The King Blues – Long Live The Struggle

von am 10. Juli 2012 in Album

The King Blues – Long Live The Struggle

Die Stilmixer von The King Blues verabschieden sich mit ‚Long Live The Struggle‚ von der Bildfläche. Der Weg führt weiter hinein ins Formatradio, sogar in den triefenden Pop – einen ähnlichen Sauhaufen haben die Engländer allerdings noch nicht abgeliefert.

Darauf angelegt, all ihre musikalischen Vorlieben möglichst homogen unter einen Hut zu bringen, das haben The King Blues aus London noch nie. Punk, Soul, Raggae, Hardcore, Folk und Ska; die Jungspunde haben auf vier Alben in sechs Jahren jede erdenkliche Genresau durch den bandeigenen Schmelztiegel getrieben und irgendwie ist die Rechnung immer irgendwie aufgegangen, mal besser, mal schlechter, zuletzt (auf ‚Punk & Poetry‚) sogar durchgängig fantastisch. Ausgerechnet beim letzten Mal vor (mittlerweile auch schon nach) dem längst angekündigten Hiatus haben Cockneyakzentträger Jonny ‚Itch‚ Fox und seine längst ehemaligen Kumpels jedoch einen genüsslich zwischen den Stilen brandschatzenden Ritt auf den Nerven zustande gebracht, der den zuletzt eingeschlagenen Weg bedingungslos fortsetzt – und sich selbst dabei Lügen straft: was sie hiermit sähen, werden The King Blues nicht mehr ernten.

Wasted Words‚ und ‚This Is My Home‚ treten mit ihren weiblichen Schmalzgesängen in den Refrains geradezu genüsslich über die Schmerzgrenze, ‚Modern Life Has Let Me Down‚ mit seinen Bratgitarren und anbiedernden Radiorefrain ebenso: hier gehen The King Blues erstmals richtig anstrengend mit tranigen Wegwerfpop hausieren, für den mancher Fernsehgartenbesucher beschämt den Kopf senken würde. Da wirkt sogar der schmalzige Streicherunsinn den die Punker um ‚Walking Away‚ herum aufbauschen vernünftig. Derartig simpel, wie sie ‚Tear Us Apart‚ als gemütlichen Raggae angehen oder ‚We Are What We Own‚ als gutmütig schunkelnden Poprock inszenieren, fahren sie ohnedies nur selten – siehe als mahnendes Beispiel den vollends aus dem Ruder laufenden, manischen Electrohardcorewüterich ‚Can’t Bring Me Down‚. Mit Understatement geglänzt haben The King Blues freilich noch nie, und in Masen goutiert weiß ‚Long Live the Struggle‚ durchaus zu glänzen – in Summe aber macht vor allem die allzu platte Poppigkeit dem Abschiedswerk schwer zu schaffen.

Die Stilvielfalt an sich ist deswegen auch nicht das Problem von ‚Long Live The Struggle‚ es ist die Art wie The Kings Blues die Versatzstücke diesmal verschweißen, denn sie tun es in ihrer Überambitioniertheit geradezu willkürlich und wenig homogen, die inkohärenten vierzig Minuten gleichen stellenweise einem Potpourri der Ungereimtheiten. Das speist sich zu gleichen Teilen aus Enter Shikari und Bob Marley, aus The Clash und Test IciclesPlan B und The Skints, The Automatic und Rancid, Transplants und The Streets, The Specials und Hard-Fi, klingt trotzdem unverkennbar eigenständig und wird vielleicht gerade durch seine erhöhte Radiotauglichkeit mehr Anerkennung, zumindest aber Aufmerksamkeit für die wenig subversiv ausgelegten Politnachrichten der Band finden. Die grundsätzliche Unzufriedenheit frisst sich nämlich nach wie vor durch das Songwriting der Band: die sind immer noch angepisst, Songs tragen nicht umsonst Titel wie ‚Power to the People‚, ‚When The Revolution Comes‚ oder verstecken flirrende Elektronik hinter ‚We Are The Future‚ – umschmeicheln dabei aber mit Hymnen der Revolten und Umbrüche mehr denn je die Gehörgänge.

Wir fühlen einfach, dass wir die Sache so weit getragen haben, wie es geht“ heißt es im Abschiedsbrief der Band. Tatsächlich haben sie damit auch insofern Recht, als dass sie den Bogen mit ‚Long Live The Struggle‚ nun soweit überspannt haben, wie das noch zulässig war, um sich selbst nicht kampfunfähig zu machen. Das vierte Album der Band ist die konsequente Weiterführung von ‚Punk & Poetry‚ geworden, nicht selten schlicht zuviel des guten, aber trotzdem auch immer noch Vision von einer Band, die über das Ende dere Platte hinaus eben doch eine von den Guten geblieben ist: ‚Keep The Face‚ blustert sich in seinen letzten Sekunden mächtig auf, macht seinen Titel zum Mantra und trägt The King Blues zwischen den Welten und hinter dem Zenit aufsehenerregend zu Grabe. In Erinnerung bleiben sie so als eine bis zu zuletzt hemmungslos konsequente Band. Auch, wenn das nicht immer nur zu ihrem Vorteil gereicht hat.

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