Panopticon – Songs of Hiraeth

Songs of Hiraeth ist „the album that never happened“ und versammelt als Compilation Material von Austin Lunn aus den Jahren 2009 bis 2011, das seitdem auf diverse Kurzformate verteilt veröffentlicht wurde.
Man kann die sieben Songs of Hiraeth also bereits von der zweiten Split von Panopticon mit Wheels Within Wheels (2011) und der einzigen mit Vestiges (2013) sowie der EP The End is Growing Near (2022) bereits kennen. Durch den neuen Mix und Master von Spenser Morris kommen sie hier nun aber in einem Kontext zusammen, wie es ursprünglich angedacht war – und damit besser zur Geltung denn je.
Wenn Austin Lunn also „It’s been an enjoyable project going back into the sessions, remixing them and cleaning them up, revisiting that nostalgic time in our life together. It looks a lot better in the rear view mirror, as most things do, but I look back on it all fondly“ sagt, stapelt er eigentlich tief: gGrade die drei Tracks der Platte gehören zum Besten, was der Minnesota-Mann in seiner so bockstarken Diskografie vorzuweisen hat.
Dabei bricht vor gerade The Road to Bergen mit der Erwartungshaltung und zeigt Panopticon tief im Shoegaze, Postrock und Ambient. Der Rhythmus marschiert fast maschinell in scheppernd programmierter Distortion, die knisternden Gitarren bilden zusammen mit dem elegisch transzendierenden Klargesang ästhetische Flächen, die verträumt schwelgend an das Denken lässt, was Parannoul knapp eineinhalb Jahrzehnte später in seinem Schlafzimmer zusammenbasteln würde.
From Bergen to Jotunheimen ballert danach weiter in den angestammten Atmospheric Black Metal, addiert zur harschen Garstigkeit epischere Melodien und gönnt sich einen fast jazzig-vertrackt angebremster Mittelteil in die proggige Dystopie voll ritualistischer Schamenhaftigkeit im Subtext, bevor The White Mountain View wieder deutlicher zum Blackgaze a la Alcest abbiegt. Weich und melancholisch, mit verträumtem Klargesang – umringt von sägenden Gitarren-Schluchten und Blastbeats. Ein Husarenritt, dessen Pathos phasenweise an die pastorale Kathedrale El Cielo gemahnt.
Danach legen die Songs of Hiraeth ihre Facetten subtil an, halten sich aber ausgerechnet vom Americana als Kontrast fern.
Haunted America II ist ein wüster, wilder Derwisch, der brutale Math- und Metalcore-Tendenzen einwebt, The End is Growing Near (mit Kumpel Death Metal Dave an den Backup-Vocals) dagegen straight und kompakt mit fast sinfonische Melodiebögen, hinter dem der herrschaftliche Standard A Letter gleichzeitig monolithisch, getragen und manisch auftritt, um kurz durchzuatmen und ein furioses Finale zu rocken.
The Eulogy ist damit der Epilog nach dem Sturm, bei dem die kurze frontale Melodie auf dem Podest sowie die nach dem verausgabenden Exzess im Feedback-Schleier abtauchenden Gitarren den Shoegaze-Bogen der Platte schließt. Und vielleicht ist es sowieso der größte Pluspunkt dieser starken Songs, dass sie nun im Verbund, wie ein vollwertiges, rundes Album funktionieren, dessen Einordnung gar nicht so schwierig ist: Wäre Songs of Hiraeth 2011 in dieser Form veröffentlicht worden, gälte es heute als erstes Panopticon-Meisterstück, dem nachfolgenden Trio Kentucky (2012), Roads to the North (2014) und Autumn Eternal (2015) praktisch (beinahe) ebenbürtig. Im Hier und Jetzt werfen ...And Again Into The Light (2021) und The Rime of Memory (2023) zwar einen relativierenden Schatten, doch um den zeitgleich veröffentlichen Laurentian Blue den Rang abzulaufen, reicht es locker.
Oder: wäre dies hier nicht offiziell eine Compilation, hätte Songs Of Hiraeth seinen Platz in den Jahrescharts von 2025 sicher.
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