The Futureheads – Powers

von am 1. September 2019 in Album

The Futureheads – Powers

Es erscheint zwar nachvollziehbar, weswegen die Futureheads für Powers nach sieben Jahren aus der Versenkung zurückkehren. Trotzdem könnte das Quartett hierfür auch einfach den falschen Zeitpunkt erwischt haben.

Das leidlich inspirierte, aber durchaus sympathische Acapella-Album Rant – welches immerhin nicht nur das große (gesangliche) Alleinstellungsmerkmal der Futureheads auf ein Podest hob, sondern ohnedies mit einem Bein in der Werkschau stehend auch in Erinnerung rief, dass nach dem vor Energie nur so übersprudelnden Debüt im Grunde bis auf ein paar wenige Ausreißer nach oben auch schon wieder die gravierendste Luft bei der Band aus Sunderland raus war – war rückblickend womöglich doch der ideale Zeitpunkt für den Schlussstrich.
Einen, den die Futureheads so 2013 zwar auch tatsächlich zogen – allerdings nur, um ihn fünf Jahre später wieder zu revidieren. Und nun eben mit dem insgesamt sechstes Studioalbum über ein ambivalentes, letztendlich aber nur bedingt essentielles Comebackwerk in ihr zweites Leben zu starten.

Dass die Substanz und das Potential dafür grundlegend absolut vorhanden wären, zeigen die besten Szenen von Powers ohne große Umschweife. Das toll-dramatisch umwundende Jekyll ist ein zwingender Start mit Ecken und Kanten, catchy und zackig; das Richtung Art Brut rezitierende Across the Border packt einen potenten Refrain zum Mitmachen aus, 07:04 zelebriert einen feierlichen Grundton beinahe erhebend und das feine, wavige Electric Shock hat nicht nur latente Stranger Things-Vibes und ein Gitarrensolo, sondern auch eine gehörige Portion Enthusiasmus.
Im kompakt getrieben nach vorne gehenden Headcase lässt sich dann gar die überschwängliche Sturm-und-Drang-Energie und erkennen, die die Futureheads für einen kurzen Moment in eine Riege hob mit Maxïmo Park, Bloc Party und Editors, sicher aber The Rakes, We Are Scientists, ¡Forward, Russia! und wie die Alumni-Kollegen zu Beginn des Jahrhunderts in England alle hießen.

Schade nur, dass dies der einzig derartig unbedingt mitreißende Ausbruch bleibt und Powers abseits seiner vereinzelten Highlights und nach einer nichtsdestotrotz erstaunlich unterhaltsamen ersten Hälfte zu oft in einen trägen Autopilot schaltet, dem trotz flotter Gangart jene spritzige Dringlichkeit und Dynamik fehlt, in der sich jeder gegenseitig überholen will, wodurch dem vom Post Punk-Revival ausgehenden Indierock das letzte Quäntchen impulsive Leidenschaft und sprühende Funken abgeht.
Das eingängige Good Night Out etwa ist an sich eine so geschickt wie sicher für das Formatradio konzipierte Single, doch die Performance geschieht ohne Feuer und die eingestreuten „Ohohoo“s verkommen zum routinierten Alibi nach Punkrock-Muster, bevor sich die Nummer hinten raus durch ihre ständigen Wiederholungen enervierend in die Länge zieht. Allerdings schmissiger als das ähnlich hängen bleibende, rundum solide Animus oder statt des Exzesses in die latente Langeweile plätschernde, melancholisch gemeinte Stranger in a New Town.

Trotzdem: Könnte die Band das Niveau dieser Phase halten, wäre Powers trotz noch etwas eingerostetem Handwerk rein kompositionell ein noch erfreulicheres Comeback, als es ohnedies ist – nur gelingt das den Futureheads eben leider nicht, das Gros läuft danach beiläufig rockend vorbei. Man wünscht sich förmlich, dass Songs wie Idle Hands ein bisschen kompromissloser in die Mangel genommen wären, während das schöne Don’t Look Now ruhig noch verträumter ausfallen hätte dürfen.
Wirklich in die Hose geht nur das katastrophal plumpe, schief neben der Spur liegende und praktisch unmittelbar nervende Listen, Little Man! Ein Totalsusfall, neben dem eindruckslos ihr Programm abspulende Routinearbeiten wie das leider ohne Pointe auftrumpfende, dabei so lange aufgebaute Mortals umso anstandsloser der Vergessenheit anheim fallen.
Insofern muss man sich auch gar nicht notwendigerweise entscheiden, ob man sich frustriert darüber ärgern soll, dass The Futureheads Powers aufgrund seines Auftretens ohne die jugendliche, tja, Power unter der Haube ein wenig unter Wert verkaufen müssen – oder dass dem Quartett hiermit aufgrund der herausragenden Momente nichtsdestotrotz seine (abgesehen vom grandiosen Area) wohl beste Veröffentlichung seit dem Debüt gelingt. Die Bewertung erfolgt zwischen den Punkten liegend deswegen auch guten Gewissens mit niemals aus der Mode kommender Fanbrille.

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