Joyce Manor – 40 oz. to Fresno

von am 20. Juni 2022 in Album

Joyce Manor – 40 oz. to Fresno

Joyce Manor (Barry Johnson, Chase Knobbe, Matt Ebert) drücken ihr sechstes Studioalbum wieder unter der 20-Minuten-Marke über die Ziellinie. Und auch sonst ist 40 oz. to Fresno eine Rückbesinnung für die Band.

Also eine Entwicklung, die so trotz des einige tolle Einzelsongs abgeworfen habenden Vorgängeralbums Million Dollars to Kill Me sowie der Compilation Songs from Northern Torrance nicht unbedingt zu erwarten war – schließlich kehrt mit Rob Schnapf jener Mann auf der Produzentenstuhl zurück, der die bisherige Diskografie-Schwachstelle Cody zu verantworten hat.
Allerdings tut das Gespann diesmal alles, um die eigenen Stärken nicht wieder in der zu konsensorientierten Zwanglosigkeit zu vertändeln: alles ist knackiger, ein bisschen ungestümer und mitreißender eingefangen. Die Band hat ihr Songwriting zudem wieder auf den Schnelldurchlauf gestellt und alle unnötigen Schnörkel in den Strukturen hinter sich gelassen – für diesen wurzelbesinnenden Fokus gönnt man sich dann auch schonmal einen anachronistisch recycelten Rahmen.

Das eröffnende OMD-Cover Souvenir war bereits 2021 auf eigene Split-Faust unterwegs, und ist als Powerpop mit Synthies und einer Gitarre, die Spannungen für eine nette 80er-Patina im Indie Rock aufbaut, supereingängig und nonchalant – aber auch mit Abstand der längste und am komplettesten ausformulierte Song der Platte. Denn nur hier belässt die Band die Formen und Schemen auf konventioneller Ebene, während der Closer Secret Sisters mit seinen mächtigen Saitenwänden und einer wuchtigen Weezer-Dramatik (noch von Ex-Drummer Kurt Walcher eingehämmert) in 104 Sekunden als Outtake von Never Hungover Again die ästhetische Vorgabe der Platte sein soll, tatsächlich aber mit der Reinhart & Pulley-Produktion scheppernd physisch komplett aus der Reihe tanzt.
Überhaupt eine merkwürdige Entscheidung, diese von der restlichen Platte losgelöste Klammer – gerade, weil diese dazu beiträgt, dass 40 oz. to Fresno einen latent unfertigen Eindruck hinterlässt.

Dass Studioalbum Nummer 6 vor seiner Sublime-Referenz im Titel gar Hungover Again heißen hätte sollen macht jedenfalls nur bedingt Sinn, doch sprintet das Kerntrio nun eben mit Session-Drummer Tony Thaxton (Motion City Soundtrack), den Gedanken an Guided By Voices sowie die Anfänge der Band durch Songs, die selten an die 2 Minuten Marke kommen und sich bewusst eine nicht restlos zu Ende wirkende Impulsivität bewahren.
Don’t Try nimmt etwa eine verspultere Math-Beschwörung nur als Steilvorlage für einen aufs Gaspedal tretenden Chorus, der exemplarisch keine Killer-Endorphine freisetzt, sondern einen Meter vor der Begeisterung keine Überwältigung provoziert – sondern stattdessen für ein paar Sekunden mit heulender Doppel-Lead für ein paar Sekundenbruchteile den Classic-Ausflug skizziert und dann doch den Punk-Abgang wählt.

Manchmal wäre eine längere Aufmerksamkeitsspanne der Band ihren tollen Ideen gegenüber also wünschenswert gewesen, im Umkehrschluss sorgt die (ohne wirklich rotzig zu sein) aus dem Handgelenk  geschüttelte Herangehensweise jedoch wie ein Katalysator für das Songwriting, denn ohne Ausfälle gibt es endlich wieder Ohrwürmern und Hits am laufenden, natürlich extrem kurzweiligen Band.
Nbtsa poltert eilig-schrammelnd so extrem catchy mit latenten 00er-Jahre-Flair, Reason to Believe perlt in bittersüßer Cuomo-Manier durch verträumte Erinnerungen, polternd und kraftvoll und nostalgisch. You’re Not Famous Anymore tänzelt dagegen als College Rock-Entwurf twistend shakend um seine den Glanz der Berühmtheit hinter sich lassenden Hooks, bevor das gedrosselter groovende Gotta Let It Go mit offenem Verdeck cruisend und auch kurz die Zähne zeigend die etwas schwächere zweite Hälfte der Platte einläutet – wo das nonchalant-poppiger ausgelegte Dance With Me mit seinem freistehenden Proto-Heavy-Solo sowie das hymnischer treibende Did You Ever Know? freilich dennoch ansatzlos überzeugen. Die Rückkehr zur Form setzt sich für Joyce Manor also unspektakulär fort.

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