Jonny Greenwood – Spencer

von am 20. November 2021 in Soundtrack

Jonny Greenwood – Spencer

Mit Radiohead feiert Jonny Greenwood gerade das Jubiläum von Kid A und Amnesiac, als Soundtrack-Komponist veredelt er 2021 unter anderem den Lady Di-Film Spencer.

Nach mehr oder minder drei Jahren Score-Abstinenz könnte Greenwoods Arbeit zu The Power of the Dog derweil eventuell dasselbe Schicksal drohen, wie seinerzeit You Were Never Really There: der ging ja neben dem brillanten Phantom Thread (welcher so auch ganz allgemein der gravierendere Film an sich war) beinahe unter. Schließlich gehört der Soundtrack von Spencer zur besten filmischen Untermalung, die der 50 jährige in seiner an Highlights nicht armen Vita bisher vorzuweisen hat.

Das liegt auch daran, dass Greenwood sein Spektrum aus Streicherarrangements, die sich hier dystopisch und klaustrophobisch stets abgründig an der Kakophonie reiben (und dabei dennoch immer wieder kurz und vage an das Thema von Jurassic Park denken lassen), weit in den Jazz führt: in Frozen Three etwa mit Bläsern begleitet, in Delusion / Miracle avantgardistisch mit starken Free-Tendenzen vom zappelnden Kontrabass-Keller in den feierlichen Ballsaal Schielens und wieder zurück.

Das gibt Spencer einen (womöglich ja von Smile eingefärbten) ganz eigenen, unberechenbaren und emotional wankelmütig Charakter im bisherigen Schaffen von Greenwood, weitet aber aber auch das kammermusikalische Ambiente aus: Das Titelstück träumt am Klavier, Invention For Harpsichord And Compression impliziert die hektische Dramatik von Tetris am Cembalo, bevor sich das Szenario getragener legt. The Boys lässt sein Motiv beschwingter mit dem Optimismus liebäugeln und Crucifix schreitet in sinfonischer Schönheit voller Anmut und Fragilität, ist eine verletzliche und kraftvolle Gratwanderung mit Haltung und purer Melancholie. Partita In Five For Two Organs übersetzt das Spencer-Hauptthema dorthin, wo Radiohead den Motion Picture Soundtrack elegisch flimmern ließen und Home / Lacrimosa wandelt seine orgelnder Trauer in eine pastoral-astrale Sinfonie, die vom sakralen Press Call aufgesogen wird.

Auch ohne die dazugehörigen Bilder funktioniert Spencer insofern absolut großartig und imaginativ, selbst wenn es – ohne großartig über das Leben von Diana, Princess of Wales informiert zu sein – stilistisch weit entfernt davon zu sein scheint, was man aufgrund der popkulturellen Wahrnehmung im allgemeinen mit der öffentlichen Figur verbindet. Und auch wenn Spencer so neben The Master und Phantom Thread zum Schmuckstück im Hause Greenwood wird, sei abschließend trotzdem noch darauf hingewiesen, dass der Score von The Power of the Dog auch ziemlich grandios geworden ist.

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