Exit Void [30.09.2025: Dom im Berg, Graz]
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Durch die Klanglicht-Installation 12 Frequenzen vereint, finden sich mitten im Steirischen Herbst sechs mehr oder minder prägende Köpfe der heimischen Musikszene für die Konzertpremiere von Exit Void zusammen.
Es gilt den Namen hinter dem Projekt zu vertrauen. Denn was von David Reumüller (Drums, Electronics), Alex Kranabetter (Trompete, Electronics), Rent alias Katrin Euller (Electronics), Bulbul’s Manfred Engelmayr (Gitarre), Soap & Skin aka Anja Plaschg (Voice, Electronics) und Wolfgang Lehmann (Gitarre, Electronics), der ja gefühlt nicht nur alles und jeden produziert hat, der in hiesigen Breitengraden Relevanz hat, sondern von Killed by 9V Batteries über Melt Downer bis Voyage Futur auch mit eigenen Bands die Musikszene prägt, unter dem Banner Exit Void zu erwarten ist, gleicht ein bisschen einem Blind Date – auch wenn der Pressetext ausführlich angelegt ist:
Entstanden aus der gemeinsamen Arbeit an einem Soundtrack für eine Videoinstallation, verbindet Exit Void eine Gruppe profilierter Musikerinnen und Künstlerinnen, die elektronische und akustische Klangräume zu einer eindrucksvollen audiovisuellen Skulptur formen. Exit Void ist kein klassisches Ensemble, sondern ein offenes Kollektiv – wandelbar in seiner Besetzung, vielschichtig im Klang und konzeptuell zwischen Improvisation, Soundkunst und Musikperformance verortet.
Schon vor Konzertbeginn ist der Dom im Berg in Dunkelheit getaucht. Von Discokugel reflektierte grüne Lichtstrahlen (quasi: Mirrorball aus einer Paralleldimension) und mystisch Drone-Beschallungen erschaffen ein von der Außenwelt abgeschottetes Refugium. Die Bühne steht mehr oder minder als Hexagon im Raum, drumherum reihen sich die (nicht restlos besetzt sein werdenden) Sitzgelegenheiten. Später wird zentral davon ein Laser die Synchronisation mit der tonalen Ebene suchen und der sparsame Einsatz von Nebel die entrückte Stimmung verstärken. Dieses geschlossene Setting und die eng stehend Inszenierung tragen immens dazu bei, die Atmosphäre so sehr zu verdichten, dass die zwangsläufig statische Performance zur ganzheitlichen Erfahrung macht – und den Fokus weg von den individuell beteiligten Musikern hin zur kollektiven Wahrnehmung lenkt.
Das folgende, knapp 50 minütige (aus ca. eine halben Dutzend aus Passagen zu einem durchgehenden Ganzen verwobene) Set wächst dadurch – und kann diese zusätzliche Ebene auch durchaus vertragen. Denn tatsächlich ist die Welt von Exit Void an gängigen Avantgarde-Standards gemessen weder sonderlich unorthodox, konsequent oder kompromisslos – noch restlos spannend.
Das zehnminütige Etablieren des Ambientes funktioniert so vor allem auf konzeptioneller Ebene. Zu einem erhöhten Pulsschlag werden Knöpfe gedreht, analoge Beigaben verfremdet oder kleine Kettchen in Schalen abgelegt. Eine Klangbastelei, die betont kunstvoll und auch prätentiös sein muss, aber eben auch nichts macht, was im Spektrum von Swans über Pharmakon bis Bada und anderen Experimental-Assoziationen nicht schon anderswo radikaler umgesetzt worden wäre.
Exit Void berieseln hier zuallererst. Es herrscht harmonische Einigkeit, jeder ist Teil eines großen Organismus. Doch es gibt keine Reibung, kein Risiko in dieser Komfortzone. Was schlüssig ist und einnimmt – aber niemanden herausfordert.
Auch wenn das Kollektiv im Verlauf in diese gefällige Schiene zurückfallen wird, deutet der kurze Abend zumindest an, zu was die Gruppe fähig wäre. Zwar sind die mehr zu klassischen Song-Passagen aufgeräumten Momente aus rein konventioneller Sicht betrachtet relativ genetisch und vor allem rhythmisch simpel angelegt – im Post Metal bei Cult of Luna; im Doomjazz bei Kilimanjaro oder Mount Fuji; oder zuletzt auch irgendwo zwischen Noiserock- und Kraut-Ahnungen – doch entwickeln Exit Void hier eine Präsenz, aus deren Substanz sich Nachhaltiges hervorhebt: lautmalende Vocals greifen, strukturoffene Motive bleiben hängen und das so eklektische Spektrum fesselt auf kurzweilige Weise und weckt die Lust auf mehr. Die Gruppe kann (in einzelnen Passagen, die wie domestizierte Jam-Trancen anmuten) intensiv sein, wenn sie den Sound exzessiv werden lässt, wenn sie instinktiver werkt, anstatt verkopft zu konzipieren.
Als um 21.50 Uhr Schluss ist, applaudiert das bis dahin andächtig gebannte Publikum, klar. Doch dass es (nach Konzertschluss gefühlt da und dort eher ernüchternd als begeistert diskutierend) auch nach der zweiten Verbeugungsrunde der Künstler erwartungsvoll sitzen bleibt, ist durchaus symptomatisch für das Set: Soll das jetzt alles gewesen sein?
Zumindest in dieser Konstellation womöglich/ zumindest vorerst wohl schon. Was zugegeben natürlich auch ein Problem der Erwartungshaltung ist. Aber eben keineswegs ausschließlich.
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