LINGUA IGNOTA – Jolene

von am 2. Mai 2020 in Single

LINGUA IGNOTA – Jolene

2019 verschwendete LINGUA IGNOTA zwei gelungene Cover-Versionen auf der zur Hälfte frustrierend schwachen Split-EP Commissioned mit The Rita. Nun gibt es von ihren beiden Nummern (digital) zumindest den Dolly Parton-Klassiker Jolene auch separat.

Nicht aber das Scott Walker-Stück The Girls from the Streets. Was natürlich schade und ineffizient ist – da kann Kristin Hayter auch noch so euphorisierend in Aussicht gestellt haben, dass sie gerade mit einer Neuaufnahme ihres Einstandes Let the Evil of His Own Lips Cover Him beschäftigt ist (über die Notwendigkeit dieser Ambition kann man freilich diskutieren).
Bevor es dazu kommt und Hayter das Walker-Stück marktwirtschaftlich schlau eventuell ja noch zum nächsten Aktionstag nachlegt, an dem Bandcamp auf seinen Teil des Kuchens verzichtet, bleibt Jolene dann aber auch im Alleingang eine gelungene Vereinnahmung des Originals.

Das Ambiente ist für eine geradezu klassische Interpretation der Marke LINGUA IGNOTA wie gewohnt angenehm karg und minimalistisch gewählt. Eine dröhnende, aber schwindelerregend weich und einfühlsam bratzende Gitarre in der Einsamkeit ist der Teppich, später wird noch eine fiebrige, subtile Violine in latenter Psychose in den instrumentalen Klangraum fließen, der jedoch alleine von Hayter und ihrer gewohnt exaltierten Klassik/Avantgarde-Performance lebt.
Ihre Intonation hat dabei wieder so etwas beschwörendes, manisches, feierliches, selbstkasteiendes, als würde sie sich selbst als verletzte Furie am Fegefeuer der Theatralik opfern, um ihren Mann behalten zu können.

Ob das für alle Beteiligten das beste ist, bleibt offen. Immer wieder blitzt da nämlich zwar eine gewisse Traurigkeit in der Verzweiflung auf, vor allem aber bleibt der Eindruck, dass Jolene auch abseits der besungenen Reize der sicherere Hafen für The Man wäre, wenn LINGUA IGNOTA die Grenze zum Wahnsinn mit dem weißen in den Augen beängstigend drangsalierend übertritt, giftig in Angriffslaune bettelt, und wohl eine Gefahr für alle Parteien darstellt.
Worin dann auch der Reiz einer Nummer besteht, die sich eigenwillig und charismatisch mittlerweile auch ein klein wenig eher auf einen verinnerlichten Signature Sound verlassen kann, als über die hauseigene Intensität noch per se aufregend oder herausfordernd zu klingen. So lange Hayter mit eigenen Stücke wie zuletzt O Ruthless Great Divine Director aber ohnedies keine Wohlfühl-Zone in ihrem Komfortbereich aufkommen lässt, und derart erinnerungswürdig im Assimilieren agiert, ist das (egal in welcher Hinsicht) keine schmerzhafte Entscheidung.

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