Will Haven – Open the Mind to Discomfort

von am 16. Juni 2015 in EP

Will Haven – Open the Mind to Discomfort

In den vergangenen vier Jahren sind vereinzelte Soundansätze von ‚Voir Dire‚ zu einem dichten, dickflüssigen Genräu herangewachsen: Wer dachte, dass mit Will Haven bisher schon schlecht Kirschen essen war, dem nimmt ‚Open the Mind to Discomfort‚ nun wohl endgültig alle Hoffnungen auf das Licht am Ende des Tunnels.

In Personalfragen waren Will Haven seit jeher eine konsequent inkonsequente Band, – da fällt es  durchaus schwer zu sagen, ob das Gespann aus Sacramento aktuell überhaupt wirklich als das Quintett agiert, als das sie auf Facebook und Co. firmieren. Zumindest legt ‚Open the Mind to Discomfort‚ andersgehende Mutmaßungen nahe – will doch [zumindest bis das Eintreffen des physischen Tonträgers anderes behauptet] offenbar niemand den über die 24  Minuten der Platte gefühltermaßen definitiv vorhanden sein müssenden Posten des Keyboarders für sich reklamieren. Aber wer weiß, vielleicht spielen Jeff Irwin und Anthony Paganelli ihre Gitarren ja auch nur mittlerweile enorm flächig und transzendental.

Fakt ist: Splipknot-Basser Chris Fehn wurde längst durch Anthony Paganelli ersetzt – und ‚Open the Mind to Discomfort‚ transformiert den bisherigen Sound der Band. Weg von den nachbarschaftlichen Vergleichen mit den Deftones und Far als erste (aber immer noch zulässige) Assoziationen, hin zu einer noch atmosphärischeren Melange aus Sludge und Metalcore – Noise Metal, sagen Will Haven! – ,die eben unterschwellig stets mit bösartig triefenden Keyboard-Morastwellen unterfüttert wurde, während die fünf Songs dieser EP vordergründig gleich vollends über vier atmosphärischen Score-Passagen miteinander verbunden sind: ‚A‚, ‚B‚, ‚C‚ und ‚D‚ sind aus dem Dunkel kriechende Supsence-Ambientwelten, angereichert mit minimalistischen Melodieansätzen, wie sie auch Alptraumszenen aus dem kommenden Twin Peaks-Comeback untermalen könnten. Dennoch verschaffen Will Haven gerade in diesen Passagen ‚Open the Mind to Discomfort‚ ein wenig Leichtigkeit und Raum zum Durchatmen, inszenieren das prägende, stimmungsvolle neue Stilelement dazu weniger gleichförmig als in den vier Songbrocken, in denen das beständige An- und Abschwellen der Synthieflächen der Platte einen bisweilen monotonen und gleichförmigen Anstrich verleiht.

Alleine die niederringende Bedingungslosigkeit, mit der Will Haven dabei allerdings zu Werke gehen fordert aber auch seinen erschöpfenden, staunenden Tribut: ‚Soul Leach‚ beschwört unheilschwanger dröhnend horrend-halluzinierende Choral-Keyboards, darüber wälzen Will Haven ätherisch, bedrohlich, doomig und langsam, wie ein Nebel, der seine unbeugsamen Riffs post-metallisch hinausprügelt, schwerfällig und dickflüssig fließt, als wären Kylesa mit Celeste verschmolzen. Die Massivität des Sounds, dessen  Unveränderbarkeit, hat dabei stets etwas hypnotisches, selbstgeißelndes.
Die Drums in ‚Do You Have a Light‚ erwachen dann rotierend aus ihrer Trance, der Song dreht sich um sich selbst, hämmert los, bremst sich aus, wechselt unter einer luftleeren Glocke permanent sein Tempo, unweit von Cave In und der Hydra Head-Liste braut sich ein dynamischer Koloss in Detail zusammen. Ein ‚Hermit‚ arbeitet dann mit der selben schmutzigen Wucht wie Sumac, die Riffs brodeln wie Motoren eines tiefliegenden Bombers im Sturzflug auf Coalesce, ‚The Comet‚ könnte hingegen ein Hybrid aus Justin Pearsons Rockanleihen mit Retox und den schwerfälligsten Momenten der Deftones sein, bevor Grady AvenellPop 14‚ in einem Schitzkasten aus gefährlich angepisst herausgepressten Vocals in die Breite treibt und letztendlich erbarmungslos ausblutenden lässt.

Danach braucht man erst einmal eine Verschnaufpause. Denn wo die EP in ihrer Gravitation durchaus immer wieder zu einer einzigen, unübersichtlichen Masse zu verschwimmen droht, gibt sie nach und nach doch umso deutlicher preis, dass Will Haven ihren Sound nicht nur weiterentwickelt, abgedunkelt und bedrohlicher gestaltet haben, sondern auch akribischer und besessener agieren denn je – und ungeachtet all der sich aufdrängenden Referenzen doch ihre eigene Handschrift bewahrt haben. Trotz kleiner Kinderkrankheiten gelingt in dieser variierten Gangart deswegen ein starkes Comeback, dass die Erwartungshaltungen untertaucht und gleichzeitig die gestellten Ansprüche übertrifft. Derart ausgerichtet könnte es den Kaliforniern mit dem kommenden Studioalbum sogar gelingen sicherzustellen, dass es zukünftig nicht zwangsläufig bedeuten muss ‚Carpe Diem‚ in den Mund zu nehmen, wenn man über Will Haven spricht.

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  • Will Haven - Muerte - HeavyPop.at - […] und in ihrer Dichte die laut Eigendefinition vergleichsweise hingerotzte EP-Garstigkeit Open the Mind to Discomfort von 2015 weiterdenkende –…

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