Interview: Goldsoundz

von am 9. April 2014 in Featured, Interview

Interview: Goldsoundz

Goldsoundz sind seit mehreren Jahren im österreichischen Musik-Gewimmel unterwegs, nun haben sie mit ‚Relations‚ ihr erstes Album auf dem Grazer Label Kim Pop veröffentlicht.

Heavypop traf vier der fünf Goldsoundz-Mitglieder, namentlich Lena Gasser (Multimusikerin bei Just Friends And Lovers), Wolfgang Möstl (der auch bei Mile Me Deaf und Sex Jams werkt), Martin Riegler und Martin Gupper vor ihrem LP-Präsentations-Konzert in der Postgarage in Graz. Es wurde veganes Gulasch gegessen und mit verrenkten Scherzen über die Pop-Historie und das Musik machen palavert.

Wie ist es für euch, wenn die Debut-LP endlich draußen ist? Wie fühlt sich das an?
Wolfgang Möstl: Nach all den Jahren ist ein ziemlich arges Gefühl. Wir haben das erste Mal, seit ich dabei bin – und ich bin jetzt auch schon seit fast 10 Jahren dabei…
Martin Gupper: (Lachen) Was 10 Jahre?
WM: Neun Jahre sind es nächstes Jahr.
MG: 2007 war das.
WM: Ok, dann sind es jetzt 7 Jahre. Es ist nun das erste Mal seit ich dabei bin, dass wir die gleiche Set-List, also die gleichen Lieder spielen.
MG: Die Lieder existieren jetzt schon.
Martin Riegler: Seitdem sie auf der Platte sind…
MG: … sind sie signifikant.
WM: Das war schon das Ding bei uns, dass wir Lieder gemacht haben für ein Live-Konzert und das nie wirklich aufgenommen haben oder vielleicht doch, es aber nicht rausgebracht haben. Und das war dann beim nächsten Konzert wieder weg.
MR: Und früher haben wir oft nicht gewusst, wer wirklich was zu spielen hat.
WM: Es fühlt sich jetzt so an, als ob es jetzt richtige Lieder sind, es waren immer richtige Lieder, aber jetzt ist es etwas anderes. Es ist auch nicht mehr nur ein Sammelsurium von Songs, die über einen längeren Zeitraum entstanden sind, sondern sie sind richtig albummäßig.
MG: Es sind keine Lieder, die älter als eineinhalb Jahre alt sind, wir haben das alles fürs Album gemacht.
MR: Und wenn man es aufgenommen hat, dann gibt es keine Ausrede mehr – dann muss man es auch können…

Wie lange gibt es euch jetzt schon?
WM: 2008 haben wir das erste Mal als Goldsoundz gespielt. Als ich eingestiegen bin, hießen wir noch We Made The Polar Lights.

Und der Formationswechsel kürzlich? Wieso?
MG: Wir sind jetzt zu fünft, es macht Sinn, dass wir 5 sind. Für das Album war es auch cool, dass verschiedene Leute verschiedene Akzente setzen. Wir versuchen, dass wir live zumindestens zu viert sind, damit wir das umsetzen können. Es ist aber nicht tragisch, wer gerade da ist, spielt.
MR: Das Ziel ist, dass es so ein Beach Boys-Ding wird, dass man gleichzeitig in zwei Städten spielen kann.

Welche Musik hört ihr momentan? Im Tour-Bus oder vor dem Einschlafen?
MG: Ich höre Linton Kwesi Johnson, das ist voll interessant. Erstes Album, 1977…. Er ist ein Dub und Reggae Typ, der linksanarchistische Lieder machte. Er ist ein schwarzer Typ aus England, es geht darum, dass in England alles scheiße ist.
WM: Ich muss ehrlich sagen, mir fällt bei solchen Sachen nie etwas spontan dazu ein, das sich halbwegs cool anhört.
MG: Und Stevie Wonder höre auch viel, die Sachen von 1972 bis 1979.
WM: Was schon wie ein Running Gag wirkt, wenn ich das sage, aber Pink Floyd, sämtliche Alben von ihnen. Das neue Bulbul Album höre ich oft. Das neue Mac DeMarco Album ist auch super!
MR: Lena, was hörst du denn gerade?
Lena Gasser: Just Friends And Lovers.
MR: Ich höre soviel Mile Me Deaf in letzter Zeit…

Pavement mit deren Song Goldsoundz‘ sind der Band-Namensgeber. Was unterscheidet euch von ihnen, was mögt ihr an ihnen und was nicht?
MR: Unterscheiden tun uns 20 Jahre (Lachen).
MG: Ich finde wir hören uns nicht besonders an wie Pavement. Wir sind vom Sound her total unterschiedlich.
MR: Das war uns auch nicht so bewusst, dass sich alle an dem aufhängen.
MG: Das ist ziemlich bescheuert im Nachhinein. Sehr viele Namensgebungen von Bands sind wahrscheinlich im Nachhinein ein Scheiß.
WM: Ich finde Pavement schon super.
MG: Ja schon, aber ich höre es mir nicht so oft an. Das ist interessant, es ist ein Klischee, Pavement ist immer als unsere Referenz gesehen worden und ich finde aber, das es nicht so klingt.
MR: Vielleicht hätten wir doch „Thriller“ heißen sollen…
WM: Was ich an Pavement nicht super finde: eigentlich gar nichts. Vielleicht, dass es sie nicht mehr gibt. Dass sie nicht weiter Konzerte spielen.
MG: Und vor allem, dass sie kein neues Album herausgebracht haben.
WM: Diese Reunion-Tour war so gut. Das war das Beste überhaupt. Von allen Reunion-Konzerten, die ich bisher gesehen habe, war das sicher das beste. Es war so smooth und cool.
MG: Es spielen keine Frauen bei Pavement.

In einem Falter-Artikel auf eurer FB-Seite werdet ihr „die gegenwärtig beste Indie-Pop Zeitreise-Maschine“ genannt. Ist dieser Titel ein völliger Blödsinn, habt ihr Vergangenheit und Gegenwart gleich gern und würdet ihr nie eine Zeitreise ins Jahr 1994 machen wollen? Oder doch?
WM: 1994, sofort!
MG: Wenn das jemandem gefällt, dann ist das toll. Aber ich kann es nicht wirklich nachvollziehen, dass wir so stark mit den 90ern in Verbindung gebracht werden.
WM: Gerade mit dem neuen Album verstehe ich das überhaupt nicht.
MG: Ich habe immer den Verdacht, dass die Leute sich das nicht anhören. Das macht mich schon ein bisschen wütend.
MR: Das ist der Name, das ist Pavement, das sind die 90er. Irgendjemand hat jetzt einmal geschrieben, dass wir nach den 70ern klingen.
WM: Ich finde, es ist eher 60s-lastig inzwischen. Vielleicht irgendwelche raren 90s Bands, die einen 60s Sound gemacht haben…
MG: Wenn verschiedene Lieder einen daran erinnern, ja cool, der Sound ist so und so, aus dem Jahr 1994, dann ist das cool. Wenn die Leute das gerne raushören, dann ist das ok. Weil man kann nur was gut finden, wenn man eine Referenz im Hirn hat.
WM: Und das Jahr 1994 ist, nebenbei bemerkt, schon eines der interessantesten Jahre der Pop-Geschichte.
MG: Wie bist du jetzt auf ’94 gekommen?
WM: ’94…Ich sag’s ja…es ist das magische Jahr! Da ist alles passiert! Und es ist vor allem 20 Jahre her.

1994 war von mir jetzt eine rein willkürliche Wahl…Jetzt muss ich euch einmal gratulieren, weil euer Debut-Album ist eine Reise für den Hörer, wenn er will. Ich höre Sarah Records, Creation Records und 60s Melodien raus. Mir gefällt das Album sehr gut! Erzählt ein bisschen über die Entstehung, wie war das Arbeiten am Album?
WM: Es waren 2 Wochenenden in Graz. Ich war Recording Engineer. Das Coole war, dass es nicht klar war, wer was spielt bei dem jeweiligen Track. Es war sehr lustig. Martin ist mit einem Lied gekommen, dann „ah, da spiele ich Schlagzeug“ oder „nein, weißt du was, da spiele ich irgendeine Gitarre drüber„. Bei Martins Nummer habe  ich Gitarre, Schlagzeug gespielt und gesungen und bei anderen Nummern habe ich gar nicht mitgespielt.
MG: Es war ein Kollektiv-Ding, eine sehr gescheite Arbeitsteilung.
MR: Und Susi und Lina (von Just Friends And Lovers, Anmerk. d. Red.) haben nur deswegen mitgemacht, weil sie gerade vorbeigekommen sind.
WM: Bei ‚Rodeo‚ war es innerhalb von ein paar Sekunden entschieden. Susi von Numavi war gerade zufällig da. Es war so, „ja wir nehmen gerade Gesang für die Nummer auf„, spring schnell rein und singe „Wo-o-o-o“ drüber, das hat sie sofort gemacht. So im Vorbeigehen.
MG: Und es ist auch eine gute Anbindung, das Material ist zwar neu, aber es gibt auch Nummern, die so klingen wie früher. Und auch wie wir in Zukunft noch mehr klingen wollen. Weil wir jetzt auch mehr Möglichkeiten haben, z.B. das mit dem Saxophon-Lied. Oder auch viele Gesangs-Spuren übereinander.
MR: Und das eine Lied, das wir nicht genommen haben, weil es nach Offspring klingt…(Lachen)
WM: Da kommt noch eine lustige B-Seite auf die Goldsoundz-Fans zu…

Wie ist das, wenn man vernetzt ist, bei mehreren Bands und Labels ist? Was macht ihr neben der Musik noch?
WM: Ich mache nichts daneben, ich bin ein Sparefroh und ich wohne sehr günstig. Aber ich würde das keinem eurer Leser empfehlen, diesen Lifestyle.
MG: Wolfi ist eigentlich der Einzige, der richtiger Musiker ist. Obwohl Lena, eigentlich du auch!
LG: Wenn man das daran misst, ob man davon leben kann…
MG: Nein, weil du sonst nicht tust.
(Lachen)
WM: Ich nannte mich früher immer arbeitslos. Aber jetzt bin ich draufgekommen, dass ich Musiker bin!
MR: Ich gehe arbeiten und betreibe die Goldsoundz als Hobby…ich habe mich entscheiden müssen: Auto-Tunen oder das!
(Lachen)
MG: Und ich studiere noch. Und Hannes, der heute nicht da ist, ist Lehrer.
WM: Hannes sollte vielleicht dankend erwähnt werden…

Mahlzeit und danke!

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