Saint Karloff – Interstellar Voodoo

von am 15. November 2019 in Album

Saint Karloff – Interstellar Voodoo

Erst unlängst hat das norwegische Trio seine amerikanischen Kollegen von Devil’s Witches im SplitFormat düpiert, jetzt stecken sie ihr Hoheitsgebiet endgültig vor dem Gros der Konkurrenz ab: Interstellar Voodoo positioniert Saint Karloff wie selbstverständlich als neuen Referenzwert im retro-okkulten Psychedelik-Stoner mit Vintage-Optik.

Dass sich Interstellar Voodoo das Gimmick gönnt, als ein durchgehender, 40 minütiger Track aufzutreten, lenkt dabei zu keinem Zeitpunkt von der eigentlichen Klasse des zweiten Studioalbums der Band aus Oslo ab. Und das, obwohl die Schnittstellen zwischen den Passagen doch erkennbar bleiben, sie gerade in den ersten beiden Dritteln defrPlatte nicht restlos meisterhaft, aber durchaus effektiv die einzelnen Parts ineinanderführen.
Vielleicht ist die Entscheidung Interstellar Voodoo als großes Ganzes auftreten zu lassen aber ohnedies weniger als kreative Entscheidung, denn eher als Statement zum Zeitgeist zu verstehen, wenn der Band durch solche Entscheidungen alleine auf digitalen Weg – abseits der eigenen Bandcamp-Seite – ziemlich viel Kohle verloren geht. Soviel Konsequenz passt dann aber wohl auch zum längst erlangten Szene-Kultstatus, der nahezu die gesamte reguläre physische Auflage des All Heed the Black God-Nachfolgers bereits vorab zum Sammlerstück gemacht hat.
Und was genau die Triebfeder zu diesem Auftreten war, ist letztendlich wohl sowieso egal, wenn das Werk in seiner Gänze so verdammt kurzweilig und entgegenkommend verfliegt, einen starken Part durch den nächsten hochklassigen austauscht und praktisch keinen leeren Meter macht.

Interstellar Voodoo beginnt schwerfällig doomed und drönend, schleppt sich nicht unelegant über Riffkaskade und schwere Rhythmen, verfällt dann aber schnell in einen sexy Groove, der bald zu einer herrlich lockeren Nonchalance findet und mit einer legeren Selbstverständlichkeit aus dem Handgelenk rockt. Saint Karloff flanieren durch die 70s und kredenzen ihre Standards vielleicht nicht restlos eigenständig, aber nahezu makellos beherrscht: Uncle Acid, Witchcraft, Kadavar und auch nur sporadisch auftauchende Genre-Messlaten wie Salem’s Pot – Mads Melvold (Gitarre, Vocals), Ole Sletner (Bass) und Adam Suleiman (Drums) biegen sich die Prüfsteine zurecht.
Spätestens wenn die Nummer nach knapp 6 Minuten in sich geht – nur um umso hirnwütiger galoppierend nach vorne zu eskalieren, dem Temporausch auch nach dem spontanen Exzess noch die Sporen zu geben. Saint Karloff treiben energisch über den organischen Sound, die knackig-trockene Rhythmusarbeit und die herrlich drückend pressende Gitarren. Das schiebt so knackig und schmissig, dass die Dynamik und der Spielwitz bereits hier einen ersten hemmungslos jammenden Klimax erreichen, der so auch noch die doppelte Spielzeit andauern hätte können, weil er viel Suchtpotential, aber keine Ermüdungserscheinungen zu kennen scheint.

Der (auch später immer wieder praktizierte) Rückfall in das einleitende Motiv ist nach 12 Minuten deswegen auch eher als Bindeglied zu verstehen. Schließlich nimmt die Band das Tempo nahezu vollends raus, schwelgt über sinnierendere Gitarren in einem atmosphärischen Melodiereigen, der erst langsam wieder beginnt seine Spannungen anzuziehen, dann bluesig ins Rollen kommt und zurückgelehnt stompend marschiert. Irgendwann werfen die drei Norweger ihr ganzes beschwörendes Gewicht dringlich anrührend in die Waagschale – die folgende Abfahrt ist dann fast schon relaxte Kür dieser Standortbestimmung, in der sich die Gitarren brüderlich duellieren dürfen.
Überhaupt steigt nun die Kohärenz der Übergänge. Die neuerliche Rückkehr in den Heavy Doom gelingt homogen und smart, auch wenn man kurz nachjustieren muss: Interstellar Voodoo flaniert nun durch den Proto-Metal wie Graveyard in ihren besten Tagen, doch das genügt nicht. Eine Salsa- und Rumba- artige Percussion bringt frischen Wind in die Szenarie, breitet sich erst langsam aus und leitet dann in einen progressiv köchelnden Tänzer über, der soulig orgelnd bis zu den Allman Brothers reicht – und über eine finale Deklination des Grundthemas mit zusammengebissenen Zähnen bis zum Stoner Rock von John Garcia und Kyuss schielt.
Dass die Platte auf die letzten Meter kein spektakuläres Finale mehr erzwingt, sondern den natürlichen Fluß folgend eher ein kurzes abschließendes Schaulaufen veranstaltet, bevor sie sich ambient und kontemplativ selbst in den folkigen Äther hypnotisiert, passt durchaus: Saint Karloff haben kein Auge auf billige Sensationsgier, zu plakative Tropen oder den effekthaschenden Augenblick geworfen.

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