Sons of Noel and Adrian – Knots

von am 7. Juni 2012 in Album, Heavy Rotation

Sons of Noel and Adrian – Knots

Aus dem Dunstkreis des Willkommen Collectives aus Brighton formieren sich abermals ein gutes Dutzend Musiker um Jacob Richardson zu den Sons of Noel and Adrian, um beklemmend schwermütigen Folkmonstren einen Platz am wärmenden Kamin in der heimeligen Stube anzubieten.

Lange hat es offenbar für den zwölf Köpfe umfassenden Haufen gedauert, um zwischen all den Stammbands wie The Miserable Rich, The Leisure Society oder Laura Marlings Tourband und den ausgiebigen Tourneen einen gemeinsamen Termin finden zu können, um das Quasi-Allstar-Projekt Sons of Noel and Adrian abseits auf Albumlänge im Studio zu sammeln. Die vier Jahre, die seit dem selbstbetitelten Debütvergangen sind, spiegeln sich jedoch kaum merklich auf ‚Knots‚ wider. Tatsächlich ist auch das zweite Album der Engländer geprägt von reichhaltig instrumentiertem Folk(rock), der sich spärlich inszeniert ausgibt, tatsächlich aber zwischen Harfe und Akkordeon das gesamte Programm auffährt während man mit Postrock liebäugeln würde, hätte er sein Herz nicht bereits an herrlich unmodern daherkommende Kammermusikansätze verschenkt. Die Gitarren, sie werden beinahe immer noch nur gezupft, weil Sons of Noel and Adrian die meiste Zeit ohnedies zu schwermütig klingen, um sich bis zum nächsten Akkord schleppen zu können, wenn nicht die immer so melancholisch gedrückte Baritonstimme von Richardson die ausladenden Kompositionen stemmen würde. Sucht man stichhaltige Veränderungen zu ‚Sons of Noel and Adrian‚ von 2008, dann findet man sie 2012 vordergründig eher im „Wie“ und nur marginal im „Was“.

Das Kollektiv hat am Songwriting gefeilt, den eigentümlichen Stilmix weiter perfektioniert. Die niederschlagenden Momente, denen Sons of Noel and Adrian so gerne huldigen, sie suhlen sich diesmal noch erhabener im Schwermut; die lichten Momente hingegen, sie verströmen ihre subtile Freude an kleinen Hoffnungsschimmern mittlerweile beinahe niederschmetternd. ‚Knots‚ funktioniert dabei noch kompakter und schlüssiger als sein Vorgänger, neunmal verhaftet sich das Zweitwerk nicht nur am verheißungsvollen Einzelsong, sondern absolut zwingend am Gesamtkozept, spart jegliche Längen aus. Sons of Noel and Adrian tauchen in bekannte Gewässern, entfalten dank leicht verschobener Perspektiven jedoch neue Erfahrungswelten mit etablierter  Atmosphäre und Intensität. Wenn sich im abschließenden ‚Heroine‚ die Schleier lüften, nachdem Sons of Noel and Adrian erst sorgsam Gitarren über mühselig arbeitende Klavierakkorde zu schichten begonnen haben um plötzlich vollends nackt den engelhaften Damengesang, der Richardson ansonsten unterschwellig umgarnt in die Auslage zu stellen, merkt man erst, wieviel da in der vergangenen Dreiviertelstunde eigentlich permanent passiert ist.

Weil ‚Knots‚ viel epochaler funktioniert, als es anfangs den Anschein hat, sich viel mehr Lagen aufbürdet, als die trotz ihrer Schwere unbeeindruckt dahinfließenden Songs zuerst vermitteln. Da schraubt sich etwa ein ‚Come Run Fun Stella Baby Mother Of The World‚ über seine gutmütig einsamen Banjoakkorde zu Beginn über die im Hintergrund werkelnden Beirut’schen Unheilsbläser und Hammond-Orgelklänge ohne Aufsehen schnell zur ungemütlich-strukturierten Kakophonie hinauf. Wo der Pressetext von einer Dunkelheit schwärmt, die von Liars oder Capt. Beefheart geborgt sein soll. Viel eher verstören Momente wie diese jedoch in der Tradition der ersten I Like Trains Kompositionen, geben sich als mystische Wald-Variante jeglicher Modernität, nicht unweit davon campiert Will Oldham. Dem gefiele eine solch abgründige Schönheit wie ‚Jellyfish Bloom‚, mit seinen majestätischen Streichern und verzweifelten Texten wohl besonders gut, während ein ‚Big Bad Bold‚ sich mit dem von heftigen Tribal-Drums in den Drone mitgeschliffene Sixteen Horsepower-Country im Finale eher an exotischen Experimentalweltmusikkombos wie den Master Musicians of Bukkake anlehnt. Ausschließlich nach sich selbst klingen Sons of Noel and Adrian hingegen nicht zuletzt dann, wenn ‚Leaving Mary’s Hand‚ und ‚Cathy Come Home‚ optimistisch vor sich herpfeifen, während am Horizont bereits bedrohliche Streicherwolken aufzuziehen beginnen und die Apokalypse verheißen.

In diesen Momenten destilliert ‚Knots‚ die Essenz einer ungemütlichen Großformation beinahe beängstigend konsequent, der Spagat zwischen eindringlicher Zurückgezogenheit und dicht bespieltem Breitwandformat, zwischen einsamer Psychedelika und ausladender Opulenz, sogar zwischen abschreckender Drohgebärde und reiner Herzlichkeit gelingt dem Mutterschiff des Willkommen Collectives beeindruckend makellos und eingenständig nah am Paradoxon, unheimlich angreifbar und verletzlich zu wirken, während man tatsächlich mit einer Streitmacht durch die Folkrocklandschaft reitet.

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