hat das zuletzt mit Dreamcar und auch teilweise mit AFI abgegebene Bekenntnis zu mehr unmittelbarer Catchyness und dem feiernden Momentum durchaus Spuren hinterlassen: Only Things We Love hantiert mit Präfixen wie Synth- und Future- vor dem anachronistischen Pop in Großbuchstaben – beinahe jede Nummer hier ist verdammt flott, eingängig und will unbedingt ein schmissiger Hit sein, mag das auch noch so unanegenehm aufdringlich sein.

Immer schon war die Ästhetik und das Sounddesign für Blaqk Audio ebenso wichtig wie das Songwriting an sich, mit dem stärker denn je forcierten Vorschlaghammer gerät die Balance jedoch aus den Fugen.
Die meisten Songs beginnen durchaus authentisch, phasenweise gar richtig stark, sind erst einnehmende Zeittunnel, die durchaus infektiösen Spaß machen können – schlagen dann aber meist so schnell über die konstruierten Stränge des guten Geschmacks, kleistern sich mit überkandidelten Effekten zu oder blasen jeden vielversprechenden Ansatz spätestens mit ihren Refrains schlimmstenfalls gar zum sich weit über Gebühr wiederholenden Erbrechen auf, wenn jede Nummer auf die eindimensional aufdringlichste Art ein Brachial-Hit sein will, dabei aber im Grunde nicht über die flüchtige Penetranz hinauskommt.
Gleich Infinite Skin ist so eine Gradwanderung zwischen Ohrwurm und Nervpotential, The Viles macht keinen Unterschied zwischen dem Keyboardgewitter, mit dem Orgy einst Blue Monday coverten und dem billigen Eurotrash-Techno der Bloodhound Gang. Das dunkle Unstained pumpt dagegen abgedämpfter und Havok singt, als müsste er immer irgendwelche lautmalerischen Coolness-Schlagwörter in den Ring werfen. Eine klimpernde Party von Depeche Mode, Simple Minds und Dead or Alive auf Speed.

Muscle and Matter forciert eine optimistischere Ausgelassenheit, irgendwo Richtung Yachtmusik für besoffene Berufsjugendliche. Maker verbindet die sinistre Seite des Dark Wave mit der Nebensächlichkeit zeitaktueller Trends, pennt aber vor lauter spannungsloser Egalität ein. Summer’s Out of Sight klingt wie Chvrches auf einem Rave zu einer japanischen Serie mit euphorischer Aufbruchstimmung in die Zukunft – ein Singalong, der entwaffnet, bis das Geschehen beim Hals raushängen. Die egalen Semi-TanzflächenfüllerEnemies Forever und Dark Times at the Berlin Wall? Einerlei.
Dass Blaqk Audio für Only Things We Love 69 Songs geschrieben haben wollen hört man den versammelten 42 Minuten kaum an. Weil die keinerlei Balance kennende Produktion ständig am Anschlag agiert, wirken beinahe alle Nummer austauschbar und verdammt gleichförmig.

Durch die alleine stimmlich so charakteristisch geprägte Identität der Band funktionieren das Material von Only Things We Love am Stück also kaum – aufgebrochen auf einzelne Happen ist die Sause aber leichter verdaulich und schärft zudem das Auge für die stärkeren Szenen der Platte.
Caroline in the Clip drosselt das Tempo, erhöht dafür die mystische Atmosphäre. Und obwohl sich die Band natürlich auch hier keine am Silbertablett servierte Eindimensionalität verkneifen kann, ist die Nummer besser dosiert – als Indikator wirken die nervigen Effekte aus der unbeholfenen Gang Gang Dance-Ecke übermotiviert, aber nicht ärgerlich. Das dunkle Disco-Computerspiel Ok, Alex ist rund um seine hartnäckige Hook (eine von so vielen hier!) durchaus solide, wo die poppunkigen Verzierungen in Dark Arcades weniger gehetzt und aufmerksamkeitsgeil manisch auftreten, oder Matrimony and Dust melodisch einnehmender agiert. Für eine ausgeglichene Bilanz reichen diese relativen Arbeitssiege freilich trotzdem nicht ansatzweise. Wirklich nachtragend will man Only Things We Love in seiner schnell vergessenen Überhöhung allerdings auch nicht sein.

Print article

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen