Knoll – Interstice

von am 17. März 2021 in Album

Knoll – Interstice

Der Missing Link zwischen Full of Hell und Portal? Knoll ist jedenfalls ein Sextett aus Memphis, das mit seinem Debütalbum Interstice geradezu furios mit der ranzigen Noise-Tür ins Deathgrind-Haus fällt.

Wenn man denn unbedingt einen Schönheitsfehler in dieser herrlich giftigen Dreckschleuder von einer Platte finden will, dann wohl jenen, dass Knoll nicht gleich aus dem Stand heraus ikonische Szenen und derlei Augenblicke liefern, die sich jenseits der herausragenden Talentprobe bereits ansatzlos mit den Besten der Szene messen.
Was eben bedeutet, dass sich speziell ein Grasp, mit seinen psychotisch neben der Spur aufdrehenden Leads, die in eine schleppend-malmende, krumme Zeitlupe versinken, nur um mit atonaler Kante rumorend neu aufzublühen und zu detoniert, damit begnügen wird müssen, in der Endabrechnung 2021 zum ziemlich sicher besten zu gehören, was der Schmelztiegel aus Death Metal, Math-, Hard- und Grindcore im Jahr 2021 zu bieten haben wird.
Konzentrieren wir uns deswegen also vorerst lieber auf die Dinge, die Knoll bereits jetzt mit beeindruckender Intensität zelebrieren.

Obwohl Interstice der nominelle Einstand der Amerikaner ist, zeigt er bereits einen ausformulierten nihilistischer Sündenpfuhl mit Charakter und eigener Identität – zu der im schwierig den eigenen Claim abzusteckenden Genre des Grind hier eben auch drei Gitarren mit meistens irre dicht brütenden, immer wieder aber psychotisch ausscherenden Linien gehören, wie auch zwei Mikroständer an denen sich die dualistischen Vocals aus modrigen Growls und manischem Gekeife wie selbstverständlich in den ambivalenten Schattierungen der Aggression zugebrüllt werden.
Vor diesem Hintergrund sitzt die Performance von Knoll extrem tight und zwingend, der Sound (von Andy Nelson, Brad Boatright und Kurt Ballou) malträtiert die so verdammt frisch und hungrig, roh und hässlich ausgekotzte Spielwut des halben Dutzends und reißt auch deswegen mit, weil die evozierte Dynamik das starke Songwriting zu einem Mahlstrom kanalisiert.
Dass selbst eine vergleichsweise ausführliche Spielzeit von 35 Minuten keine Längen kennt (und das obwohl gerade das Finale als gefühlter Epilog viel Platz einnimmt – mit Myr, einem klaustrophobisch-ambienten Score, der letztendlich gegen seine beklemmenden Folterkammer-Wände ohne physische Konturen hämmert, und dem Closer Fjord Peaks, einem Wechselspiel der Extreme zwischen manischem Sturm und Drang und ausblutende Stillstand-Kakophonie, der über 7 Minuten eher eine prägnante Deklination des bisherigen Leidensweges darstellt, denn eine essentielle Expansion), spricht für diesen Kotzbrocken, der mit so vielen variablen Ausbrüchen aufzeigt.

Es ist eine perfide Freude zu hören, wie gleich Callus of the Maw die Lehren von GridLink und Co. mit dem nötigen Gespür für Tempo, Blastbeats und Riffs übersetzt, dabei aber die Gitarren bereits energisch aus dem Schema F ausbrechen lässt, und auch Impetus in Mire thrashige Power zu einem federnd-bolzenden Haken presst, sich dann am Gaspedal nahe des Beatdowns zerfleischt, während Lambent Urn vor allem durch seine verschachtelte Rhythmik einen so vertrackt wie tackernden Rausch erzeugt. Gracian Axiom bremst sich immer wieder im höllisch nachbrennenden Distortion-Doom aus und schichtet seine Kaskaden böse. Earth’s Iron Lung zelebriert eine rapide Strenge, die den Bolzenschneider zum schnetzelnden Häcksler gen Full of Hell umfunktioniert – wo Door to Moil passenderweise als Harsh Noise-Ambient-Alptraum (und vor allem: elementarer Teil des Ganzen, kein Interlude!) übernimmt, der unter unter Lagen aus phasenverschobenem maschinellen Wahn brüllt. Es ist insofern wahrlich kein Zufall, dass ausgerechnet Ethan Lee McCarthy (Primitive Man, Many Blessings) für das Artwork verantwortlich zeichnet.
Überhaupt ist auch der Eklektizismus trotz überragender Assoziationen eine der Stärken der Platte. Inherent of Life kurbelt mit Nails‘eskem Groove, faucht mit fieser betonierender Entschlossenheit und bekommt irgendwann den Rappel; Scattered Prism zerwürfelt sich in seinem Hass in bester Converge-Manie und das absolut majestätische Loom of Wills klingt wie eine walzende Kriegsmaschine aus der röchelnden Hölle der kolossalen Portal mit einem Schuß Screamo-Würze. Das alles macht aus Interstice keine Revolution – aber sicherlich ein verdammtes Schaulaufen, das man so nicht auf der Rechnung haben musste.

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