Phosphorescent – Muchacho

von am 30. März 2013 in Album

Phosphorescent – Muchacho

Das sechste Phosphorescent-Album verarbeitet wieder vereinzelt-herausregende und so manch gefälliges Geplänkel auf Albumlänge zu einem gelungenen Gesamtwerk, dass sich andere so nicht leisten können. Etwaige Längen stemmt Matthew Houck eben immer wieder mühelos mit seiner berührend-charismatischen Stimme.

Eben diese lenkt auch das facettenreiche ‚Muchacho‚: so wunderschön zerbrechlich und in aller Stille verzweifelnd wie der Mann aus Alabama und Will Oldham-Muterschüler sucht kaum jemand die kleinen Haltepunkte zwischen Americana, Country  und Folk. Was Houck dabei immer noch nicht einsehen will: ihm steht die einsame Hütte im Wald  soviel besser als die auch noch so melancholische Party im Saloon (siehe diesmal etwa: ‚A Charm / A Blade‚). Vielleicht weiß der Amerikaner aber auch selbst nur zu gut, dass er sein intimes Hauptwerk ‚Pride‚ derart kaum übertreffen können wird und musiziert deswegen abermals geschickt und reich instrumentiert um seine Hochphase umher. Dass Phosphorescent-Alben dabei eingangs gerne auf die falsche Fährte führen, daran ändert auch ‚Muchacho‚ nichts.

Die Entwicklung von ‚Muchacho‚ lässt sich dabei anhand des pastoralen, an Fleet Foxes-Choräle gemahnenden Rahmen aus  ‚Sun, Arise! (An Invocation, An Introduction)‚ und ‚Sun’s Arising (A Koan, An Exit)‘ ablesen. Wo letzterer sich in Hall und Folkanleihen gemächlich und klassisch aufzulösen beginn, baut der Opener sein Fundament auf behände flirrenden Keyboardsequenzen, welche die Stoßrichtung des Vorabstücks ‚Song for Zula‚ (wie sich zeigen wird: fälschlicherweise!) weiter untermauert: die knapp sechs Minuten aus kontinuierlich dahinschwebenden, geradezu meditativen  Streichersamples und E-Drums lassen Houck weiter in die Elektronik schielen, als es ‚Muchacho‚ letztendlich tatsächlich tut. Gut, der schlurfende Chaingang-Song ‚Ride On / Right On‚  wäre ohne seine grundlegende Ruhe hinter den funkig stampfenden Bässen wohl etwas für die Waldschrat-Disco, ist dann aber vor allem wieder ein Beispiel für die irritierende Ausgelassenheit, die Phosphorescent-Songs manchmal an den Tag legen glauben zu müssen: dass überall auf der Platte versteckte Hicksen und Jauchzen von Houck im Michael Jackson-Modus konzentriert sich hier in einer unangenehmen Dichte.

Unmittelbar danach aber nimmt ‚Muchacho‚ jedoch die Abzweigung weg von der angepeilten Neuerfindung von Phosphorescent und gibt den Blick auf das seit jeher schlagende Herzen von Houcks Songwriting preis: für die abschließende halbe Stunde hat man es wieder mit einem stilecht aus dem Country kommenden Album zu tun, dass die Handschrift des Wahl-Brooklyners weitestgehnd überzeugend transkribiert. Houck lässt Pedal-Stell-Gitarren und Trompeten und klimpernde Klaviere durch wehmütige Americana-Predigten wehen (‚Terror in the Canyons (The Wounded Master)‚), tanzt kleine Walzerpirouetten zum Südstaaten-Schunkler und lädt für ein breiteres Spektrum nicht nur hier eine kleine Marschkapelle zum schmachten ein. ‚The Quotidian Beasts‚ ist soviel Pop und Ekstase, wie Houck in seinen eindringlich flehenden Alternative-Country packen will, ‚Down to Go‚ sowie ‚A New Anhedonia‚ sind bezaubernde Kleinode mit großem Panorama und weltschwerer Geste. Wenn ‚Sun’s Arising (A Koan, An Exit)‘ dann den neuerlichen Ausflug Houks in die weite Welt beendet, schließt es das sechste Phosphorescent-Album also weitaus weniger außerhalb des bandeigenen Kontextes, als man im Vorfeld annehmen musste. Wirklich schade ist diese Inkonsequenz irgendwo schon, gravierend allerdings freilich nur so lange, bis sich abzeichnet, dass Houk mit der Ausstaffierung der bereits auf ‚Here’s to Taking It Easy‚ eingeführten Akzente trotzdem sein bestes Album seit längerer Zeit gelungen ist.

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