Sunn O))) [13.10.2025: Graz, Helmut List Halle D]

von am 15. Oktober 2025 in Featured, Reviews

Sunn O))) [13.10.2025: Graz, Helmut List Halle D]

Härter als jeder Moshpit: Sunn O))) besinnen sich auf ihre Wurzeln und sind als Shoshin (初心) Duo auf ihre Essenz destilliert eine körperliche Herausforderung sondergleichen.

So schön es ist, dass seitens der Veranstalter ein rascher Nachholtermin für das Juni abgesagte Graz-Konzert gefunden wurde, ist das Ausweichdatum mit einem dezenten Wermutstropfen behaftet – am selben Abend gastieren schließlich Bongripper in der Arena.
Andererseits ist jedweder Beigeschmack spätestens kurz vor 22.00 Uhr praktisch nebensächlich geworden. Denn wo Sunn O))) live sowieso einfach immer gehen, legt der diesmalige Besuch der Drone-Mönche sogar noch einen drauf und hinterlässt die Erwartungshaltungen übertreffend besonders imposante Eindrücke.

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Sunn O))) als Shoshin (初心) Duo zu erleben, heißt, Sunn O))) in der essentiellen Form zu erleben: Auf das Kern-Duo an zwei Gitarren reduziert, ohne Gastmusiker (oder Support Act) als ausschmückende Faktoren, zelebrieren The Lord und Soma so die pure, quasi unverfälschte Basis ihres Trademarksounds.
Das fokussiert nicht nur, sondern potenziert, lotet die Extreme maximal aus: Gefühlt waren Sunn O))) noch nie derart unfassbar laut, präsent und nahbar – respektive körperlich spürbar.

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Wo die Frequenzen der Band live stets für schlotternde Kleider und grummelnde Mägen sorgen, vibrieren die Körperteile diesmal sicht- und spürbar. Monströse Wellen aus dem runden Dutzend an Verstärkern auf der Bühne schicken immer wieder Schauer über den Körper, Gänsehaut stellt sich auf. Die Installationen der Band transzendieren Psyche und Physis gleichermaßen.
Selbst mit Gehörschutz ist das schwer auszuhalten und wird noch am nächsten Tag für Nachwehen sorgen. Nicht umsonst wandern einige Fans aus der ersten Reihe alsbald weiter zurück, halten Abstand in der luftig gefüllten Location. Tatsächlich erleidet eine junge Frau sogar einen Schwächeanfall, bricht zusammen und wird, nach einigen Momenten wieder zu Bewusstsein zurückfindend, von ihrer Begleitung aus der tonalen Gefahrenzone gebracht.

Aber das es kein leiser Abend werden würde, war eigentlich schon vorab klar. Denn selbst den Soundcheck hört man ab gut 16.00 Uhr zwei Etagen höher vor der List Halle.
Dort hat man sichnämlich  zu versammeln, wenn man sich die sogenannte VIP Soundcheck Experience gegönnt hat.
Was darunter zu verstehen ist: Etwas später als kommuniziert wird man um 17.20 Uhr von niemand geringeren als Pete Stahl himself in die Location geführt, wo Greg Anderson und Stephen O’Malley (der nach seinem Gastspiel mit Kali Malone im Dom ja heuer bereits zum zweiten Mal in Graz besucht) ohne Kutten zwar ein paar technische Details absprechen, dann aber eben weniger einen Soundcheck vor Beobachtern abhalten, als dass sie ein knapp halbstündiges Privatkonzert (samt vollwertigem Test der Lichtshow und plättenden Nebelwänden) für die knapp zehn (ausnahmslos männlichen und beinahe ausnahmslos dunkel gekleideten) Leute im Raum spielen.
Zugegeben: ein kostspieliger Spaß – aber das Fan-Herz geht einem bei dieser eigenen Erfahrung förmlich auf. Auch, weil man hier ausnahmsweise lachende Musiker dabei sehe kann, denen es einfach verdammt viel Spaß macht, im Umschichten von Zeitlupenriffs miteinander zu kommunizieren.
Das Ende der Audienz fällt dann allerdings in die Kategorie Akward: das Duo beendet seine Darbietung relativ abrupt und plötzlich herrscht Stille im Raum. Die Zuhörer wissen nicht, ob sie applaudieren sollen; und die Musiker nicht, was sie mit den Typen vor der Bühne anfangen sollen. Also bedanken sich die Amerikaner fürs Kommen und gehen dann etwas essen.

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Der regulär für 20.00 Uhr geplante Start verzögert sich dann zwar trotz der langen Vorlaufzeit aufgrund technischer Schwierigkeiten um ein paar Minuten. Andersons Scotch wartet da bereits im eigens mit Gafferband abgesteckten Bereich auf ihn, die Halle Detroit ist zumindest solide gefüllt. Das Intro – der Mitschnitt eines Prä-1987er Venom-Konzerts, aus dem die Songs entfernt und nur die Zwischenansagen zurückgeblieben sind – dehnt sich als herrlich skurriler Witz.
Doch als die weihrauchschwangere Bühne danach hinter einer Nebelbank versinkt und Lichtsäulen davor aufragen – ein ebenso spartanisches, wie Sunn O))) effektives und eindrucksvoll in Szene setzendes Setting – ist es vorbei mit dem Spaß.

Dann werden Schallwellen zu derart intensiver Dichte aufgestapelt, als würden Backsteine behutsam entschleunigt hernieder regnen. Die Menge folgt der Heavy Messe andächtig, bestaunt jede Geste, wie in Trance, gibt sich der nach rund einer Stunde aggressiver werdenden Härte hin.
Dass das Set – Candlegoat, Novae und das immer noch unveröffentlichte Butch’s Guns fließen mit weit ausholendem Abschied nahtlos ineinander über – am Abend, bevor sich das Duo via Eternity’s Pillars / Raise the Chalice & Reverential offiziell als Sub Pop-Band outet im Grunde ziemlich überraschungsarm auf gängige Standardvertreter der jüngeren Tour aufbietet, ist absolut kein Manko.
Das erkennt man alleine schon daran, dass der Applaus danach gefühlt gar nicht mehr aufhören will und eine euphorische Zufriedenheit in den Gesichtern jener Besucher stehen, die in dieser Form die vielleicht sogar mächtigste Inkarnation der Band aushalten durften.

Sunn O))) Setlist

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