The Fratellis – Half Drunk Under a Full Moon

von am 25. März 2021 in Album

The Fratellis – Half Drunk Under a Full Moon

Tatsächlich so sinn- und gehaltvoll wie ein halber Suff: Auch auf dem vierte Album nach der Reunion spielen die Fratellis ihren barock angereicherten Poprock ohne Ecken und Kanten, klangen aber vielleicht noch nie so beliebig wie auf Half Drunk Under a Full Moon.

Weitestgehend alles beim Alten bei den Schotten also, wenn die besseren Nummern der Platte (wie dem, bis zu seinem unnötigen Animations-Zwischenspiel trägen und ganz netten, symptomatisch mit kammermusikalischer Opulenz zugekleisterten Opener und Titelsong) noch bemüht nach billigem Fernsehgarten oder in die Jahre gekommenem, den eigenen Heydays hinterherschlurfenden Jahrmarkt klingen, in Strangers in the Street ästhetisch die weihnachtliche Schmalz-Besinnlichkeit sogar noch näher ist, während man einem Song wie dem ereignislosen Closer Hello Stranger für seine vollständige Irrelevanz schon beinahe dankbar ist – immerhin lassen die Fratellis hier glücklicherweise zumindest die Brechnstange im Schrank.

Schließlich drangsaliert die Band die geflogene Eingängigkeit ihrer simplen Kompositionen (die sich diesmal in erster Linie am Sound orientiert haben wollen, nicht am Inhalt – tatsächlich aber mit selbstverständlicher eingesetztem Schnickschnack rundum typisch, nur orchestral aufgeblähter anmuten) in ihrem Hang zur sofort wieder vergessenen Vergänglichkeit diesmal nicht nur mit gewohnt durchsichtigen Refrains, die bis zum penetranten Erbrechen wiederholt werden, sondern inszeniert die keinerlei Herausforderung suchenden Melodien in der Performance und den Arrangements auch mit einer solch belanglosen Austauschbarkeit, dass die Egalität ein erstaunlich ermüdendes Nervpotential entfaltet.
Wenig tut hier vielleicht weh, ist geschmacklos bis zum Afront, aber alles ist so verdammt seicht und findet nicht und nicht und nicht zum Punkt, so dass dieser MO schlichtweg auslaugend ist. Dass alle Emotionen zudem reiner Kitsch sind, tut sein übriges.

Schwer zu sagen also, ob es anstrengender ist, sich vom unerträglichen Action Replay als tranig mit Synthies zugekleisterte Weichspühl-Ballade belästigen zu lassen, die sich in beiläufiger Aufdringlichkeit gefühltermaßen ewig zieht, ohne jemals zuzupacken, vom harmlosen Schlager The Last Songbird, oder von einem Six Days in June, dessen seelenlosen, repetitiven Bläser und später auch gniedelnden Gitarren  mit stompenden Beat eine ausgelassene Stimmung mit dem Vorschlaghammer imitieren wollen, tatsächlich aber viel zu wenig Energie und Enthusiasmus für die anvisierte Revue-Party besitzen.
Eventuell wäre es ja einmal eine für ein wenig Spannung sorgende Idee, den angestammten Produzenten Tony Hoffer zu wechseln, damit Beipackzettel-Sätze wie „On the last record we broadened our sound by trying out new ideas, all of which I think worked. With this album, the plan was to push those ideas even further“ keine überhöhten Phrasen der Komfortzone bleiben.

Und während man sich mangels Nachhaltigkeit fragt, was an den eigenschaftslosen Charaktere von In Your Own Sweet Time so interessant gewesen sein mag, dass man ihnen nun auf (dem pandemiebedingt verschobenen und verschobenen und dann doch wieder vorgezogenen) Half Drunk Under a Full Moon unbedingt noch einmal begegnen musste, ist es einfach nur dreist, wenn Need a Little Love kurzerhand Across the Universe von den Beatles adaptiert und mit den Gimme Gimme Gimme-Streichern von ABBA ausschmückt, oder Lay Your Body Down aus dem Jesus of Suburbia-Segment Dearly Beloved kurzerhand eine eigene Bagatelle von einem sseudo-bewegenden Song aufbläht.
Denn das sind die Momente, die sich mit fremden Federn schmückend assoziativ vorgaukeln, dass die penetrant bocklangweilig gewordenen Fratellis ihr Gespür für spaßige Ohrwürmer und potentielle Hits nicht bereits längst zu einem Gutteil verloren hätten.

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