Hurts – Exile

von am 10. März 2013 in Album

Hurts – Exile

Reichlich Kitsch, ungeniert ausgewalzter Pathos, aufdringliche Gesten und zentnerschwere Romatik im synthetischen Neonlicht der 1980er: die beiden Melodramatiker von Hurts bleiben sich und ihrer Wahrnehmung des Depeche Mode-Vermächtnisses also auch im zweiten Anlauf treu.

Exile‚ ist darüber hinaus das „düsterere“ Album geworden, welches Theo Hutchcraft und Adam Anderson bereits im Vorfeld ankündigten – allerdings unter der Prämisse, dass Hurts-Konzerte dank stampfender und Stadionchor-gestützer Massenromanzen wie ‚Blind‚ nun nach einer noch höheren Feuerzeugdichte verlangen, als es die bisherigen Songs der grundsätzlich an der Grenze des guten Geschmacks stolpernden Synthiepopper nicht ohnedies seit jeher taten. Ihr Talent für generationsübergreifende, vor Herzschmerz triefende Konsens-Elektro-Hymnen der überbordenden Tristesse stellen die beiden jedenfalls auch auf dem Nachfolger des durch die Decke gehenden Präzisionswerks ‚Happiness‚ ebenso prätentiös wie sattelfest unter Beweis. Weswegen gilt: wer vom Debütalbum berührt werden konnte wollte, wird sich auch im gleichförmigen Strudel von ‚Exile‚ wärmstens umgarnt finden. Und umgekehrt.

Dabei geben sich Hurts grundsätzlich alle Mühe ihr zweites Werk spannend zu halten, haben ein Album mit abwechslungsreichen Kniffen und dem stärkeren Fokus auf dem Gesamtprodukt geschrieben – überschütten letztendlich aber jede noch so ambitioniert einhergehende Komposition mit ihrem grundsätzlich verankerten Hang zum in jedweder Hinsicht ausformulierten Bombast.
Am besten sind Hurts deswegen bezeichnenderweise ausgerechnet immer dann, wenn sie sich ganz ungeniert bei ihren Vorbildern bedienen. ‚Cupid‚ schreit nach Dave Gahan und ist rundum ein wenig notwendiges, aber unterhaltsames Update von ‚Personal Jesus‚; das auf Nummer Sicher gehende ‚Miracle‚ eine Lektion, was Coldplay bei ‚Princess of China‚ zumindest anders hätten machen können. Im melancholischen ‚Mercy‚ finden sich neben schweren Synthiewellen und wahnwitzigen Fanfaren in der Chearleader-Düsternis Spurenelemente von Skrillex Bro-Step, wie ihn auch Muse zuletzt gerne bedient hätten. Überhaupt macht ‚Exile‚ nicht selten vor, welche Ideale die drei Engländer mit der Bruchlandung ‚The 2nd Law‚ wohl anstrebten. Was die Angelegenheit natürlich nicht automatisch besser macht.

Der Titeltrack wäre dennoch eine Bereicherung für aktuelle Muse-Taten; das schmalzige Gedöns ‚Help‚ dort eine Reduktion des Bombastgedankens – hier ausuferndes Finale ohne jegliche Zurückhaltung oder ausgelassenes Fettnäpfchen. Darüber hinaus fahren Hurts mal Alibi-E-Gitarren auf, verzettelten sich dann experimentierfreudig mit pfeifenden Hip Hop-Beats (‚Sandman‚) oder ballancieren zwischen Disco und Oldschool-Dubstep (‚Only You‘). Hier und da kriechen Ahnungen von Industrial und Rockelementen in die Songs, dass da deswegen von Nine Inch Nails die Rede ist darf dennoch als Sakrileg aufgefasst werden. Songs wie ‚The Crow‚ zielen punktgenau auf schwere Herzen, die Texte bewegen sich generell schablonenhaft über Botschaften ala „I don’t need this life/ I just need somebody to die for“ und der nächsten Träne im Knopfloch des perfekt sitzenden Anzugs. Spätestens wenn ‚Somebody To Die For‚ mit theatralischem Streicherpomp den Bogen zum wiederholten Male überspannt, kocht der Schmelztiegel entgültig über und Til Schweiger hat einen Fixkandidaten für sein nächstes Film-Attentat.
Hurts haben abermals ein bierernstes Album geschrieben, dass zwar annähernd ähnlich große Hits beherbergt wie ‚Happiness‚, dazu in Summe sogar schlüssiger geraten ist. Spannender wird ‚Exile‚ dadurch allerdings nicht zwangsläufig – viel eher zelebrieren die Briten mit großer Geste weitestgehend belanglose Songs, die in ihrem penetrantem Melodieverständnis zwischen dem ZDF-Fernsehgarten und Wetten Dass..? alle Altersschichten zu Tränen rühren will, darüber hinaus aber vor allem plakativ die Nerven malträtiert.

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1 Trackback

  • Hurts - Surrender - […] die auf dem Debüt ‚Happiness‚ (und mit Abstrichen auch auf den Nachfolger ‚Happiness‚) durchaus noch einnehmende Verneigung vor den…

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