Various Artists – Through the Soil

von am 13. Mai 2021 in Compilation

Various Artists – Through the Soil

Was für ein Schmuckstück: Die Compilation Through The Soil versammelt 68 Bands aus und um und über Philadelphia hinaus als „a trans-generational snapshot of the DIY/bedroom lo-fi indie scene“.

Andres Villogas und Steven Danglis haben sich in einem Online-Chatroom kennen gelernt und eine beeindruckende Songsammlung für den karitativen Zweck („to find a creative way to raise money for mental health awareness“) erdacht, die sich als Fass ohne Boden entpuppt: Die reine Masse von Through The Soil ist schier erschlagend und der Durchzug vielleicht auf Sicht irgendwann unvermeidlich, doch Akzente zeigen immer wieder auf und fesseln die Aufmerksamkeit, wo die Wirkungsweise meist ohnedies eher subversiv und unspektakulär ist.
Weswegen an diese Stelle auch weniger eine detaillierte Rezension, als vielmehr eine oberflächliche, jedoch nichtsdestotrotz ausdrückliche Empfehlung stattfinden soll, sich diese Compilation nicht entgehen zu lassen.

Von den über dreieinhalb Stunden Spielzeit überzeugt schließlich tatsächlich jede einzelne aufgefahrene Minute, auch wenn also viele Meter vielleicht eher ideal im Hintergrund begleiten, als aktiv zu fesseln. Mögen auch keine restlos essentiellen Klassiker oder überwältigenden Smash-Hits auszumachen sein, reihen sich doch ausnahmslos versierte, kompetente, sympathische und rundum überzeugend überdurchschnittliche Szenen aneinander, einfach tolle Diskografie-Fußnoten ohne Redundanz. Es gibt hier neben individuellen Highlights (etwa die abseitige immer neue Wendungen bratende Wave-Psychedelik von Spirit of the Beehive, die todtraurige Emo-Ballade aus der Einsamkeit von Flatsound, der schrille Rock von Weatherday oder der grandiose Semi-Ohrwurm von Julie Doiron, um nur einige wenige zu nennen) auch Überraschungen (wie einem für unmöglich gehaltenen Salvia Palth-Wiedersehen) und generell einfach so viele Bands und Geheimtipps zu entdecken (und sicher auch zu übersehen) – aber letztendlich nichts zu skippen.
So viele Kleinode bestechen im weiten Feld aus Lo-Fi und Slacker Rock, Indietronic, Folk und Slowcore, Shoegaze und Singer Songwriter-Entwürfen, der Pop gönnt sich mindestens die Variationen Indie, Bedroom und Noise. Allesamt stets ein bisschen minimalistisch und zurückhaltend umgesetzt, ruhig und melancholisch, beschwingt und unpoliert, bittersüß, eklektisch und verträumt, ohne Brimborium oder großes Budget in Handarbeit inszeniert. Die Kandidaten für entspannte, nahbare und authetische Sommer-Playlisten geben sich jedenfalls in einem ästhetisch ebenso homogenen wie bandbreitentechnisch abwechslungsreichen Fluss die Klinke in die Hand.

Kurzum: Wer an assoziativ-nahverwandten prominenten Genre-Vertretern wie beispielsweise Pavement, Marissa Nadler, Big Thief (ja, auch ein Adrianne Lenker-Cover ist in der unübersichtlichen Masse vertreten), Courtney Barnett, Low, Kurt Vile oder Mount Eerie (Phil Elverum zeichnet übrigens für das Artwork verantwortlich) Gefallen findet, der wird auch auf Through The Soil mühelos so einige Bands und Musiker finden, die einer genaueren Auseinandersetzung reklamieren. Bereits abonnierte Fans der teilnehmenden Kombos wiederum dürfen sich über die Exklusivitäten im versammelten Material voller bisher unveröffentlichter Originale freuen: 67 der Songs gibt es so nirgendwo anders zu hören.
Wem dieser beeindruckende (auch überfordern könnende und vielleicht selektiv konsumiert noch effektiver seiner Stärken zeigende, im Umkerschluß aber vor allem auch durch seine Fülle Eindruck schindende) Spagat zwischen Qualität und Quantität noch nicht als Anschaffungsgrund genügt, den überzeugt vielleicht das Schnäppchen-Argument: Während die physischen Auflagen von Through The Soil längst vergriffen sind, ist der (mögliche) geringe Mindest-Kaufpreis für die digitale Ausgabe einfach unschlagbar. Oder: Diese Compilation ist schlichtweg eines der besten Dinge, die diese Pandemie mit sich gebracht hat.

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