Melvins – Thunderball

Die Melvins agieren wenige Wochen nach der Savage Imperial Death March-Split mit Napalm Death auf Thunderball wieder einmal als Variation ihrer 1983er-Inkarnation.
Ohne den immer noch an an seinen Wirbelsäulenproblemen laborierenden (zuletzt aber für das Solo-Werk Glossolalia Zeit gefunden habenden) Dale Crover hat sich Buzz Osborne neben dem – nach Mangled Demos (1983 respektive 2005), Tres Cabrones (2013), Working With God (2021) sowie an Teilen von Basses Loaded (2016) – wieder beteiligten Ur-Drummer Mike Dillard diesmal auch Unterstützung der beiden Experimental-Elektroniker Bristolian Ni Maîtres („noise, upright bass, hand gestures“) und Void Manes („noise, creepy machine vocals“) aus Atlanta geholt.
Ein Line-Up, das ordentlich Elan verleiht – dafür spricht alleine schon der Umstand, dass King Buzzo auf dem 28. Studioalbum der Band so viele geile, mantraartig hängen bleibende Gitarrenfiguren gelingen. Und auch der betont direkte Einstieg kann dafür als Symptom verstanden werden: King of Rome geht mit ziemlich unwiderstehlichen Groove nach vorne, fiept und piept hier und dort, aber die Riffs, Soli und an die Big Business-Zeit gemahnende Rhythmik geben den Weg mit Punkrock-Attitüde catchy und schnörkellos vor, wie selten…
…nur damit Vomit of Clarity im Alleingang von Void Manes und Ni Maîtres als elektronischer Ambient demonstrativ gleich wieder allen Zug aus der Platte nimmt, indem Schaltkreise mit umgänglichen Noise flirten. Freilich ist ein derartiger Ausfallschritt als Mittelfinger mutwillig so deplatziert positioniert – aber hätte man diese zwei substantiell zudem wenig interessanten Minuten von den insgesamt 34 der Platte subtrahiert, wäre einfach ein noch runderes Album aus Thunderball geworden.
Besser sind die beiden Gäste nämlich am Beifahrersitz aufgehoben, wo sie für ausschmückende Texturen sorgen können und den ihre Elektronik nur eine begleitende Funktion übernimmt.
Short Hair with a Wig wird von dem Duo so als kurzer Todeskampf einer Computer-Übertragung beim Einwählen in ein prähistorisches Internet programmiert und verschwindet knapp zehn Minuten später wieder in den Frequenzen einer pluckernden Willkür samt Remix im Hinterkopf – was als Rahmen stimmungsvoll funktioniert. Dazwischen aber beobachten einzelne Sprengsel der Zwei einen klassischen Melvins-Song: Ein schlurfender Bass holt eine träge marschierende Slow Motion an Bord, die etwas abgekämpft heroisches, episches an sich hat und über der ein superbes Gitarrenmotiv thront, das spätestens beim dritten, so zyklisch aufrauschenden Durchgang etwas hypnotisch einlullendes, stoisches, unbelehrbares hat – dazwischen poltert das Kollektiv mit mächtigen instrumentalen Schauläufen abgedämpft sinnierend. Fabelhaft!
Victory of the Pyramids beginnt knackig und kompakt rockend. Das es nach einem langen Halten des wirbelnden Tempos ein Hochschalten auf einen noch fluffigeren, sportlichen, lockereren Gang gibt, damit muss man nicht rechnen – eine aus dem MO der Band fallende Überraschung ist dies aber streng genommen ebensowenig, wie das darauf folgende mystisches Schleichen in verdächtiger Ruhe, das schamanenhaft und sinister wieder den Raum schafft, um die beiden externen Gäste in ihren angestammten Positionen passiv als Vertiefter der Atmosphäre glänzen zu lassen.
Venus Blood bringt danach all diese Tugenden am Tisch eines gemeinen Noir-Riffs zusammen, ist fies fesselnd und dann wieder patentiert schlurfend – als würden zwei Drummer stoisch lamentieren gar, ist da ein Gefühl von hinausgezögertem Bombast, der im gedrosselten Tempo schlingert. Nirgendwohin. Und kein Geistesblitz muß lange genug forciert werden, um zum genialen Moment zu werden. Das abrupte Ende passt da wie die Faust aufs Auge, geht der aktuelle Höhenflug rund um Tarantula Heart doch ansatzlos weiter.
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