Låpsley – Long Way Home

von am 6. März 2016 in Album

Låpsley – Long Way Home

Låpsley liefert über den Umweg der BBC Sound of 2015-Longlist kommend mit ‚Long Way Home‚ endlich den smart maßgeschneiderten Hochglanz-Elektropop für die Zielgruppenüberschneidung von James Blake und London Grammar. Demnächst wohl der stilsichere Soundtrack beim Shopping in der H&M-Filiale eures Vertrauens.

Long Way Home‚ schlägt damit (in vielerlei Hinsicht) spät aber doch in eine ganz ähnliche Kerbe, die bereits der so formvollendete Proto-Epigone SOHN mit seinem Debüt ‚Tremors‚ bediente. Aber dies ist einerseits ja auch schon wieder bald schon wieder 2 Jahre her, andererseits vereinnahmt die 19 Jährige Holly Lapsley Fletcher aus England auf ihrem aus weichem Pop und klickernder Elekronik gebastelten Erstling eine bedeutend weitere Bandbreite an musikalischen Vorbildern – und trumpft auf ‚Long Way Home‚ auch durch einen durchaus geschickt forcierten Abwechslungsreichtum im Songwriting auf.

Heartless‚ denkt die Ausstrahlung von Jessie Ware charmant in die 80er zurück, während ‚Operator‚ mit funky Mika-Bässen und eleganten Streichern Richtung Disco und Dancefloor pumpt. ‚Hurt Me‚ verpflanzt die weit ausholende Geste von Adele in ein von Purity Ring und Chvrches kultiviertes Downbeat-Umfeld und ist mehr noch als der potentielle Breitwand-Abspann des übertrieben pathetischen ‚Love is Blind‚ schlichtweg großes Powerballadenkino, frisch aus der Steckdose geschrubbt. Den anvisierten Jamie Woon-Gospel in ‚Silverlake‚ fehlt dann zwar der Soul, auf theoretischer Ebene funktioniert das aber dennoch  erstaunlich gut.
Weil Låpsley die vor digitalen Schmalz aufgeblähten Herzschmerz-Triumphanzüge einfach sitzen, vor allem aber die in sich gehenden Momente wirken nach: die wunderbar tröpfelnde Glockenspieluhr von ‚Painter‚ geht unscheinbar direkt unter die Haut. ‚Station‚ strahlt in stiller Zurückhaltung, während die Yacht-begeisterte Mrs. Fletcher ihre Stimme in bester The Knife-Manier so lange pitcht, bis sich ein Duett mit James Blake ohne dessen Teilnahme bewerkstelligen lässt. Auch ‚Falling Short‚ hat die Klaviernummern von Blake genau studiert – und kurzerhand ganz ungeniert den Beat von London Grammar’s ‚Stay Awake‚ darunter gemischt. Aber besser gut abgeschaut, als schlecht selbst erdacht. Und wenn da auch noch plötzlich ein halluzinierendes Stück Minimalismus wie ‚Cliff‚ steht, ist es ohnedies schwer klare Gedanken zu fassen und nicht ins Träumen abzudriften.

Long Way Home‚ ist damit ein zeitgeistaffines Produkt, dessen größte Stärke es ist, dass seine dezent zu lang ausgefallenen 48 Minuten eben kaum am Reißbrett kalkuliert anmuten – ungeachtet dessen, dass die Songs ein wenig zu kühl klingen, um tatsächlich berühren zu können: Dieses perfekt auf den Markt temperierte Debüt ist trotz seiner emotional aufgeriebenen Breakup-Songtexte eine Album, das leider eher technisch versiert auf Kopfebene funktioniert, als direkt zu Herz und Seele zu sprechen.
Låpsley’s Einstand funktioniert dennoch weitestgehend ungekünstelt, unterwandert Adele’s Fanschichten über Facebooktimelines und erklärt seine Anziehungskraft nach und nach mit der Qualität der 12 Songs, denen üppig produziert zwar der Bedroom-Charme der vorauseilenden EPs ‚Monday‚ und ‚Understudy‚ fehlen mag, die es aber gleichzeitig anstandslos erlauben bereits vorhandene Ohrwürmer auszusparen (ungeachtet dessen, dass ‚Long Way Home‚ in der zweiten Hälfte nicht vollends das eingangs installierte Niveau halten kann): Låpsley legt sich einfach mit viel Talent und noch mehr Können in gemachte Betten, hat ein Gespür dafür die Vorzüge anderer versiert zu assimilieren (das weiß man aber schon seit ‚Blue Monday‚) und schreibt schlichtweg tolle, modebewusste und bisweilen auch nicht nur oberflächlich zündende Popsongs mit effektiven Melodien und catchy agierenden Hooks. Keine spannende Angelegenheit also, aber verdammt zielsicher.

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