Midlake – Antiphon

von am 2. November 2013 in Album

Midlake – Antiphon

Seit 2009 haben die gelernten Jazzmusiker Midlake in ihrer Entwicklung weite Wege zurückgelegt. Vor knapp 12 Monaten mussten sie dabei jedoch ausgerechnet Frontmann Tim Smith zurücklassen, der sich mit Harp in die Solokarriere verabschiedet hat. Allen Befürchtungen zum Trotz hat sich die daneben zum Sextett angewachsene Band aus Denton damit vielleicht sogar gesundamputiert.

I knew I was holding them back and I knew some of them felt the same way. There was no huge fight. I just felt it wasn’t going to happen (given there was only 1 song recorded in 2 years that I liked called „Festival“…which I’d love to see released someday) and thought they’d be better off without me and vice versa. I guess that was true cause they wrote and recorded all new songs in 6 months which has never happened with me at the helm. erklärt Smith seinen Abgang im Stillen ausführlich. Das verbliebene Rumpfquartett steckt die Trennung von ihrem Sänger, Sprachrohr und Gallionsfigur dann auch tatsächlich erstaunlich anstandslos weg, wächst mit den Neuankömmlingen Jesse Chandler (Keyboards, Piano, Flöte) und Joey McClellan (Gitarre) an der Personalfront sogar genau genommen.

Midlake marschieren also weiter, verrecken nicht an dem im Vorfeld bange Ängste schürenden Split, müssen sich wegen der Art und Weise mit der Gitarrist Eric Pulido am Mikrofon die Kohlen aus dem Feuer holt noch nicht einmal dafür rechtfertigen unter altem Banner weiterzumachen. Midlake bleiben weiterhin Midlake, was eben auch bedeutet dass sich die Virtuosen aus Texas einmal mehr  ein kleines Stück weit neu erfunden haben: die zweite Silbe in ihrem zeitlosen Folkrock diesmal stärker betonend, die Inszenierung drumherum technisch etwas progressiver gestaltend, direkter agierend und ihre nostalgischen Gemälde mit dichterem, sportlicherem Sound malend. Vor allem für den hymnischen Opener ‚Antiphon‚, den smart groovenden ‚The Old and the Young‚ oder dem Procol Harum-inspirierten Orgler ‚It’s Going Down‚ haben Midlake dafür offenbar reichlich Tame Impala gehört, ‚Aurora Gone‚ hätten hingegen die Fleet Foxes sicherlich gerne im eigenen Repertoire, von ‚Corruption‚ bis ‚Provider Reprise‚ öffnet das Sextett ihren tiefgründigen Sound dazu weiter für friedliche Psychedelik als seit ‚Bamnan and Slivercork‚ nicht.

Unter der Lupe wärmte der abspenstige Smith den auch weiterhin so versiert an seiner zeitlosen Melancholie entlangschwebenden Folkrock  der Band zwar mit einer etwas behutsameren, sanfteren und auch emotional tröstenderen Stimme, dennoch kompensiert Pulido die entstandene Lücke nicht nur durch seine Standfestigkeit, sondern unterstreicht wie im alleine durch seine imposante Drumarbeit herausragenden Überhit ‚Provider‚ (WAS! FÜR! EINE! SCHLAGZEUGARBEIT!) oder ‚This Weight‚ (ernsthaft: hatten die schon immer eine derart brilliante Rhythmussektion?!) die Tatsache, dass Midlake auf ‚Antiphon‚ einige der stärksten Songs ihrer bisherigen Karriere aufgefahren haben.
Eben jene ist durch den Sängerwechsel also keineswegs in einer Sackgasse angekommen – dass die Band vielmehr durch den geglückten Neustart am Beginn eines zweiten Frühlings stehen dürfte, kann anhand des als Verschnaufpause in der Mitte der Platte neben suchenden Flötenklängen, genügsamen Streichern und jazzigem Ambiente ruhenden Instrumentaltracks ‚Vale‚ nachvollzogen werden: der einzige noch aus den Sessions mit Smith übrig gebliebene Song hängt vergleichsweise ein klein wenig ziellos zwischen den Seilen, wird von dem später entstandene Drumherum mit Pulido am Steuer klar im Rückspiegel gelassen.

Weswegen Midlake den beiden an Geniestreiche grenzenden Glanztaten ‚The Trials of Van Occupanther‚ und (dem gerne unter Wert verkauften) ‚The Courage of Others‚ mit dem gleichzeitig detailreichen ‚Antiphon‚ nicht nur einen durchwegs würdigen Nachfolger schenken, sondern mit ihrem vierten grandiosen Studioalbum in Folge auch pessimistische Erwartungshaltungen überrumpeln, mit einem kraftvollen, kräftig produzierten Lebenszeichen für eine der wahrscheinlich schönsten Überraschungen in Sachen Konsistenz im Musikjahr 2013 sorgen.
I love them all and expect they’ll reach a much higher level of notoriety without me.“ fährt Smith in seinem Trennungsstatement fort. ‚Antiphon‚ kündigt zumindest schon einmal an, dass sich seine Erwartungshaltungen in Zukunft eventuell durchaus erfüllen könnten.

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