Matt Berninger – Serpentine Prison (Deluxe Edition)

von am 14. März 2021 in Reissue

Matt Berninger – Serpentine Prison (Deluxe Edition)

Unbestreitbar ist das ein willkommenes Mehr an toller Musik, aber eben auch über eine latent suboptimale Veröffentlichungsweise vermittelt: Matt Berninger legt Serpentine Prison als Deluxe Version neu auf.

Wer die Limited Edition des Debütalbums des The National-Sängers vor nicht einmal einem halben Jahr verpasste und sich deswegen die reguläre Version der Platte ins Regal gestellt hat, wird sich vermutlich ärgern – alle anderen bekommen nun die Chance, sich die damals im Oktober beigepackten Bonus Tracks doch noch anzuschaffen: Die sechs zusätzlichen Nummern sind neben digitalen Streamingdiensten physisch auch wieder zu haben, allerdings nur auf dem upgedateten Solowerk von Berninger in der Deluxe Edition. Was bei einem wirklich absurden Preis von rund 50 Pfund für eine Doppel LP (Signatur kostet natürlich extra) keine Lappalie ist.
Wo die neuerliche Verfügbarkeit zumindest für jene ein feiner Zug ist, die bisher nicht bei Serpentine Prison am Tonträgerformat zugeschlagen haben, wäre die Option, das Material zum Beispiel auch (nein, überhaupt erst!) in Form einer EP anzubieten, nicht nur am fanfreundlichsten gewesen, sondern auch der Songsammlung am deutlichsten entgegen gekommen.
Doch was gibt es neben den bisherigen zehn Stücken, deren Vorzüge ja bereits erörtert wurden, zu hören?

Schlichtweg mehr von dem tollen Memphis Soul von Booker T mit der Zauberstimme von Berninger als Seele. European Son eröffnet den Reigen an Coversongs aus dem Repertoire von The Velvet Underground kommend dabei bewusst Ambivalenz: Da ist ein Kontrast, so smooth wie gehetzt, wenn die Arrangements getragen und entschleunigt agieren, die Gitarre aber nervös und wirkt und Berninger irritierend dem Tempo hinterherzuhecheln scheint. Doch alles findet spätestens nach zwei Minuten zueinander, wenn zum Klavier auch eine Mundharmonika und Beirut-Bläser einsteigen. Eine feine, eigenwillige Interpretation mit Trademark-Startschwierigkeiten also, die hin zur gelösten, entspannten Partystimmung findet.
Then You Can Tell Me Goodbye (Bettye Swann) ist eine wundervolle, jazzige Lounge-Schmuserei im Norah Jones-Stil. Das Piano schwelgt und das Besenschlagzeug streichelt, Berninger singt hell und fragil, erhebt sich aus der Bariton-Komfortzone. Die Backingchöre begleiten subtil, aber beherzt. In Spite of Me (Morphine) orientiert sich näher am Americana, ebenso relaxt wie beschwingt, in typischer Tonlage: eine angenehme, warme Fingerübung. Big Bird (Eddie Floyd) zeigt dann ein bisschen mehr rhythmische Kante und staubiges Roadhouse-Flair, stampft mit abgehangener Coolness am Highway entlang und findet einen verschmitzt lauernden Call and Response-Abgang.

Den Abschluss der Zusatz-Songs bilden dann zwei Originale, die sich den Titeln nach als Beatles-Cover tarnen. Let it Be ist ein stiller, sehnsüchtiger Nostalgiker, schleichend Trost suchend. Und The End tänzelt im Refrain mit melancholischem Lächeln zu einer feierlichen Grandezza, streift (mit Gayle Anne Dorsey?) am Fernsehgarten, beruhigend und klassisch.
Daher beide Nummern nicht restlos das Niveau der regulären Albumsongs halten können, im Verbund mit den zu Eigen gemachten Coversongs aber ein rundes, kompaktes Ganzes ergeben, hätte eben eine separate Appendix-EP die mit Abstand beste Veröffentlichungplattform dargestellt.
Zumal offenbar ohnedies ein Selektionsprozess stattgefunden hat: Ursprünglich war im Zuge dieser Deluxe Edition übrigens von 12 Originalsongs und sieben Coverversionen die Rede. Mal abwarten, ob die restlichen drei Interpretationen von Fremdmaterial in wenigen Monaten als Super Deluxe Version nachfolgen werden. Die hier aufgefahrenen 23 Minuten kassieren losgelöst vom Kontext des restlichen Albums betrachtet jedenfalls:

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