Cough – Still They Pray

von am 19. Juni 2016 in Album

Cough – Still They Pray

Eine mögliche Sichtweise: Unter der Anleitung von Jus Osborn als ausführenden Produzent haben Cough mit Still They Pray das stärkste Electric Wizard-Album seit Jahren aufgenommen.

Eine andere – und wohl für alle Beteiligten schmeichelhaftere: Cough haben die beinahe sechsjährige (nur durch An Introduction to the Black Arts und Reflection on the Negative unterbrochene) Auszeit nach Ritual Abuse genutzt, um ihre Perspektiven zu erweitern, während Electric Wizard-Frontmann Osborn dem Quartett aus Richmond, Virginia tatkräftig und prägend dabei unter die Arme gegriffen hat, das Spektrum ihres zutiefst ekelerregend-drückenden Morast-Sound noch weiter aufzuspalten, Phasen zu verschieben, die zähflüssige Melange aus dickflüssig geißelnden Riffs, bestialischem Gebrüll und wuchtig-walzenden Zeitlupen-Rhythmen auf eine breitere Basis zu stellen – und sie so eben nebenbei näher denn je an Electric Wizard zu rücken. Wie dem auch sei: Still They Pray speist seinen finsteren Hass aus dieser Ausgangslage heraus immer noch aus zutiefst nihilistischen, hoffnungslos depressiven Doom, irgendwo im Spannungsfeld von Thou, Keeper und der Schwesterband Windhand, lockert aber den Würgegriff des Heavyness-Malstroms doch merklich.

Gleich Haunter Of The Dark bratzt nun also mit einem die Hoheitsgebiete von Sabbath bis YOB abgrasenden Slo-Mo-Riff-Arbeit von dröhnender Intensität, die Vocals hallen psychedelisch gepresst, anstatt geifernd keifend zu foltern und klingen damit wie unmittelbar aus dem trippig-bedrohlichen Klangkosmos von Electric Wizard gezogen. Mehr noch: Schwerfällige den Nacken brechende Groove-Monolithen wie die folgende Staffel aus dem gleich nachgeschobenen (das Ausmaß an Garstigkeit gleich unmittelbar noch einmal nach oben schraubende, mit epischem Fuzz ausgestattete Leviathan) Possession, dem schmerzhaft schleppenden Dead Among The Roses oder dem immer wieder knackige Rock-Rasanz antäuschenden Nomen-est-Omen-Geschwür Masters Of Torture  entfalten sich wie die Highlights, die Time To Die oder The Night Creeper abgegangen sind. Unglaublich, aber wahr: Man kann tatsächlich so etwas wie Spaß an den jüngsten Ausgeburten der Amerikaner haben.
Die teils gravierenden Umstrukturierungen im Sound können auf den Erstkontakt jedoch auch gewöhnungsbedürftig sein, rauben Cough letztendlich aber nicht die Identität oder drängt ihre Songs einen imitierenden Charakter auf – es erschließt der Band eher einen neuen Umgang mit verzweifelt gepeinigten Melodien, eine größere Bandbreite der Dynamik und verleiht dem  Still They Pray eine relative Eingängigkeit, ohne beim Maß an Trostlosigkeit und Intensität Kompromisse eingehen zu müssen

Zumal Cough harrende Langzeitfans in dieser Gangart eingangs ohnedies noch relativ locker an Bord holen, erst später in die Vollen gehen, was die Vielfalt im beackerten Spektrum angeht – ermöglicht diese dezente Verschiebung der Schwerpunkte der Band doch stilistische Ausflüge, die auf Sigillum Luciferi und Ritual Abuse zumindest in der nun praktizierten Konsequenz wohl undenkbar gewesen wären. Let it Bleed offenbart sich da etwa als ein geradezu friedlich in die Melancholie treibender Ruhepol mit versöhnlichem Gesang, viel sehnsüchtigen Harmoniegefühl und meditativen Riffschichten – näher ran an eine Ballade werden Cough wohl nicht mehr kommen. Das epische Fuzzmeer Shadow Of The Torturer sorgt dann mit stoischem Groove für einen mitreißenden Strom, steht aber sinnbildlich für einige Längen von Still They Pray – weniger im rauschhaften Gesamtkontext, als im Detail betrachtet.
Am Ende verdeutlicht Still They Pray ohnedies noch einmal in aller Ausführlichkeit, dass Cough aufkeimende Ermüdungserscheinungen nicht nur untertaucht haben, sondern mit ihrem Puristen vor dem Kopf stoßenden Drittwerk an einem Scheideweg angekommen sind, an dem sie aktuell noch mehr wollen, als ihnen und ihren Songpeinigungen in Summe restlos gut tut. Da texturieren Cough The Wounding Hours etwa mit einem so stimmungsvollen wie creepy ausgelegten Orgelteppich – freilich flächiger und konventioneller arrangiert, als etwa Lychgate das tun! – bevor der Titelsong den Mittelweg zwischen verrostetem Lagerfeuer-Folk und schiefem Acoustic-Grunge sucht. Ein adäquater Rausschmeißer und wahrlich kein schlechter Song, doch kennt man ganz ähnlich konzipierte Ausbrecher aus dem Korsett bereits von Converge bis Oathbreaker. Was im Mikrokosmos Ough also durchaus einen radikalen Bruch darstellt, der zusätzliche Optionen für die Zukunft offenlegt, folgt im breiteren Kontext doch einem gar zu archetypischen Weg. Man kann sich so oder so für die Sichtweise entscheiden, den in seiner Intimität vielleicht idealen Abschluss einer eklektischen Übergangsplatte in die Ruinen einer überstandenen Apocalypse davonschleichen zu hören.

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