The Armed – Ultrapop

von am 10. April 2021 in Album

The Armed – Ultrapop

Ultrapop ist, wenn man trotzdem mosht: The Armed streben hinter dem seinem Inhalt titeltechnisch treffsicherst beschreibenden vierten Studioalbum die Weltherrschaft an.

Der mutmaßlich seit jeher auch jenseits der Gästeliste von arrivierten Szenelegenden gestemmte (hinsichtlich der personellen Aufstellung trotz mittlerweile in die Auslage gestellter hipper Körper jedoch mysteriös und teilanonym bleibende) Aufguss aus elektroslammenden Synth-Hardcore-Noise-Punk-Mathcore-Versatzstücken schließt seine Transformation gewissermaßen ab und ist 39 Minuten lang das, was der AlbumTitel verspricht: Ultrapop.
Eine klare Antwort auf die Frage, ob The Armed dabei die Konventionen des Mainstream mit einer muskulös in Neonfarben stilisierten Übersteigerung der Identifikation unterwandern wollen, ob sie gar auf eine simulierte Persiflage deren Manierismen sind (eher nicht, schätzungsweise), oder das Gesicht der exzessiven, hedonistischen Metal-Ausprägung der Chart-Maschine sein wollen, bleibt dabei offen, ist aber auch deswegen sekundär, weil Ultrapop ungeachtet dieser potentiellen Intentionen phasenweise ohnedies nur bedingt funktioniert.

Die (eigentlich schon pseudo-) chaotische Spielwiese zeigt schließlich immer wieder eine zu durchsichtige Frontalität ohne mehrere Ebenen, vieles bleibt hinter der auf Aufregung und Stress gebürsteten Inszenierung im Grunde relativ bissfertig und kaum herausfordernd, trotz der (eben nur theoretisch vorhandenen) mutmaßlichen Doppelbödigkeit. Gerade ein An Iteration oder das die Essenz von Melt-Banana mit der Patina von Cave-In kreuzende Big Shell sind etwa auch mit Sperrfeuer drumherum verdammt straighte, geradezu konservativ gestrickte und so simpel wie effektiv strukturierte Eingängigkeiten, die abseits der durch den Radau kontrastierten Erscheinungsform so catchy wie reibungslos ausgelegt kaum Nachhaltigkeit zeigen, und praktisch nach wenigen Durchgängen jeglichen Reiz verloren haben.

Jenseits des Gestus und Backgroundes verfällt Ultrapop also gelegentlich einer Style over Substance-Attitüde, folgt dem Bellende-und-beißende-Hunde-Prinzip nach den Regeln des Spiels und provoziert keine Eskalation oder (je nach Sozialisierung der Hörerschaft freilich) kaum Herausforderungen, die erarbeitet werden wollen. Die Signaturen von The Armed radikal wie nie in den Pop verrückend fühlen sich die zwölf Songs dennoch stets ein wenig an, als gälte es einen Konsens anzubieten.
Dabei agiert die Band vielleicht nicht so interessant, wie sie sie es gerne täte, und ein bisschen ist das praktizierte Bodybuilding schon ein stimmig stilisiertes Sinnbild für die auf die Funktionalität der Oberfläche ausgerichtete Ästhetik der Platte, doch bleiben The Armed authentisch in dem was sie tun, machen mit ihren catchy Ohrwürmern schlichtweg kurzweiligen Spaß und nutzen das fetzige Momentum.

Der Titelsong unterspült subkutan wummernde Elektronik mit perlendem, ätherisch entrücktem Dream Pop und wiegt sich später harmonisch in seine fräsenden Störgeräusche, während All Futures wie funkelnder Hardcore auf der Regenbogenstrecke wütet, mit Hooks aus Kerosin – als würden Death from Above 1979 die Synthies von St. Vincent zum Cyber-Punkrock entführen. Masunaga Vapors nutzt seine Synapseneskalation dagegen um im Temporausch vorzuführen, wie der Mathcore von Horse the Band oder Genghis Tron klingen hätten können, wenn die zwei prägenden Idole der Band jemals in der Populärkultur angekommen wären. Die Duracelldrums in A Life So Wonderful hetzen einen tollen Rocksong leidenschaft beschwörend, pendeln zwischen Singalong mit Noise-Kante und keifend-fauchendem Screamo, die Gitarren jubilieren freidrehend.

Das rhythmisch so hyperaktiv-hibbelig zerhackte Average Death verträumt Endorphine, das rasante Faith in Medication zündet nicht auf die ersten Sekunden, kämpft dafür aber auch mit weniger Abnutzung, wo Real Folk Blues seine Belanglosigkeit bei allem inszenatorischen Feuerwerk nicht verbergen kann. Where Man Knows Want stampft und faucht auf Speed, sucht seinen Adrenalinrausch erst in der Geschwindigkeit und entschleunigten Schüben, während Bad Selection den Spagat zwischen dem, was ein aufgedrehter Greg Puciato-EDM-Remix-Singalong und eine schunkelnde Popballade sein könnte, mühelos schafft, bevor The Music Becomes a Skull andächtig am zerfressenes Noise polternd mit pastoral beschwörender Geste einen schönen Abschluss des Rahmens bildet – letztendlich alles halb so wild hier.

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