Leonard Cohen – Popular Problems

von am 21. September 2014 in Album

Leonard Cohen – Popular Problems

Mit der kürzesten Pause zwischen zwei Alben seit annähernd 30 Jahren und nur knappe 32 Monate  nach ‚Old Ideas‚ beschenkt Leonard Cohen seine Anhängerschaft pünktlich zum eigenen 80. Geburtstag mit der neuerlichen Erkenntnis, dass der kanadische Poet weiterhin sich selbst der würdigste Nachlassverwalter bleibt.

Zumindest für den ersten Durchgang führt ‚Popular Problems‚ allerdings durchaus in Versuchung die Ansichten zum guten Vorgänger von 2012 ohne große Ergänzungen einfach zu übernehmen: auch das dreizehnte Studioalbum des Grandseigneurs  der Melancholie ruht in sich und auf unaufgeregten, minimalistisch reduzierten und simpel inszenierten Kompositionen, über die Cohen mit seinem dunklen Timbre Elegien über Sünden und die Liebe meditativ sprechsingt. Die Melodien in den Arrangements übernehmen wieder die längst in den Trademarksound aufgenommenen, von Cohen verehrten Backgroundsängerinnen – und ja, das abermals selbst entworfene Albumcover ist ähnlich potthässlich wie jenes von ‚Old Ideas‚.

Popular Problems‚ ist auch tatsächlich eine rundum klassische Cohen-Platte des 21. Jahrhunderts geworden. Unter der Lupe allerdings dank zahlreicher feinjustierender Detailoptimierungen auch die beste seit dem 2001er Comebackalbum ‚Ten New Songs‚. Das beginnt beim von Patrick Leonard klar strukturiert zurechtgeschneiderten Produktionsgewand, das die 9 Songs in einem gefühlvollen Gewand in der vollen Bandbreite aus Blues-, Jazz- und Soulmomenten ausleuchtet – und endet nicht damit, dass Cohen all jene Lügen straft, die seine Gesangsleistung auf ‚Old Ideas‚ noch als zu monoton abkanzelten: umgeben von der launischen, beinahe Nick Cave-tauglichen Rhythmik von ‚Almost Like the Blues‚ brummt der Meister mit schmunzelnder Weisheit („There is no God in Heaven/And there is no Hell below/…/But I’ve had the invitation/That a sinner can’t refuse„) oder raunt im geschmeidigen ‚Samson in New Orleans‚ wie ein schmeichelweicher, geknechteter Tom Waits („And we who cried for mercy/ From the bottom of the pit/Was our prayer so damn unworthy/The sun rejected it?„).

It’s not because I’m old/and, it’s not what dying does/ I always liked it slow/ Slow is in my blood“ positioniert sich Cohen im amgedämpft stampfenden Blues ‚Slow‚ mit aller Coolness dieser Welt und erklärt im Dylan‚esken ‚A Street‚ weihevoll „The party’s over, but I’ve landed on my feet„. „There’s torture and there’s killing and all my bad reviews“ zwinkert der Poet irgendwann geradezu ätzend und weiß wohl selbst: lyrisch gelingen ihm auf ‚Popular Problems‚ wie immer Glanzleistungen am Fließband, während das Team Leonard/Cohen von der Qualität der Songs an sich über angenehm kompakt gehaltene 36 Minuten eine durchaus abwechslungsreiche Schiene fährt, die Verrisse der Platte zu Ausnahmen der allgemeinen Lobeshymnen-Regel machen werden.
Das seit bereits 40 Jahren in der Mache befindliche ‚Born in Chains‚ gerät etwa zum wunderbar behutsamen Gospel, ‚My Oh My‚ ist eine entspannte Popannäherung mit sich verneigenden Bläsern, und ‚You Got Me Singing‚ bezaubert als gezupfte Lagerfeuernummer mit sanften Streichern. Dass nicht alle gesetzten Akzente restlos funktionieren – der pumpende Untergrundbeat von ‚Nevermind‚ gipfelt im orientalisch elaborierten Refrain von Donna De Lory; ‚Did I Ever Love You‚ wagt den Spagat zwischen einer rauchigen Klavierballade und einem gewöhnungsbedürftig leichtfüßigen Country-Stomper, wirkt dabei aber eher irritierend hüftsteif und bieder, regelrecht altbacken locker – letztenlich kaum der Rede wert. Denn auch wenn keines der neuen Stücke auf Augenhöhe mit seinen unsterblichen Klassikern für magische Gänsehaut sorgt, vereint ‚Popular Problems‚ doch beinahe ausnahmslos starke, unaufdringlich hintergründige, unspektakulär spektakuläre Songs, die Cohen ein weiteres Mal als Schöpfer zeitloser Intimität zeigen, als zwischen Himmel und Hölle pendelnden Beobachter, der unter uns weilt, aber eigentlich über den Dingen steht. „The war was lost, the treaty’s signed/ I was not caught across the line, I was not caught though many tried/ I live among you well disguised“ spricht Cohen, und ist dabei weiterhin eine Klasse für sich.

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