Elvis Costello – La Face de Pendule à Coucou

von am 8. April 2021 in EP

Elvis Costello – La Face de Pendule à Coucou

Das solide Hey Clockface war gerade nach dem tollen Comeback Look Now ja eher eine ernüchternde, ambivalente Angelegenheit, die gefühlt auch weitestgehend abseits der breiten öffentlichen Aufmerksamkeitstattfand. Die Artrock EP La Face de Pendule à Coucou könnte diese subjektive Wahrnehmung – ungewollt – ändern.

Auf 21 Minuten werden alternative Perspektive auf selektive Passagen des 31. Studioalbums von Elvis Costello angeboten, die ambitionierten Tendenzen des Originals auch verstärkt, was La Face de Pendule à Coucou viel mehr noch zum expliziten Expertenprogramm, denn zum Laufkundschaft-Spektakel macht – obwohl sich das angesprochene Klientel mittels namhafter Gäste durchaus auf einer breiteren Basis bewegen.
Iggy Pop nimmt No Flag zweimal zur Brust: No Flag (Chanté) belässt es beim schnaufend-scratchender Rocker mit polternder Rhythmik und markiger, dreckig-kratzend gemeinter, dann wieder nervend klar nach oben trillierender E-Gitarre samt stampfenden Abfahrten. Doch ist nicht ein gestelzter Iggy im theatralischen Bowie-in-Berlin-Modus das Problem, auch wenn das anstrengend konträr veranlagte, Tom Waits hinterherhechelnde Original von Costello am Mikro besser ausbalanciert war – der Song ist einfach ein unaugegorener Clusterfuck. Wenn Pop in No Flag (Parlé) den rezitierenden dunklen Bariton auspackt, macht das die Sache jedoch stimmiger.

Ähnlich konträr die Wahrnehmung der beiden Neubearbeitung von Revolution #49 mit Isabelle Adjani. Revolution #49 (Parlé) belässt es dabei, das orientalisch-mystische Gedicht-Intro von Hey Clockface mit weiblichem Organ neu einsprechen zu lassen, uninspiriert und redundant. Revolution #49 (Chanté) gerät dagegen als Highlight von La Face de Pendule à Coucou sehr schön, wenn Adjani das Stück näher am Piano-Wachttraun, sedativ gehaucht zum Gesang verschiebt – und damit einen relevanten Mehrwert beschwert.
Hetty O’Hara Confidential war dagegen ursprünglich eine hibbelge Beinahe-Karambolage in den Groove von Real Gone, der Tshegue Remix („When I heard Tshegue’s single, ‘Muanapoto,’ it provided such a great jolt of energy that I thought they might have fun dismantling and re-assembling this rag doll of a song.„) macht vieles anders – er verleiht der Nummer eine klarere Linie mit seiner percussiven Weltmusik im Industrial-Design – aber nicht unbedingt besser. Deutlich schlechter als das Ursprungswerk ist allerdings der Abschluß der EP, wenn Etta Somatis & AJUQ Hetty O’Hara Confidential als Gäste flimmernd zur Dancehall-Tanzbarkeit zwingen und an einem altbackenen Versuch jugendlicher Hip Hop-Frische scheitern.
Den Freigeist der EP also in allen Ehren, doch funktioniert hier praktisch kaum etwas schlüssig – doch Hey Clockface wirkt in der direkten Gegenüberstellung plötzlich doch irgendwie gelungener.

 

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