Sleppy Sun – Spine Hits

von am 16. April 2012 in Album

Sleppy Sun – Spine Hits

Ist es das größte Kompliment, das man der dritten Sleepy Sun Platte machen kann, wenn man ihr zugesteht, dass man das riesengroße Loch, das in ihrer Brust klaffen musste kaum wahrnimmt?

Da kann man noch so lange auf den Einsatz der elfenhaften Samtstimme Rachel Fannans warten: Auf ‚Spine Hits‚ schmiegt sich diese nicht mehr in die immer noch fein dafür ausgeschliffenen Passagen, die der nunmehr vorbehaltlos als Bandkopf anzuerkennende Bret Constantino nicht selbst mit Kopfstimme als sein eigener Duettpartner schließen will. Dass die hier versammelten Songs Titel wie ‚She Rex‚, ‚Deep War‚, ‚Martyr`s Mantra‚ oder ‚Still Breathing‚ tragen, ist angesichts der unschönen Trennungsschmerzen wohl nur logisch, die der Disput zwischen den Galionsfiguren Fannan und Constantino hervorrief – was schlussendlich in einer Solokarriere und der potenziell kanalisierten Sleepy Sun Vision des Frontmannes mündete. Inwiefern es die bisherige Discographie der Band verklärt, dass ‚Spine Hits‚ sich hinsichtlich seiner Zusammensetzung nur in Nuancen der Ausgewogenheit von seinen Vorgängern unterscheidet, darf dann jeder für sich selbst entscheiden.

Die Stimmung hinter dem dritten Studioalbum  ist eine dezent kantigere, drückendere. Wo sich die harmonischen Gesangslinien immer noch geschmeidig an Folk und Rock schmiegen, tritt die psychedelische Schlagseite der Band deutlich zurück, mit den 70s Anleihen in ihrem Repertoire haben Sleepy Sun schon weniger geliebäugelt. ‚Stivey Pond‚ ließe seine Gitarre nur zu gerne breitbeinig spielend passieren, Constantino hangelt sich vom rauchigen Part bis in den flirrenden Wohlklang, der Fannagan so gut gestanden hätte: Das Songwriting hat den Abnabelungsprozess jedenfalls noch nicht vollends aus dem Kopf bekommen. Dann schon lieber die Gitarrenriffs etwas ausbalancieren. Deswegen schwimmt nicht nur während ‚She Rex‚ immer wieder diese Stoner-Rock Schwüle in den anschmiegsamen Kompositionen mit. Kein Wunder eigentlich, hat mit Dave Catching doch ein Alteingesessener produziert, der schon bei der Wüstengang um die Queens of the Stone Age ordentlich mitgemischt hat und vor allem ‚V.O.G.‘ ein so unverkennbar jammerndes Saiteninstrument spendiert, wie Josh Homme es für gewöhnlich zu spielen pflegt.

Dem gegenüber stehen Ruhepole wie driftende ‚Sioxsie Blaqq‚, die sich durch Nebelschwaden knuddeln; ein ‚Creature‚, das sich selbst Kalt und Warm gibt; die erhaben, langsam in Fahrt kommende Sehnsuchtsorgie ‚Boat Trip‚. Der Knackpunkt, wenn ‚Still Breathing‚ vom wabbernden Shoegaze zum melancholischen Mundharmonikatrauerklos mutiert: Momente, die die Sonne über dem Folkrock aufgeghen lassen.
Letztendlich bleiben Sleepy Sun nämlich auch ohne Fannan eine unheimlich zärtliche Rockband, eine geschickt aggressive Folkband, eine außerordenlich leidenschaftliche Band. Die wenigst impulsiven Momente von Led Zeppelin, die aufgeregtesten der Bowerbirds bilden da immer noch Anhaltspunkte, auch wenn die Reise nicht mehr immer Acid getränkt aus dem Wald direkt in den Weltraum geht. Sleepy Sun haben ihr geerdestes Album aufgenommen, tatsächlich eine Annäherung an etwas wie eine kleine Hitsammlung. Doch funktionieren die Songs für sich genommen auch allesamt einwandfrei, wollen diese erst im letzten Drittel wirklich zusammenwachsen. ‚Spine Hits‚ vermisst die psychedelischen Überlängen wie ‚Marine‚ oder ‚White Dove‚ natürlich, tatsächlich fehlt jedoch schlicht an der undefinierbaren Prise Magie, dem gewissen Etwas, das ‚Embrace‚ und ‚Fever‚ letztendlich ausmachte. Sleepy Sun geraten dadurch unverhohlen in Bedrängnis: Constantino und seine Band haben alles richtig gemacht, was sie richtig machen konnten und unterschreiten die Erwartungshaltung doch erstmals. Das Loch in der Brust übersieht man schon mal – weil auch der Rest vom Körper dezent strauchelt.

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