The Marcus King Band – Darling Blue

von am 21. Oktober 2025 in Album

The Marcus King Band – Darling Blue

Seit Carolina Confessions von 2018 hat Marcus King sich mit von Dan Auerbach oder Rick Rubin produzierten Soloalben ausgetobt. Nun findet er für Darling Blue endlich wieder in den Hafen der nach ihm benannten Band zurück.

Dass die Platte auf dem Rücken der Gemeinschaft erbaut ist, ist allerdings relativ zu verstehen: Stilistisch haben wir es eher mit einer Übergangsplatte als einer Wurzelbesinnung zu tun.
Das fabelhaft arrangierte Instrumentarium bekommt in seiner vielseitigen Variabilität als homogenes Ganzes dafür viel Raum hinter dem Leader, doch ist es letztlich doch primär dazu da, um den (diesmal als Sänger, leider nicht aber als Gitarren-Könner) immer im Zentrum bleibenden King zu begleiten, damit der mit seiner hellen, hohen Falsett-Trademarkstimme gefühlvollen Soul und individuellen Charakter in den neotraditionellen Mainstream-Nashville Sound jenseits der gemeinsamen Bluesrock-Basis implementieren kann.
Denn ja, auch wenn King selbst von einer „ode to his home of South Carolina“ spricht, ist Darling Blue dann eben überraschenderweise doch ein relativ poppiges Country-Album geworden.

Dass die wiederentdeckte Synergie in dieser stilistisch doch dezent (auch abseits der eigenen Erwartungshaltung zwecks der Rückkehr zur Plattform Band) nachjustierten Umgebung nicht in jedem Fall zündet, macht nichts. Selbst die weniger herausragenden, zu formelhaft und massentauglich angelegten Songs sind catchy, flott, bekömmlich, zugänglich und unterhaltsam, gehen inmitten von Fidel, Banjo, Steel Gitarren und Backing Vocals beseelt auf.
Here Today stampft als Duett mit Jamey Johnston und Kaitlin Butts etwa mit Honky Tonk- und Americana-Kraft so vital, Honky Tonk Hell ist ein von Bläsern begleiteter Szene-Hit a la Tyler Childers, der im Tourbus ebenso gefällig den Hintergrund beschallen kann, wie im schicken Cowboyhut-Laden, bevor Heartlands Ausgelassenheit bei der Scheunenparty andeutet. Levi’s & Goodbyes biedert sich latent langweilig dem Stadion-Vorprogramm von Zach Bryan im Stones-Modus an, wirkt generisch uninspiriert und stellt die Frage in den Raum, ob derart eng an der Leine gehaltene Vollblutmusiker wirklich Spaß an der Sache haben können, derweil Dirt (Nashville Version) durch einen nichtsdestotrotz verschenkten Billy Strings-Auftritt veredelt wird, sonst aber als 08/15-Nummer an der überkandidelten Gesangslinie leidet.

In der Überzahl sind im Verlauf – und gerade einer grandiosen zweiten Plattenhälfte – allerdings jene Nummern, in denen die Marcus King Band die PS ihrer Klasse in schlichtweg fabelhaften Songs auf den Boden bringt.
On & On schippert unaufgeregt beseelt zu einer niemals überladenen Opulent dahin und die zurückgenommene Introspektive Die Alone (die man als zweite Nummer hier bereits kennen kann) besticht behutsam an ruhiger Fahrt in der sentimentalen Melancholie aufnehmend. Somebody Else ist bluesiger und folkrockiger zurückgelehnt ein kongenialer Nährboden für Jesse Welles dessen raue, schwere Stimme eine tollen Kontrast zu Kings Organ bildet – hinten raus larmoyant pfeifend und schippernd.
Carolina Honey liebäugelt entlang seiner „Babababa“s mit einem R&B im 70s-Panorama, der den Black Keys ebenso gefallen sollte wie Danger Mouse oder Durand Jones. Das Highlight No Room for Blue lehnt sich auf einem tollen Mississippi-Orgel-Teppich hingebungsvoll zu Janis Joplin: wo Produzent Eddy Spears sonst gelegentlich zu mittig inszeniert, differenziert er hier ganz wunderbar organisch, so dass man eigentlich nur noch ein Solo von King zur Glückseligkeit vermisst.
Auch Blue Ridge Mountain Moon atmet den Blues und The Shadows geht in seiner smoothen Vintage-Romantik mit Bläsern sowie Streichern als erhebendes Duett mit Noah Cyrus auf. Vor dem schönen Abspann Carry Me Home gibt die Band ihrem multiinstrumental aufzeigenden Direktor dann auch noch jenen Platz frei, in dem sich King ganz auf sich selbst konzentrieren kann und dem Album mit Pretty Petty nicht nur eine angenehm reduzierte Atempause zu verschafft, sondern auch zeigt, dass Gemeinschaft für Darling Blue auch bedeutet, dass man weiß, wie man sich ein wenig zurücknimmt.

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