David Bowie – No Plan

von am 10. Januar 2017 in EP

David Bowie – No Plan

Pünktlich zum 70. Geburtstag des vor einem Jahr verstorbenen David Bowie serviert Columbia auf separaten, ausschließlich digitalen Weg nun noch einmal jene drei Songs aus den Blackstar-Sessions, die bisher nur auf dem im Oktober veröffentlichten Broadway-Musical-Soundtrack [amazon_link id=“B01L0EIW4U“ target=“_blank“ ]Lazarus: Original Cast Recording[/amazon_link] zu finden waren.

Schade also einerseits, dass man sich No Plan nicht physisch in das Plattenregal stellen kann; andererseits werden nicht wenige Fans erfreut darüber sein, sich nun nicht die volle Ladung an Musical-Versionen der Bowie-Klassiker aus den Mündern von Lumberjack Michael C. Hall (zu prätentiös), Cristin Milioti (wie immer zauberhaft) und Co. ins Haus holen zu müssen. Eine eigenständige EP-Veröffentlichung der auf den zweiten Tonträger gepressten 18 Minuten hätte (etwaige verkaufsfördernde Aspekte ignorierend) grundsätzlich ohnedies am meisten Sinn gemacht. Schließlich ergänzen die drei Songs When I Met You, Killing a Little Time und das titelspendende No Plan das Material auf Blackstarunserem Album des Jahres 2016 – doch nahtlos, hätten im besten Fall auch ideal im regulären Albumkontext funktioniert.

Und dennoch mutet diese posthume Veröffentlichung gleich nach dem einleitenden (hier nur bedingt notwendigen) Lazarus wie ein weiteres Puzzlestück eines großen finalen Performance-Masterplans, reklamiert doch alleine No Plan (freilich schon aufgrund seines konzeptionellen Story-Überbaus natürlich thematisch wieder passend verankert) mit seinen kryptischen Texten den  prophetischen Reigen an, der erst jetzt, nach Bowies Ableben, tatsächlichen Sinn zu ergeben scheint: „Here, there’s no music here/ I’m lost in streams of sound/ Here, am I nowhere now?/ No plan/ Wherever I may go/ Just where, just there/ I am/ All of the things that are my life/ My desire, my beliefs, my moods/ Here is my place without a plan„.
Eine paradoxe, verwirrte Zustandsbeschreibung im Leben nach dem Tod, während Bowie in seiner Musik weiter existiert. In dieser schweben Synthies, Gitarren und Bläser in jener jazzig-unwirklichen Atmosphäre, die Blackstar so einzigartig machte, umher, treiben in einer optimistischen Melancholie um Bowie, in dieser verwunschenen Schönheit von einem Song, der sich absolut stimmig in das Hauptwerk eingefügt hätte, aber eben inhaltlich den Abstand dazu benötigte: „All the things that are my life/ My moods, my beliefs/ My desires, me alone/ Nothing to regret/ This is no place, but here I am/ This is not quite yet„.

Regelrecht harsch bricht dagegen Killing a Little Time mit der anmutigen Eleganz von Blackstar. Eine hart riffende Rockgitarre, der bestimmte Rhythmus (toller Drumsound!) und an der Grenze zur Wut energisch seinem Frust Luft machender Bowie: „I’ve got a handful of songs to sing/ To sting your soul/ To fuck you over/ This furious reign„. Das Saxofon treibt fiebrig, langsam steigert sich alles in eine Kakophonie, eine schräge Symphonie, von den Spannungen gemartert. „I lay in bed/ The monster fed, the body bled/ I turned and said/ „I get some of you all the time/ All of you some other time“/ This rage in me/ Get away from me/…/ I’m falling, man/ I’m choking, man/ I’m fading, man/Just killing a little time„. Am Ende steht ein kratzbürstiges, sich selbst geißelndes Martyrium, das Bowie nicht so sehr im Einklang mit seinem Schicksal zeigt, wie man sich das als Außenstehender anhand des augenscheinlichen Interpretationszwanges hinter seinem letzten Studioalbum ausmalen wollte. Eine bestechende Momentaufnahme aus der verzweifelten Perspektive, ein geradezu angepisstes Aufbäumen.
Umso leichtfüßiger baut When I Met You danach auf seinen robusten Basslauf und eine verspielt schrammelnd-dängelnde Gitarre, zirkelt sich zu einem über viele Gesangstexturen nach vorne gehenden Lovesong voller dankbarer Liebesbekundungen eines einst Verlorenen. Die transportierte Beschwingtheit tut gut, dennoch stellen die 4 Minuten des Closers in Relation zu den restlichen Stücken die schächsten der EP dar. Am Gesamteindruck ändert dies freilich nichts: No Plan ist ein absolut wunderbarer, vor allem auch würdiger und angebrachter Appendix eines Meisterwerkes und ein starker Fußnoten-Nachsatz in einer unsterblichen Discografie.

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