Helloween – Helloween

von am 13. Juli 2021 in Album

Helloween – Helloween

Selbst wenn man mit klassischem Power Metal wenig am Hut hat, kann man sich der Allstar-Rückkehr von Helloween kaum entziehen. Neben einschlägigen Journalen brechen ja sogar an sich themenfremde Plattformen in prolongierten Meisterwerk-Jubel über das erste Album der Hamburger seit sechs Jahren  aus.

Nicht, weil es alleine durch sein Pumpkins United-Lineup ein Spektakel für Anhänger ist – was so aber natürlich zutrifft: Kai Hansen ist ebenso wieder an Bord wie Michael Kiske, was mit Andi Deris zu einem fantraumfeuchten Triumvirat am Mikrofonständer führt. Die Argumentation geht jedoch eher dorthin, dass sich die Hamburger vor diesem Hintergrund der revitalisierenden personellen Frisch/Stammzellenkur zu ihrem stärksten Album seit mindestens Keeper of the Seven Keys: Part II motiviert haben sollen.
Ganz offen und ehrlich – angesichts einer mangelnden Kenntnis des Helloween-Katalogs ab den 90ern und eben einer generell mangelnden Genre-Euphorie: Keine Ahnung, wie sich das selbstbetitelten Comeback im Vergleich tatsächlich zu den zwölf Studiowerken seit 1988 (oder gar den gängigen Szene-Veröffentlichungen) schlägt. Aber ja – die Begeisterung über die stets nach imposanter Hymnenhaftigkeit strebende, überkandidelte Artikulation der Band im Jahr 2021 in auch abseits der Nostalgie-Schiene durchwegs nachvollziehbar.

Ohne wirklich einen Millimeter Neuland zu beschreiten, haben Weikath, Hansen and Deris ein selbstreferentielles Album geschrieben, das über seinen Trademarks erblühend vor Freude am Power Metal überquillt, puren, infektiösen und mitreißenden Spaß an der Sache macht – und sei es auch phasenweise nur auf über eine episch-klischeehafte Bombast-Wirkung, die nach schunkelig-mitgröhlbarem Spektakel klingt. Technisch makellos umgesetzt strotzen die neuen Songs bis zum zwölfminütigen Closer Skyfall vor heroischen Melodien, starken Riffs und schwindelerregende Soli. Die Rhythmusabteilung treibt absolut zwingend, an den Mikros spielt man sich die Bälle in die Hand und die Kompositionen selbst sind in ihren Rahmen kurzweilig und abwechslungsreich gestaltet.
Best Time paraphrasiert insgeheim etwa Billy Idol oder Thin Lizzy und haut eine Stakkato-Salve in den Refrain, Mass Pollution wird Tenacious D den unironischen Geifer ins Maul treiben und nimmt den Stadion-Animations-Moment vorneweg, wohingegen Indestructable eher zum Hardrock tendiert oder Robot King über seine Bridge orchestral schunkelt. Da fällt es nur bedingt ins Gewicht, dass die Platte mit 65 Minuten doch einfach zu lang geraten ist, weil sie in ihrem natürlichen, opulent voller gallig zum Pathos-Himmel strebender Hooks, Harmonien und Spannungsbögen einfach übersättigend sein kann – gerade wenn der Kitsch wie in Angels doch Überhand nimmt.
Trotzdem bleiben die Texte – bisweilen wirklich arg banale Ansammlung unendlich oft gehörter Plattitüden und Formel-Signalworte, die kaum emotionales Investment fordern oder abseits des Vorschlaghammers entlohnen – das gravierende Manko einer Platte, die einem auch dann ein fettes Endorphin-Grinsen ins Gesicht zaubern kann, wenn man absolut kein Fan der Materie ist. Dass die Gefolgschaft hierin eine triumphale Rückkehr feiert ist also verständlich – alle anderen finden in Helloween zumindest eine vitale Standpunktverortung vor.

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