Billy Idol – Dream Into It

Justament kurz nach den dreißigjährigen Jubiläen seiner ersten beiden Solowerke tut Billy Idol mit seinem Comeback-Langspieler Dream Into It ernüchternd viel dafür, es sich in der mediokren Welt der Poprock-Belanglosigkeit bequem zu machen.
Dass sich William Michael Albert Broad elf Jahre nach Kings & Queens of the Underground im Windschatten der EPs The Roadside (2021) und The Cage (2022) gerade einmal zu neun Songs hinreißen lässt, und sich über 35 Minuten Spielzeit kein runder Spannungsbogen oder ein wirklich schlüssiges Album-Feeling einstellen will, ist als quantitatives Problem (mit) der Platte eigentlich nur die Spitze des Eisberges. Denn dahinter warten auch in qualitativer Hinsicht einige Kritikpunkte an Dream Into It.
Wo sich der Brite kurz vor seinem 70. Geburtstag etwa inhaltlich weitestgehend über eine nostalgische Ader mit der eigenen Karriere tiefgründig reflektierend auseinandersetzen möchte, sind die Texte des Albums beispielsweise tatsächlich relativ banal ausgefallen und nerven immer wieder mit flachen Schüttelreimen. Während die musikalische Umsetzung dahinter mit vielen Profis kompetent überzeugt, setzt Tommy English jedoch zudem auf eine viel zu glatte und langweilige Überproduktionen, die die an sich immer noch tolle Stimme Idols ihrer Stärken beraubt und phasenweise gar beinahe unkenntlich macht.
Gerade im Titelsong-Opener greifen diese beiden Umstände wenig schmeichelhaft ineinander, wenn der erst zurückhaltende Elektro Pop mit vorsichtigem Pathos sich bald in Richtung U2 in Bewegung setzen würde, an diesen Zielen aber ebenso weihevoll und feierlich wie zahn- und harmlos scheitert.
Am gravierendsten aber ist, dass das Songwriting danach zwar Motivation zeigt, aber beinahe ausnahmslos im generischen Mittelmaß ohne fesselnde Hooks oder Melodien auskommen muss. Da hilft es weder etwas, wenn Avril Lavigne für den auf sie zugeschnittenen Ohrwurm-Poppunk 77 vorbeischaut, Alison Mosshart dem dramatischeren John Wayne im Ungleichgewicht aus Strophe und Chorus waschechte Coolness beibringt oder Joan Jett das Middle-of-the-Road-Highlight des 08/15-Singalongs Wildside darstellt, noch, wenn I‘m Your Hero mit choralem Einstieg und Americana-Acoustic im Urge Overkill-Stil aus dem Rahmen fällt, um belanglos in Selbstironie zu schunkeln.
Gerade am Stück rauschen solide Songs wie Too Much Fun (eine hüftsteife Party als träger Dienst nach Vorschrift, die noch bemühter klingt, als der Titel es befürchten lässt), das flotte People I Love oder (das letztlich gar auf uninspirierte Stadion-Gesten setzende) Gimme the Weight auf eine nette, eingängige Weise durch, ohne interessante Reibung zu erzeugen. Die Nummern gefallen, sind aber unmittelbar nach dem Konsum wieder vergessen und setzen den Protagonisten enervierend reizlos in Szene.
Gerade beim so selbstreferentiellen Vorboten Still Dancing wird die Crux von Dream Into It noch einmal überdeutlich. Der beste Song des Albums macht trotz seines offenkundig blassen und uninspirierten Refrains absolut Spaß und zündet, entlässt aber inhomogen platziert in der Luft hängend.
Oder: Wo der gleiche Promo-Aufwand bei EPs und Langspielern als zentrale Motivation hinter der Musik verortet wird, hätten Idol und seine Kompagnons insofern gerne mehr Sorgfalt in diese Rückkehr stecken können.
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