The Darkness – Pinewood Smile

von am 23. Oktober 2017 in Album

The Darkness – Pinewood Smile

And we’re never gonna stop/ Shitting out solid gold„. Stimmt so halbwegs – Pinewood Smile ist immerhin das nächste überdurchschnittlich souveräne The Darkness-Album zwischen Heavy-, Classic, Spandex- und Glamrock.

Natürlich übertreiben es die Briten im eingangs zitierten Song – Solid Gold, ein extrem routiniert das Tempo drosselnder, breitbeiniger Hardrock Song mit nostalgischem Pre-Chorus und AC/DC in der DNA – mit ihrem augenzwinkernden Hang zur Megalomanie ansatzlos, aber das gehört zum Programm: „We’re gonna blow people’s fucking heads off/ People gonna shit themselves/ Crying out for more/ Caution, wet floor/…/ We are legends/ With a power that you can’t deny/ We’re immortal/ ‚Cause these songs will never die„.
Und klar: derart geil ist Pinewood Smile freilich nicht; sind The Darkness generell nicht mehr (zumindest was das unkontrollierte Entleeren von Körperflüssigkeiten angeht). Ernst nehmen sollte man die Bande um die wieder virtuos auftrumpfenden Hawkins-Brüder nichtsdestotrotz.

Was schließlich nur zu gerne übersehen wird, weil sich eben jede Veröffentlichung der Band undankbarerweise am außer Reichweite liegenden, überragenden Debüt Permission to Land sowie dem charmant größenwahnsinnigen Nachfolger One Way Ticket to Hell …and Back messen lassen muss: The Darkness liefern rund um altbekannten Trademarks (etwa: spitze Gesangslinien, himmelstrebende Stadiongesten, das selbstironische Abfeiern jedweder Genreklischees und ein Händchen für hymnische Refrains und catchy Riffs) ein ums andere Mal anstandslos ab, finden das Spektakel längst in der Zuverlässigkeit. Scheißegal ob die halbvolle Arena nur die alten Hits hören möchte.
Auch Pinewood Smile lässt die Dinge diesbezüglich nicht schleifen und füllt die The Darkness’sche Discografie beinahe lückenlos mit zehn neuen Standards über dem Gros der Genre-Konkurrenz auf. Mehr noch sogar. Im Grunde macht Studioalbum Nummer Fünf – das erste mit Roger Taylor-Sohn Rufus Tiger an den Drums, aber schon das fünfte mit schier unendlichen Queen-Verweisen – seine Sache sogar noch einmal um das Quäntchen besser als die beiden tollen Comeback-Vorgänger Hot Cakes und Last of Our Kind.
Vielleicht, weil der stärker denn je forcierte humoristische Anteil diesmal auch wieder für mehr poppige Leichtigkeit im Sound sorgt; vielleicht, weil die Melodien grundsätzlich wieder etwas griffiger und eingängiger geworden sind.

Gleich das Thin Lizzy-verrückte und mit superbilligem Brechstangen-Comedy-Video versehene All the Pretty Girls lässt als Tribut an mehrere Generationen an Groupies ordentlich Dampf ab, rockt über seinen körperbewussten Bass sowie das treibende Schlagzeug nach vorne und geht bereits wie praktisch jede der noch folgenden Nummern in einem schwindelerregend an Bord holenden Refrain auf. Überhaupt: Wie effektiv diese Band auf den Punkt kommt: Hawkins heult wie ein liebestoller Windhund, während The Darkness genug Variationen einstreuen, um nie stupide oder mit zu strengen Scheuklappen zu arbeiten, aber ihr zumeist auf direktem Weg angeflirtetes Ziel nie aus den Augen verlieren.
Das ein wenig zu lange ausgewalzte, in explosiven Schüben galoppierende Buccaneers of Hispaniola zeigt Muskeln, Southern Trains macht die aufgedrehte Highway-Hatz mit prollig-spaßigen Gangshout-Backingvocals und atemberaubend flitzenden Gitarren. Japanese Prisoner of Love rifft später sogar geradezu metallisch hart, bevor sich die legere Saitenakrobatik über nachdenkliche Passagen zu einer jubilierenden Schwülstigkeit aufschwingt, die dem allgegenwärtigen Erbe von May, Mercury und Co. wohl am deutlichsten Rosen streut.

Neben seinen die Fäuste ballenden, live schweißtreibend abgehen werdenden Momenten trumpft Pinewood Smile allerdings auch immer wieder mit dem Raum für theatralische Feuerzeug-Meere auf. Die entspannt-zurückgelehnte Romantik der Powerballade Why Dont the Beautiful Cry? könnte entwaffnend klingen, wenn die Band beinahe einfühlsam wird. „Why don’t the beautiful cry?/ It’s only in the movies, it’s never in real life/ Why don’t the beautiful cry?/ I wish I wasn’t ugly, on the outside/ But I am ugly“ zwitschert Hawkins und schwebt über ein lockerleichtes Solo in schwelgende Harmonien. Das könnte sogar zu schön sein, um Parodie sein zu müssen, doch leider wird jeder Ansatz von Kitsch und Pathos permanent mit penetrantem Witz und Ironie gebrochen. So fehlen Pinewood Smile dann doch jene Szenen, in denen das Entertainment den Klamauk eine klare Absage erteilt, sich die Songs ihren Emotionen auch einmal so hemmungslos und authentisch ausliefern, wie es etwa ein Love is Only a Feeling tat.
Derartige Geniestreiche können The Darkness (auch aufgrund der keineswegs immer knackig und wuchtig genug auftretenden Produktion) nicht mehr erzwingen, jedoch bleibt Pinewood Smile auch so mittelfristig noch besser hängen, als man es ohnedies erwarten konnte – natürlich auch gerade deswegen, weil hier so vieles schlichtweg rundum unbekümmerten Spaß macht: Das packende Element des so sehr aus dem Hüftgelenk geschüttelten, wohlingend mäandernden Lay Down With Me, Barbara („Who needs moonlight? Moonlight’s rubbish anyway“, ha!) etwa, der rundum lässige Chorus von I Wish I Was In Heaven oder das krönende Stampede of Love als folkiger Beatles-Tribut mit Akustikgitarren, geerdetem Wechselgesang, umarmender Geste und absurd böllerndem Appendix, der The Darkness endgültig über seriöse Maße hinausschießend als Missing Link zu Tenacious D positioniert.

Das sind dann im nahezu ausfallfreien Fluss (nur Happiness übertreibt es mit seiner zugänglichen Sommer-Poppunkigkeit und bleibt ermüdend flach – da wäre der Bonustrack Seagulls die bessere Wahl für die reguläre Trackliste gewesen) vielleicht allesamt keine unbedingten Evergreens für die Unsterblichkeit, aber eben doch reihenweise catchy Ohrwürmer mit routinierter Halbwertszeit, zukünftige Konzert-Garanten mit einer kompositorisch so überzeugenden Substanz, von der anachronistische Kollegen wie Wolfmother längst nur noch träumen können.
Dass The Darkness zudem schlau genug sind, Pinewood Smile in knackig-kurzweiligen 37 Minuten in die Zufriedenheit zu treiben, kommt dem motiviert abwechslungsreichen Songwriting und der kraftvollen Performance zusätzlich entgegen, unterstreicht gleichzeitig aber auch den schnörkellos-langen Atem des Quartetts – denn wer hätte knappe eineinhalb Dekaden nach dem Debüt (und immerhin fünf Jahre nach dem Platten-Comeback) wirklich damit gerechnet, dass man sich weiterhin über neue Platten der Band freuen kann?
Kein Wunder also, dass die Engländer bereits am exorbitant hässlichen Artwork gut lachen haben: Dieser Witz ist eben zum fünften Mal weitestgehend pointiert erzählt und geht niemals auf Kosten von The Darkness.

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