Pinegrove – Marigold

von am 23. Januar 2020 in Album

Pinegrove – Marigold

Durchaus eine kleine Enttäuschung: Pinegrove machen es sich auf ihrem vierten Studioalbum Marigold etwas zu ambitionslos und gefällig zwischen Death Cab for Cutie und Decemberists gemütlich.

Grundlegend hat sich dabei kaum etwas an der so einnehmend zwischen Midwest-Emo, Indie Rock und (stärker als bisher forcierten) Country-Ansätzen pendelnden Sound-Mischung geändert, die Evan Stephens Hall seiner doch relativ unverwechselbar klingenden Band zum zehnjährigen Geburtstag einmal mehr abgerungen hat.
Dass das sympathisch wachsende, auch wunderbar zart und organisch produzierte Marigold nun (entlang der dadurch vorweggenommenen Klasse) jedoch eher ein Gefühl der Zuverlässigkeit erzeugt, als tatsächlich Euphorie zu wecken, ist weniger dieser verinnerlichten Vertrautheit anzukreiden, als anderen Faktoren.

Etwa dem zerfahrenen Albumgrundriss. Das geradezu willkürlich in den Kontext geworfene Spiral etwa bremst praktisch bei Null beginnend als sich langsam aufbauender Wecker den von Dotted Line (einer schwelgenden Sehnsucht, dessen Drums zwar schwer klingen, aber keine Wucht erzeugen können, während der Opener etwas opulenter wächst) aufgebauten Fluß gleich zu Beginn vollkommen unnötig und unmotiviert aus, wirkt wie ein ablenkendes Intermezzo, das als nette Skizze zwar den Ton trifft, aber nicht das Timing.
Am anderen Ende der Platte ist der Titelsong als nachdenklicher Morgentau dagegen eher ein bedächtiges Aufwärmen, denn ein schlüssig veraschiedender Closer. Und weil Hall dazwischen nicht mehr wirklich so emotional packende, aufwühlende Textzeilen oder gar derartige Ausnahmesongs wie noch auf Cardinal (2016) oder auch Skylight (2018) gelingen wollen, entwickelt sich Marigold zwar zu einem veritablen Grower, kann die Erwartungshaltung als solide Unausgegorenheit allerdings eben nicht stemmen.

Das friedvoll in sich gehende The Alarmist ist etwa durchwegs angenehm und die zärtlich gezupfte Anmut von No Drugs eine kontemplative Reinheit, auch wenn ein entspannter Drive die nachdenkliche Nummer mitnimmt. Der lockere Pop von Phase geht optimistisch auf und Hairpin streichelt von seinem unsagbar sanften Beginn weg als wundervolle Ben Gibbard-Rohdiamant bis zu seinem beinahe dramatischen Finale – das mehr denn je im Americana verwurzelte Endless mag Pinegrove zwar ein bisschen in den Quark ziehen, doch bezaubert das dystopische Angel of the Morning-ConClusio auch hier hinten raus zumindest sehr edel. Doch nicht nur dem rockiger ausgelegten Moment fehlt der rohe, impulsivere Biss, während der instrumental perlende Ausklang der Nummer fein einnimmt, aber eben kompositorisch eben auch wahllos aus dem Nichts kommt.
Alcove glimmert leise im Kerzenlicht – doch sobald die Nummer zu schwofen beginnt, endet sie und hat etwas fragmentarisches, nicht zu Ende gedachten, bevor Neighbor ein subtiles Piano durch die Hintertür schummelt, unaufgeregt schunkelnd wärmt, allerdings eben auch stellvertretend für Marigold latent langweilig und schlichtweg uninteressant bleibt – und damit trotz aller Qualitäten immer eine Nuance zu weit in der beliebigen Belanglosigkeit plätschert. Dass man Pinegrove dies nicht einmal wirklich übel nehmen will ist vielleicht auch ein bisschen das Problem einer unverbindlichen Platte.

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