Run The Jewels – Run The Jewels 3

von am 8. Januar 2017 in Album, Heavy Rotation

Run The Jewels – Run The Jewels 3

Run the Jewels zeigen allen bereits erstellten Jahresbestenlisten die lange Nase und biegen 6 Tage vor 2017 – und gut einen Monat vor dem anvisierten physikalischen Veröffentlichungsdatum – mit ihrem dritten Studioalbum um die Ecke: „It’s a christmas fucking miracle!

Gerade auch wenn man bedenkt, dass Killer Mike und El-P in der seit Jänner 2015 anhaltenden Produktionsdauer auch noch Zeit für das irre Meow the Jewels fanden. Das die akribisch konstruierte Albernheit den Fokus der präzise sezierenden Hip Hop-Rammböcke nicht verstellt hat, wird jedoch alleine durch einen Blick auf das Artwork klar: Die Kette ist bei Teil 3 der hippen Leistungsschau fort, die Bandagen ab – was bleibt ist ein glänzendes Juwel, ausführlicher, nachdenklicher und vor allem in der zweiten Plattenhälfte auch ambitionierter in die Breite gehend als die ersten beiden Ausflüge es taten. Folgerichtig ist Run the Jewels 3 tatsächlich das vorläufige Prunkstück der Discografie des Duos, wenn da Killertracks noch und nöcher vom Stapel knallen, die Beats perfekt sitzen und Bernie-Sanders‘ Komplize Killer Mike einmal mehr als furioser Meister seiner Klasse auf dem bisher politischsten und ausführlichsten Album des kongenialen Traumduos präsentiert.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass man das Run the Jewels-Erfolgsrezept mittlerweile eben kennt und manche Passagen so etwas wie hochqualitative Routinearbeit für Killer Mike und El-P darstellen. Weil das nach Hoffnung suchende Down umso furioser in diesen Sog zieht, das pulsierende Talk to Me gegen Trump („Went to war with the Devil and Shaytan/ He wore a bad toupee and a spray tan„) und Faschismus („You think baby Jesus killed Hitler just so I’d whisper?/ When you’re safe and sound and these crooks tap your phone and now have a file on you?„) in den Krieg zieht, Legend Has it von Mike in die Fussstapfen von Blockbuster Night Part 1 getreten wird („Hear what I say, we are the business today/ Fuck shit is finished today (what)/ RT & J, we the new PB & J/ We dropped a classic today (what)„) und der zuckende 90s-Pumper Call Ticketron dem großen El-P-Maul („It’s the Mensch, the myth/ I do push-ups nude on the edge of cliffs“) wie immer die nötigen Taten folgen lässt. Selbstbeweiräucherung ist da schließlich längst Understatement.

In Bumaye gesellen sich ausgerechnet Nischenzauberer Matt Sweeney (!) an der Gitarre sowie der quäckende 2016er-Meister Danny Brown zur Yuppie-Kritik, Don’t Get Captured flimmert düster zwischen seinen Synthies, während das dystopische Thieves! (Screamed The Ghost) auf die melodische Ader von TV on the Radio-Samtstimme Tunde Adebimpe und Pianist Danger Mouse setzt. Ausgerechnet die Election Day-Beruhigung 2100 gibt sich dann gemäßigt, forciert eine entspannte, harmonisch schwelgende Dramatik, bevor das gefinkelte Everybody Stay Calm unterschwellige Nervosität provoziert und Oh Mama den Rockmodus antäuscht: Das Einzugsgebiet der Einflüsse ist mittlerweile eben noch breiter gefächert und vielschichtiger, stets pushend, energiegeladen und dynamisch hinter der brillanten Produktion verschweißt. Weswegen dann auch gleich ein Kamasi Washington seine Jazzbläser über das unaufgeregte Thursday In The Danger Room legt und das epische A Report to the Shareholders / Kill Your Masters (erst selbstreflexif, dann drohend) mit einem zwingenden Zack de la Rocha aufdreht.

War Run the Jewels 1 die vielversprechende Talentprobe und der extrem unterhaltsam die 2014er Best of-Listen adelnde Teil 2 die auf den Putz hauende Machtdemonstration des Duos Killer Mike und El-P, dann ist Run the Jewels der Moment, in dem die beiden ernst machen, ihr Territorium ausweiten und dennoch in die Tiefe gehen. Und natürlich: Knappe 5 Tage konnten da kaum genügen, um Run the Jewels 3 tatsächlich adäquat in unseren Jahrescharts verorten. Kein Dilemma. Denn um zu orakeln, dass sich das Album bis zur 2017er-Ausgabe (im Gegensatz zu den anderen saisonalen Spätstartern wie Yasiin Bey oder Childish Gambino) nicht abnützen und die unmittelbare Euphorie (im Gegensatz zu dem wahlweise/grundsätzlich visionären/katastrophalen The Life of Pablo) langfristig stemmen können wird, dafür muss man sich nicht gerade weit aus dem Fenster lehnen. Zumindest ein Ehrenplatz wird dem nicht wagemutigsten, aber eventuell stärksten Hip Hop Album 2016 sicher sein.

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