Fjørt – Kontakt

von am 1. Februar 2016 in Album

Fjørt – Kontakt

Der Überraschungseffekt, den das furiose D’accord 2014 auf seiner Seite hatte, geht dem Drittwerk der Vorzeigeband vielleicht ab – Kontakt trumpft dafür allerdings umso reichhaltiger mit den erweiterten Stärken von Fjørt auf.

Kontakt ist nicht nur labeltechnisch ein weiterer Schritt (von This Charming Man zum Grand Hotel Van Cleef) für das Trio aus Aachen, sondern generell an der Qualitätslatte gewachsen, die D’accord vor zwei Jahren da gefühltermaßen aus dem Nichts kommend so eindrucksvoll gelegt hat. Fjørt gönnen ihrer so druckvollen Melange aus bretthartem Post Hardcore, intensiv drängenden Screamo und in die Weite gehenden Postrock-Versatzstücken nun noch mehr Raum für Melodien, für das Hymnische, definieren die erzeugte Atmosphäre und forcieren die Eingängigkeit – ohne dafür jedoch den Grad an Kompromisslosigkeit, Aggression oder den generell so hohen Energielevel auch nur ansatzweise nach unten schrauben zu müssen.

Immer wieder treibt die Band also expliziter gleißende Panoramen unter ihre sich so dicht gestrickten, drückenden Kraftpakete – Prestige ist etwa harmonisch aufgefangener Metalcore mit Ansage (also kein Kuschelkurs am neuen Label!), hämmernde Nummern wie das sehnsüchtig aufgehenden Lichterloh, Revue oder Mantra untermauern zudem eindrucksvoll, dass Fjørt ihre Songwriting mittlerweile nach Belieben in die Härte treiben und unerbittlich in die Mangel nehmen können, die darin forcierte Melodieseligkeit und Schönheit gleichzeitig allerdings noch markanter zu akzentuieren verstehen.
Für Kontakt ist es also kein Problem, dir im selben Moment die Eingeweide aus dem Leib zu prügeln und im selben Moment das Kopfkino mit epischer Eleganz anzukurbeln. Fjørt legen sich noch deutlicher in die Extreme als bisher, verschweißen diese aber im selben Moment ganzheitlicher miteinander, ohne dafür die Reibungspunkte abzuschleifen. Weswegen das geradezu ikonisch stilvoll daherkommende, für Kontraste Brailleschrift sorgende Artwork dann auch irgendwie wie die Faust aufs Auge passt.

Wie hier von der Performance bis zu den packend-emotionalen Texten ohnedies nahezu alles sitzt: Wenn In Balance in seine lachende Kindermenge den Bass doomig rumorend rollen lässt und die Gitarren math-austickend im Hintergrund gniddeln, für den Refrain behände nach vorne schweben, versöhnlich und klar perlend, verbinden Sie sich schließlich anstandslos mit dem wuchtigen Rhythmusgerüst. Alles hier ist im Austausch miteinander, die Stimmung für die restlichen 41 Minuten imposant gesetzt. Was folgt, ist ein Schaulaufen durch einen sich stets auf Augenhöhe begegnenden Songreigen, der seine Dynamiken geschickt variiert, sich wenn nötig auch einmal zurücknimmt, nur um damit umso deutlicher zuzuschlagen – am besten nachzuhören im Doppel aus Paroli, einem wichtigen (weil politisch richtig positionierten) Nackenbrecher in Nähe von Kollegen wie Jungbluth, und dem durchatmenden Ruhepol Abgesang. Majestätischer haben Fjørt noch nicht aufgezeigt.
Kontakt ist eben ein Husarenritt: Anthrazit macht nach seinem melancholischen Pianointro etwa den Kniff mit den unerbittlich böllernden Blastbeats, dahinter steht die Band hypermelodisch auf, starrt wieder in die überwältigenden Größe des Postrock, die Fjørt inszenieren, als würden sie sich gerade das Herz herausreißen. Die Leidenschaft und Atmosphäre, die diese Band erzeugt und transportiert, ist unvergleichbar – und auch wenn sich mit Anthrazit durchaus ein waschechter Nachfolger für den Übersong Valhalla anbieten würde, herrscht auf Kontakt eben stets eine bedingungslose Konsistenz. Fjørt gelingt es so tatsächlich, den mit D’accord erspielten Level noch einmal zu pushen.
Aber eben: Dass diese Vorzeigeband mit jedem Mal besser wird und ihr Limit ständig nach oben korrigiert, sollte dann eigentlich auch niemanden mehr überraschen.

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