Matt Berninger – Get Sunk

von am 17. Juli 2025 in Album

Matt Berninger – Get Sunk

Fünf Jahre nach seinem Solo-Debüt Serpentine Prison hat Matt Berninger mit Get Sunk ein gefühltes The National-Lite-Album aufgenommen. Das sorgt für angenehme Geborgenheit, aber auch gepflegte Langeweile.

Dass wirklich kein Element an Get Sunk überraschen will, kann wohl als Reaktion auf die depressive Phase verstanden werden, in die Berninger nach dem von Booker T. betreuten Serpentine Prison stürzte: Mit seinem hier nun engagierten alten Intimus Sean O’Brien als Produzent und Co-Autor der meisten Songs der Platte brauchte es wohl die vertraute Sicherheit einer nirgendwo aneckenden Einkehr in die demonstrative Komfortzone, in der sich auch First Two Pages of Frankenstein und Laugh Track bewegen, ein Suhlen im Wohlfühlbereich. „Seal up the door frame, ten years of white rain/ In comes the water/ Only so much you can take of everyday heartbreak“ heißt es nicht umsonst in Little by Little, dem besten der dabei entstandenen Songs, der gefühlvoll, warm und weich mit einem unaufdringlich unspektakulären Refrain das Herz aufgehen lässt.
Kaum weniger betörend sind andere Schönheiten wie das mit Klavier, Bläsern und einem gediegenem Rhythmus folgende Silver Jeep (das externe Impulse symptomatisch an den typischen Berninger-Baukasten schmiegt, anstatt sie für kreative Reibung sorgen zu lassen) oder Frozen Oranges, in das man sich zwar barrierefrei wie in einen alten Bekannten verlieben kann, das man aber – weder inszenatorisch noch kompositionell die letzten Meter zur wirklich zwingenden Ergriffenheit nicht nehmend – auch schneller wieder vergessen hat, als die wirklich großen Songs aus dem The National-Habitat.

Mit ausnahmslos bekannten Zutaten fehlt es Get Sunk an jedem Mut zum Risiko, man hat gefühlt alles hier von Berninger bereits schonmal gehört – meistens in besser, interessanter, oder zumindest packender. Das gilt sowohl für den Fall, wenn der Opener Inland Ocean seine Konturen mit an Bon Iver gemahnenden Arrangements (dezent elektronisch piepsend, mit schimmernden Synths, subtilen Bläser-Ahnungen und weiblichen Backingchören) ein bisschen transzendiert oder das klimpernde No Love in unendlicher softer Harmlosigkeit als purer Bauchkasten bestenfalls sanfte Spannungen erzeugt.
Es macht wenig Unterschied, ob Bonnet of Pins im Kontext kräftiger anziehend rockt und Fanfaren für eine feierliche Stimmung auspackt, Breaking into Acting ambienter plänkelnd klampft und klimpert, Junk niedlich gelöste einen märchenhaft-lebendigen Optimismus verströmt oder der seine Ecken und Kanten verloren habende Ausnahmesänger in Nowhere Special mit nölend-erzählenden Sprechgesang Akzente setzt, aber Songwriting und Inszenierung dennoch den Autopilot einfach nicht abschalten können.
Ganz zum Schluss hat es dann zwar kurz den Anschein, dass Berninger und seine Unterstützer (unter anderem Meg Duffy von Hand Habits und Julia Laws vin Ronboy, Kyle Resnick, Garret Lang, Sterling Laws, Booker T. Jones, Harrison Whitford, Mike Brewer oder die beiden The Walkmen Walter Martin und Paul Maroon) kurz aus der schippernden Gefälligkeit in den elaborierten Jubel ausbrechen könnten, doch der 54 jährige reißt sich natürlich am Rahmen und bleibt jedem herausfordernden Exzess im souligen Flair – als Schulterschluß zu Serpentine Prison – fern. Die dabei entstehende Poesie („I’ll think of you if you think of me/ The way the sky thinks of the sea“) ist sicher nicht aufregend, hat in diesen wahrhaften Times of Difficulty aber etwas rundum beruhigendes.

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