Cate Le Bon & Bradford Cox – Myths 004

von am 8. November 2019 in EP

Cate Le Bon & Bradford Cox – Myths 004

Cate Le Bon hat erst geholfen Why Hasn’t Everything Already Disappeared? aus der Taufe zu heben und dann mit Reward nach weitläufiger Meinung kurzerhand selbst das bessere Deerhunter-Album aufgenommen. Nun macht sie für die vierte Ausgabe der Mexican Summer-Reihe Myths mit Bradford Cox gemeinsame Sache.

Genau genommen haben die beiden sogar bereits im Sommer 2018 in Texas, am jährlichen Mexican Summer’s Marfa Myths Festival, zueinandergefunden – und dann innerhalb einer Woche mit Cate Le Bons Band (namentlich: Stella Mozgawa von Warpaint, Stephen Black von Sweet Baboo, Tim Presley von White Fence sowie Samur Khouja) als Verstärkung an Drums, Saxofon, Percussion, Keys und einer zusatlicher Gitarre die vierte EP des Myths-Reihe aufgenommen.
We committed ourselves to embracing the chaos, surrendering to all moments and moods that travelled through. It’s a crude holiday scrapbook shared by all involved, an amalgamation of the changes in mood and light that shaped the days“ erklärt Le Bon und tatsächlich ist auch Myths 004 ein für die Veröffentlichungs-Serie mittlerweile üblich spontan-unausgegorenes Ergebnis geworden, dass als bemüht schräges Sammelsurium unkonventioneller Ideen wegen einer schwächeren zweiten Hälfte qualitativ näher an dem 2017 veröffentlichten Zusammentreffen von Weyes Blood und Ariel Pink, denn am starken 2018er-Jahrgang mit Woods und Dungen zu verorten ist.

Im Grunde kann man sich die 26 Minuten der EP insofern vorstellen, als hätte Bradford Cox all den auf Why Hasn’t Everything Already Disappeared? in Zaum gehaltenen Übermut nun als Katalysator benutzt, um Motive aus Cate Le Bons Reward in den Wahnsinn zu treiben. Die Chemie dabei stimmt also, auch wenn die Endergebnisse der Kooperation nicht immer so spannend ausgefallen sind, wie sie sein möchten/könnten. Vor allem aber bleibt dann doch auch der emotionale Gehalt ein bischen auf der Strecke.
Das von Cox gesungene, sehr feine Canto! ist jedenfalls rhythmisch verspulter Weirdo-Pop, der seine Gitarren gegen die Percussion antaumeln lässt, dabei aber die Melodien nichts schrottet. Eigenwillig und krude versetzt sich die Nummer in mathlastig-oszilierender Schräglage leicht groovend in Trance und schunkelt am Ende wie eine verschwommene Erinnerung aus der Vergangenheit. Ähnlich schöne Aventgarde an der Schnittstelle zur Verdaulichkeit zeigt die von Le Bon intonierte Klavierballade Secretary, hinter deren uhrwerkartigen Einstieg eine bezaubernde kammermusikalische Wärme schlummert – und ein dandyhafter Spoken Word-Part des mit unheimlich einnehmender Nonchalance-Präsenz glänzenden Cox, bevor das instrumentale Companions In Misfortune als sinistrer Noir-Jazz düster und beklemmend aus dem Leim läuft.

Constance ist ein krautig mäanderndes Beat-Experiment, das immer wieder melodiöse Momente einstreut und insofern sogar eine konventionelle Strukturierung bietet, das Grundmotiv zudem im Detail immer nebulöser verführerischer, aber stets zu unverbindlich bleibt, um restlos zu fesseln.
Le Bon macht danach aus Fireman einen hirnwütig neben der Spur eiernden Ohrwurm vor außer Kontrolle werkelnden Maschinen und Roboterstimmen, retrofuturistischem Synth-Ambient-Outro und latentem Nerv-Faktor – zumindest essentieller als die nicht zu Ende gedachte, kontextfunktionierende Interlude Skizze Jericho, irgendwo im Geiste von Waits und Beefheart.
Besser entwickelt ist der Abgang mit What is She Wearing: Wieder dirigiert das federführende Duo dissonant gegen den Strich gebürstete atonalen Saiten und prätentiösen Post Punk-Sprechgesang kunstbefließen zu Nico und The Velvet Underground – ohne Rhythmusabteilung, aber einem ungemütlich gegen sich selbst arbeitenden Netz aus Gitarren, bis plötzlich ein knackiger Rocksong aus dem Irrsinn platzt, die Nummer zumindest treibend unterfüttert, in Beine und Bauch fährt, Reize durchaus ausspielt und sich anschickt immer dringlicher zu werden, dann aber leider im Fade Out verglüht. Wie schon dreimal zuvor wünscht man sich an dieser Stelle, dass die beteiligten Kreativpartner einfach mehr Zeit bekommen hätten, um provoziertes Potential über die Reibungspunkte hinaus wachsen zu lassen. So muß eine gute Platte die Frustration stillen, dass hier eine herausragende stehen hätte können.

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