Green Day – ¡Tré!

von am 9. Dezember 2012 in Album

Green Day – ¡Tré!

Es wird sicher einen guten Grund geben, warum Bill Murray sich derart gegen Ghostbusters III sperrt – und sei es nur wegen Der Pate, Jurassic Park, Matrix, Spiderman – oder all den unzähligen weiteren Beispielen, die vor Augen führen, dass Trilogien nicht immer die besten Ideen sind; und vor allem der letzte Teil in der Regel nicht unbedingt der beste Part der Reihe ist.

Green Day bringen diese althergebrachte Erkenntnis nun Heerscharen von Fans näher, haben die Lektion aber selbst nicht begriffen. Dabei gelingt es den drei Kaliforniern auch im dritten Anlauf 2013 kein ausschließlich schlechtes Werk abzuliefern- es ist trotzdem das schwächste Album der hanebüchenen Trilogie und generell ein geradezu irritierend langweiliges geworden. Eines, dass derart unaufgeregt nebenher plätschert – „nebenher-rockt“ wäre bereits zu energisch formuliert – und mehr noch als seine Vorgänger ‚¡Uno!‚ und ‚¡Dos!‚ auf das simple wiederkäuen altbekannter Motive, Melodien und Hooklines aus dem Green Day-Fundus setzt. Natürlich ist das eingängig und nett, handwerklich einwandfrei erledigt und bestenfalls gar schmissig – zu den zwingenden Mainstream-Konsenshits der (zumindest) letzten 10 Jahre stoßen im Jahr 2012 aber definitiv keine weiteren Instant-Klassiker fürs Stadion dazu. Dafür sind die zwölf kurzweilig gemeinten Nummen schlicht zu träge und inspirationslos geraten, das schlimmste aber: zu keinen Zeitpunkt klingt ‚¡Tré!‚ nach herzloser Auftragsarbeit, viel eher aber, als hätten Green Day tatsächlich reichlich Herzblut in diese Nichtigkeiten von Songs gesteckt.

So kredenzen die drei Punkrocker zumindest acht astreine StandartGreen Day-(Pop)Punkrock-Songs – einmal flotter (etwa: ‚Missing You‚ – souverän, eingängig, aber so beiläufig, dass es niemandem weh tut), dann wieder getragener (etwa: ‚X-Kid‚ – eine ‚Nimrod‚-artige Midtempo-Nettigkeit), immer aber ohne den zündenden Funken abseits der leichtfüßigen Resteverwertung: Genre-Fast Food ohne erkennbaren Geschmack oder längerfristigen Nährwert also. Es spricht nicht für ‚¡Tré!‚, weder musikalisch noch textlich zwischen dem Occupy- und Beziehungsgedöhns,  das in dieser Gangart ausgerechnet Textstellen wie „Daddy’s little Drama-Queen is old enough to bleed now“ (‚Drama Queen‚) zum markantesten Hinhörer einer ansonsten reibungslosen Platte gehören. Und ja, Mike Dirnt besorgt in ‚Sex, Drugs & Violence‚ den Lead-Gesang – 10 Sekunden lang etwa.

Die Ausbrüche aus dem betont ungezwungen dargestellten Punkrock-Korsett, sie finden jedoch statt. ‚Brutal Love‚ ist gleich am Beginn ein balladesker Bombast-Schinkeng, gefälliger Pop-Schmalz mit Streichern, Bläsern und allem was dazu gehört, um zu Tränen zu schunkeln. Am Ende, nach gefühlten 10 Minuten will das doch noch Rock sein, da sind einem aber schon die Füße vom konventionellen Melodiegeplätscher eingeschlafen. Das erwähnte ‚Drama Queen‚ macht als ‚Minority‚-Bastard anfangs die Billie Joe Armstrong Solo-Nummer an der Akustischen, geht dann jedoch in die selbe Richtung wie der Albumopener, nur in weniger opulent, angenehm zu hören, aber letztendlich genauso bedeutungslos wie der Rest. ‚Walk Away‚ ist das selbe in grün (E-Gitarre statt unverstärktem Geschrammel), ‚Dirty Rotten Bastards‚ zeigt als mehrteiliger Song trotz toller Bass- und Gitarrenarbeit was alles langweilig werden hätte können, wenn etwa ‚Jesus of Suburbia‚ nicht genug gute Ideen gehabt hätte. Dass der Song ein einziger Aufguss alter  Melodien ist, fällt schon beinahe nicht mehr ins Gewicht.

Zum Abschluß besingen Green Day ‚The Forgotten‚ (kennt man eventuell ja bereits vom letzten ‚Breaking Dawn‘-Soundtrack) mittels einer getragenen Pianoballade, die – natürlich – irgendwann in die Breite zu wachsen beginnt. ‚¡Tré!‚ ist eben an allen abgeschliffenen Ecken und zurechtgestutzten Enden eine ausnahmslos überraschungsarme Angelegenheit geworden. Man kokettiert anhand songtechnischer Bagatellen mit der nostalgischen Verklärung der Fans, dass dies ja doch wieder allesamt  kleine aber feine Ohrwürmer geworden wären. Der Witz der gewollt zurückgenommenen Reduktion auf die Handwerkskünste der Band abseits der Punkrock-Opern lässt im dritten Anlauf jedoch nur noch gähnen, die Erkenntnis, dass man aus diesem Dreiteiler noch nicht einmal ein einziges wirklich gutes Album zusammenstückeln hätte können hält Einzug. Oder um wieder zum Film-Vergleich zurückzufinden: als dritter Teil der ‚Herr der Ringe‚-Reihe wurde ‚Die Rückkehr des Königs‚ bekanntlich auch stellvertretend für die Stärke der gesamten Trilogie mit Preisen und Anerkennung überhäuft – bei ‚¡Tré!‚ verhält es sich nun genau umgekehrt proportional.

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